Der 3. Absatz.

Vom Blitz und Donner.

[67] Das Hochgewitter / so im Blitz / Donner und Strahl bestehet / ist eine Betrohung des Himmels / ein Zorn der Wolcken / ein Zerrüttung des Luffts / und ein Schrecken der Menschen / von der Natur seynd diese drey Ding nehmlich der Blitz / Donner und Strahl so nah mit einander verbunden / daß sie öffters zugleich und in einem Augenblick in denen Wolcken auf folgende Weiß gezeuget werden.30 Wann die warme und truckene Dämpf durch die Krafft der Sonnen von der Erden biß in die anderte Region des Luffts erhoben worden / in den Wolcken eingeschlossen seynd /und aber durch die Bewegung / durch die Sonnen-Strahlen erhitzet und dünner worden und aus einander gehen (ja auch / indem sie schwefelächtig seynd / gar angezündet werden) also daß sie ein grösseres Orth zu haben verlangen / da schlagen und stossen sie hin und wider innerhalb der Wolcken an / und suchen einen Ausgang sich auszubreiten / oder brechen mit Gewalt aus /[67] und zersprengen gleichsam den Wolcken. Dieses Anschlagen oder Anstossen verursachet ein grosses Getöß und Brummlen / das ausbrechen aber einen starcken Knall / so wir den Donner oder das Donnern nennen.

Ferners eben diese angezündte und ausbrechende Dämpff machen ein gehling durchtringendes Feur in dem Lufft / welches / wann es in dem Lufft wiederum vergehet oder verschwindet / da wird es ein Blitz oder Wetterlaich genennet. Wann es aber mit grossem Gewalt und Schnelle biß auf die Erden herab schiesset /und was es antrifft zerschmetteret / zerschmeltzt oder verbrennt / da wird es ein Donner-Streich oder Donner-Strahl genennt.

Aus diesem erhellet der Irrwohn des gemeinen Volcks / welches vermeynt / der Strahl seye ein feuriger Pfeil oder ein Stein / der von denen Wolcken herab geschossen werde / es konnte ja ein solcher die subtileste Poros oder allerkleiniste Lufft-Löchlein /ohnverletzt des übrigen Cörpers nicht durchtringen /wie wir den Strahl es thun sehen / da er öffters zum Exempel das Silber oder Gold in einer wohl versperrten Küsten zerschmeltzet / oder den Wein in dem Faß verzehret / ohne alle Verletzung der Küsten oder des Fasses etc. doch ist es nicht ohne daß der feurige Strahl zum öfftern einen Stein (der aus dicken und groben Erd-Dämpffen / die in denen Wolcken zusammen gangen / und verhartet seynd / bestehet) mit sich führe / welches dann wohl ein Strahl-Stein oder Donner-Keul mag genennt werden.

Daß man aber den Blitz ehender sihet / als den Donner höret / kommt daher / weilen die Species oder Gestalten des Feurs oder eines andern sichtbarlichen Dings viel geschwinder von weitem durch den Lufft zu dem Gesicht / als die Species des Thons zu dem Gehör gelangen. Welches alles einiger massen kan erklärt werden durch die Losbrennung eines Geschützes / dann gleichwie das Schieß-Pulver in einem Stuck /wann es angezündt wird / sich auszubreiten oder zu erweitern suchet; weilen es aber innerhalb des Stucks solches nicht kan / so dringt es mit grossem Gewalt und starckem Knall zur fordern Oeffnung hinaus / und führet die Stuck-Kugel mit sich durch den Lufft: faß eben also / wann die hefftige und häuffige Dämpff in einer dicken Wolcken eingeschlossen / erhitzet oder entzündt werden / da begehren sie einen grössern Platz zu haben / und brechen mit Gewalt aus / verursachen ein grosses Getümmel / und führen offt einen Strahl-Stein mit sich.

Was aber die unterschiedliche Effect und Würckungen des Strahls oder Donner-Streichs anbelangt / so seynd derselben so viel und unterschiedliche / daß man leicht gantze Bücher darvon anfüllen konnte: und zwar so wunderbarliche / daß sie offt unglaublich zu seyn scheinen / wann nicht bey heisser Sommers-Zeit die tägliche Erfahrnuß selbe glaubwürdig ja unfehlbar und gewiß machte.

