[251] Von der Palmenhöhe, dem Hain Siona's,
Kommen wir her, wir des Harfengesangs
Geweihte, dass Christen noch einst
Wir entflammen mit dem Feuer,
Das zu Gott steigt! Hier in dem Hain, wo Eichen
Schatten, erschallst schöner, Telyn, auch du,
Wenn Schöne des Herzens voran
Vor der Schönheit des Gesangs fleugt!
Mit Entzückung, wall' ich im Hain der Palmen,
Dichter, mit Lust, hier, wo Eich' und ihr Graun
Uns dämmert, das Vaterland euch,
Mich hinauf rief, ihm zu singen.
[252]
O bekränzet froh euch das Haupt, Thuiskons
Enkel! empfangt Braga's heiliges Laub!
Er bringt es den Hügel herab,
Wie es glanzvoll von dem Quell träuft!
Mit des Stolzes Tönen erschallt, (ihr wurdet,
Dichter, sein Stolz!) Braga's freudiges Lied!
Ihr tranket mit ihm aus dem Quell
Der Begeistrung, und der Weisheit;
Und ihr säumt noch? Singet ihm nach! Ihr siegtet
Über die Zeit! Deutschlands Fürsten ... Sie rief
Kein Stolz, euch zu leiten, herzu;
Und allein schwangt, was auch obstand,
Ihr mit edler Kühnheit euch auf! So werde
Euch denn allein auch unsterblicher Ruhm!
Der Name der Fürsten verweh,
Wie der Nachhall, wenn der Ruf schweigt.
Aus dem Hain Thuiskons entflieh kein sanftes
Silbergetön hin zum parischen Maal,
Das keiner besucht, und das bald,
In den Staub sinkt der Gebeine,
[253]
O wie festlich rauschet der Hain! Ich sehe
Fliegenden Tanz! Braga führt den Triumph!
Unsterblichkeit! rufet das Chor,
Und der Hain rufts in den Schatten!
Pyramiden sanken! der Wandrer findet
Trümmer nur noch! Lobschrift, welche die Burg
Des Fürsten nur kante, sie schläft
In dem Goldsaal, wie im Grabe!
Pyramiden, liegt ihr! und schlaf, des Schmeichlers
Werk, in des Saals Gruft, nicht weckbar! Uns macht
Unsterblich des Genius Flug,
Und die Kühnheit des Entschlusses,
Von des Lohns Verachtung entflamt! Einst kontet,
Fürsten, ihrs thun! Baut von Marmor euch jezt
Die Maale, vergessen zu ruhn!
Denn es schweigt euch in dem Haine.
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