Auf Maler Distelis Tod

[255] Sie haben Ruh, die Kutten braun und schwarz,

Die Fledermäuse, Raben-, Eulenköpfe,

Spießbürger alle, mit und ohne Zöpfe,

Und was da klebt im zähen Pech und Harz!
[255]

Er hat sie drangsaliert und ließ sie tanzen,

Die faulen Bäuche wie die krummen Rücken,

Die dicken Käfer und die dünnen Mücken,

Die Maulwurfsgrillen und die Flöh und Wanzen!


Schaut her, ihr draußen, denen im Genick

Der Adler und der Geier Fänge lasten,

Schaut dies Gewimmel ohne Ruh und Rasten,

Den Bodensatz in einer Republik!


Solch einen Sabbat wohlgemut zu schildern,

Braucht es fürwahr ein unerschrocknes Blut!

Nun warf er hin den Stift, nahm Stock und Hut,

Und fluchend steht das Volk vor seinen Bildern.


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 255-256.
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