Im sittlichen Verstand kan der Blitz und Donner auf unterschiedliche Ding ausgedeutet werden.31 Erstlich zwar bedeutet er die Macht und den Zorn GOttes. Dann / gleichwie wann die Erd-Dämpff aufsteigen / und in denen Wolcken erhitzt werden / ein Wetter verursachen / welches der Erden mit Blitz und Donnern trohet / ja offt auch würcklich einschlaget /also wann die böse Dämpff der Sünd und Laster gegen den Himmel aufsteigen / da thut der Allmächtig und erzürnte GOtt denen sündigen Menschen mit schreckbaren Zeichen gewaltig trohen / ja zum öfftern mit der würcklichen Straff darein schlagen / einen heylsamen Schrecken ihnen einzujagen / u. zur Buß und Besserung zu vermögen / wie es dann gewiß ist /daß ein recht starckes und hefftiges Donner-Wetter auch die hertzhafftist- und verwegniste Menschen erschrecken mag. Auf dieses scheint abzuzihlen der Königliche Prophet David wann er sagt: Ab increpatione tua fugient, à voce tonitrui tui formidabunt.32 Von deinem Schelten fliehen sie / von der Stimm deines Donners werden sie sich entsetzen / indem nehmlich billicher massen[68] besorgen / es möchte sie GOtt mit gäher Straff überfallen. Nichtweniger thun auch die Gottseelige das Hochgewitter fürchten.33 Der Heil. Bischoff Ceadda aus dem Orden des Heil. Benedicti pflegte allzeit / wann es gedonnert und geblitzet / sich in die Kirchen zu begeben / und auf dem Angesicht ligend so lang in dem Gebett zu verharren /biß das Wetter nachgelassen hat. Als er aber von denen seinigen gefragt wurde / warum er das thue /gab er zur Antwortt: habt ihr nicht gelesen / was geschrieben stehet: Intonuit de Cœlo Dominus etc.34 Der HErr donnert vom Himmel / und der Höchste ließ seine Donner hören mit Hagel und feurigen Kohlen: Er schoß seine Pfeil und verderbet sie / er ließ sehr blizen und erschrecket sie. GOtt der Allmächtige sagte er / beweget die Lufft / er lasset die Sturm-Wind blasen / er lasset donnern und blitzen / bey denen Menschen ein heylsame Forcht zu erwecken / und des Jüngsten Gerichts ingedenck zu machen. Ein gewise andere auch gottseelige Persohn förchtete gleichfals das Hochgewitter überaus starck /sie ist auch würcklich vom Donner-Strahl erschlagen worden / aber bald darauf geoffenbaret / daß dieses ihr Fegfeuer gewesen seye / und sie alsdann sogleich in den Himmel aufgefahren / da indessen die böse Welt wohl hätte urtheilen mögen / es seye dieses wegen grossen heimlichen Lastern geschehen.35

Ferners gleichwie das Wetter zwar allzeit mit Blitz und Donner trohet / doch nicht allzeit einschlagt und schadet / sonder zu Zeiten nur die Erden verschüttet und auflucket / oder in einen fruchtbaren Regen sich ausgiesset / also der erzürnte GOtt zwar trohet / doch nicht allzeit den Strahl der würcklichen Straff ergehen laßt / sonder zum öfftern durch seine Schreck-Zeichen die sündige Hertzen beweget und erweichet / auch einen heylsamen Regen der Reumüthigen Buß-Zäher fliessen macht / fulgura in pluviam fecit,36 der die Blitz zu Regen macht / und eben darum kan das Hochgewitter auch mit der Reu und Buß verglichen werden / bevorab wann die menschliche Anmuthungen als sittliche Dämpff von der Liebe GOttes erhitzet werden / von dem Hertzen gewaltsam durch die Beicht ausbrechen / und einen starcken Schein der Buß und Tugend-Wercken von sich geben: nach der Ermahnung des Evangelistens: Sic luceat lux vestra etc.37 also solle scheinen euer Liecht vor denen Menschen / das sie sehen eure gute Werck.38

Der Donner-Strahl vertreibt und verzehret das Gifft eines gifftigen Thiers / das von demselben getroffen wird / hingegen thut ein hefftiger Donner-Klapff die Geburth der forchtsamen Schachteln oder Hirsch-Kühe beschleunigen / und verursachet / daß sie bälder gebähren / als sonsten geschehen wäre. Eben also das sittliche Donner-Wetter / das ist / die Göttliche Straff und Betrohung vertreibt das Gifft der Sünden in dem menschlichen Hertzen / das sie berührt oder schlaget: und hingegen macht es / daß der Mensch aus einer heylsamen Forcht die gute Werck und Vorsätz / so er empfangen hat / bälder gebähren und herfür bringen thut / als sonsten geschehen wäre / wann er nicht also wäre erschreckt und zerknirscht worden. Die Men schen / so von dem Donner verschlagen / verfaulen nicht / wie Plutarchus anmercket; weilen der Fäulung nichts mehrers widerstehet als das Feur / indem es alle Feuchtigkeit / von welcher die Fäulung herkommt / verzehret.39 Auch die wahre Reu und Buß lasset den Menschen durch die Trägheit nicht verfaulen /und verzehrt in ihme die Feuchtigkeit der bösen Gelüsten etc. Endlichen gleichwie der Donner öffters in die hohe und harte Ding schlaget / als in die nidere und weiche / also auch der sittliche Donner des Göttlichen Zorns trifft öffters die Hochgetragene und Hartnäckige / als die Niderträchtige und Weichmüthige. DEus superbis resistit, humilibus autem dat gratiam.40 GOtt widerstehet den Hoffärtigen / denen Demüthigen aber gibt er Gnad. Im Gegentheil der heylsame Donner der Reu und Buß trifft öffters[69] die niedrige und weiche / als die hochmüthige und harte Hertzen.

