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[224] Auf seinem Bette liegt Galet,

Weglachend seines Todes Weh.


Er schickt Panard den Morgengruß,

Sechs frische Lieder zum Genuß.


»Erst wollt ich reimen, liebes Kind!

So viele, als Apostel sind;


Doch hab ich's nur auf sechs gebracht,

Weil schon der Totengräber wacht,


Der Totengräber vor der Tür

Mit seinen Burschen lauscht herfür.
[224]

Der hackt, wie Blumen, kunterbunt

Die andern sechse in den Grund,


Daß zwischen Scholl und Totenbein

Sehn sie vergehn die Schwesterlein.


Doch die sind lieblich, meiner Treu!

Der letzte Reim ist süß und neu,


So voll und rein, wie Rhein und Wein –

Leb wohl! mich dünkt, nun muß es sein!«


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 224-225.
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