Noch ferners kan auch ein Prediger mit dem Donnerwetter verglichen werden: dann er solle auch zu Zeiten / wann es vonnöthen ist / auf der Cantzel blitzen und donneren / (doch niemahl einschlagen / das ist / niemand durch Unbescheidenheit schaden oder verletzen) mit Trohungen und Straff-Worten wider die Sünd und Laster / wider die hartnäckige und offentliche Aergernussen etc. wie es viel heilige Bischöff und eyfrige Prälaten mit unerschrockenem Muth gemacht haben / indeme sie dißfalls auch Fürsten und Königen nicht verschont haben / noch durch ihre Macht und hohes Ansehen sich von ihrer Schuldigkeit haben abhalten lassen.41

Ja auch die zweyfache Ankunfft Christi auf diese Welt ist einiger massen dem Donnerwetter gleich: Dann gleichwie der Donner zu Zeiten gelind und glimpfig ist / von einem fruchtbaren Regen begleitet /und alsdann ist er weder schädlich noch erschrecklich: zu Zeiten aber hefftig und starck mit Feur vermenget /und alsdann ist er schädlich und grausam / er verheert und verderbt alles / was er antrifft / nichts kan seinem Gewalt widerstehen.42 Eben also ist die erste Ankunfft Christi auf diese Welt in seiner Geburt gantz sanfft und gelind gewesen / gantz trostreich und erfreulich / mit einem fruchtbaren Regen der himmlischen Gaaben und Gnaden / die Erden / oder vielmehr die Hertzen der Menschen anfeuchtend und erquickend / wie auch die Hitz der Göttlichen Gerechtigkeit mäßigend.

Aber sein anderte Ankunfft an jenem allgemeinen strengen Gerichts-Tag wird seyn ein Donnerwetter mit Feur vermengt / und ohne Regen / das ist / ohne Gnad und Trost / für die Sünder ein strenge Gerechtigkeit /wie der Prophet Isaias hat weiß gesagt. Quia ecce Dominus in igne veniet & quasi turbo quadrigæ ejus etc.43 Der HErr wird mit Feur kommen / und seine Wägen wie ein Wetter / damit er seinen Zorn mit Grimmen vergelte / und sein Bescheltung mit Feuer-Flammen. Das erstemahl ist er ankommen als ein sanfftmüthiges Lämmlein / aber das anderte mahl wird er kommen als wie ein grimmiger Löw. Leo rugiet, quis non pavebit?44 Dieser Löw wird brüllen oder donnern / wer soll ihn nicht förchten? Ja auch die Kräfften des Himmels werden sich bewegen.45 Der allerschrecklichste Donner-Streich aber dieses grausamen Wetters wird seyn das unwiderrufliche End-Urtheil wider die Gottlose: Ite maledicti in ignem æternum.46 Gehet hin ihr Vermaledeyte in das ewige Feur.

Endlichen kan auch noch gar füglich der Donner und Blitz mit dem Laster des Fluchens und Schwörens / oder Schelten und Lästerens verglichen werden: als welches gemeiniglich herkommt von denen aufsteigenden Dämpfen des Hochmuths und Zornmuths /des Geld- und Ehr-Geitzes / welche in denen Hertzen / die in der Liebe GOttes und des Nächsten gantz erkaltet seynd / sich auszubreiten suchen / und mit Gewalt ausbrechend / einen grossen Tumult und Unruhe verursachen / donneren und blitzen / gleichsam Feur und Gifft wider GOTT / und die Menschen ausspeyen: ja öffters auch würcklich einschlagen / und wo nicht mit dem Donner-Keul der Waffen und der Händen / doch mit dem Keul des bösen Laster-Mauls /und der Zungen / bald diesen und bald jenen Neben-Menschen schmertzlich treffen / und schwerlich verwunden / ja auch öffters durch ihr Fluchen und böses wünschen den Tod und Teufel / den Hagel und Donner-Strahl / ihnen selbst oder anderen zur billichen Straff über den Halß / über Hauß und Hof / über ihre Felder / Wem-Reben und Aecker / sowohl mit grosser Verantwortung / als grossem Schaden ziehen.47

Ein grosses Elend ist es / ein grosser Schrecken und Schaden / wann der Donner oder Hagel einschlagt: deßwegen macht man billich das Heil. Creutz darwider / man seegnet sich darwieder / man läuthet alle Glocken[70] darwider / und dannoch ist es ein so grosse Thorheit / als höchst-sträffliche Gewohnheit / daß man so manchesmahl aufschreyet / daß der Donner und Hagel verschlag / schlag mich der Donner etc.48 Ja nicht nur dem Donner und Hagel von dem Himmel herab / sondern auch dem Teufel aus der Höllen herauf ruffen so manchesmahl / die dem verfluchten Laster des Fluchens ergebene tollsinnige Schwermer: dann was ist öffters zu hören als Fluchen und Schwören / bey Edel- und Baurs-Leuthen / bey Kauffleuthen u. Kriegsleuthen / bey Eheleuthen und Fuhrleuthen /bey Handwercksleuthen Bettelleuthen / bey jungen und alten Leuthen heißt es gar offt / holl mich der Teufel / oder des Teufels bin ich / wann es nicht so und so ist / wann ich nicht das und das thue etc. Ein Wunder-Ding ein unbegreiffliche Thor- und Vermessenheit ist es / diesen Höllen-Hund selbsten herlocken / welcher doch / wann es GOtt zuliesse (und wer weiß / ob er es nicht zulasse) für sich selbsten so gern käme / und so geschwind als wie der Wind / in aller Eyl als wie ein Pfeil zu beissen und zu verreissen / als welcher ja kein grössere Freud hat (wann er immer eine haben kan) als dem Menschen ein Leyd zuzufügen /ein anderes Glück / als den Menschen in Unglück zu bringen / und kein andere Seeligkeit / als den Menschen der Seeligkeit zu berauben. Dem Teufel rufft ein mancher / da doch / wann er käme / kein Mensch auf der gantzen Welt so viel Hertz im Leib hätte /ihne nur einen Augenblick anzuschauen. Ja die Heil. Catharina Senensis bezeugte / sie wollte lieber lange Zeit in einem feurigen Ofen brennen / als nur einen Augenblick den Teufel ansehen: ja auch Christus selbst hat der Heil. Brigitæ geoffenbaret / daß wann sie die höllische Larven müste anschauen / so wurde sie nicht ohne grossen Schmertzen leben / oder gar des gähen Tods sterben.


Martinus Delrio in disquis. Mag. schreibt / daß einstens drey verwegene Studenten / zu Pariß von ihrem Spiritu familiari, oder heimischen Teufel der ihnen in menschlicher Gestalt gedienet hat / begehrten / er soll sich ihnen einmahl in seiner eignen teuflischen Gestalt zeigen: Er aber weigerte sich solches zu thun / mit Vermelden sie wurden sein abscheuliche Heßlichkeit nicht können ausstehen.49 Sie aber aus Fürwitz wollten nicht aussetzen mit ihrem Begehren /biß daß er sich vor ihren Augen in so erschrecklich und grausamer Gestalt hat sehen lassen / daß einer von ihnen urplötzlich tod darnider gefallen / der andere aber vor Schrecken zum Fenster hinaus gesprungen ist / und den Halß gebrochen hat / der dritte endlich kame zwar mit dem Leben davon / ist aber vor lauter Forcht Eißgrau worden / zitterte immerdar am gantzen Leib / und begabe sich in den Orden des Heil. Francisci Buß zu würcken / darinn er auch bald gestorben ist.

Wie schädlich und gefährlich aber es sey ihm selbst oder andern den Teufel anwünschen / erhellet aus folgenden Begebenheiten: Es begabe sich in dem Jahr 1614. in der Stadt Barri / daß etliche Cammeraden mit Würffeln spieleten / und als einer von ihnen alles verspielt hatte / stihlet er heimlich dem anderen einen Gold-Gulden hinweg / und als der andere ihn des Diebstahls bezüchtigte / hat er es durchaus gelaugnet / und sich selbsten verflucht / es soll ihm der Teufel den Kragen umreiben / wann er es gethan habe: und sihe / augenblicklich fallt er zu Boden / und wird ihme unsichbarlicher Weiß der Halß umgerieben /also daß das Gesicht hinder sich auf dem Rucken stunde / er lage als todt eine Zeit lang abscheulich vergstaltet auf der Erden da: als er aber wider zu sich selber kommen / da bekennte er / daß ihn der Teufel gleich nach gethanem Fluch in Gestalt eines grossen Hunds habe angefallen / und ihm den Halß umgeriben.50 Er gabe darauf das gestohlene Geld / so er in einem Schuh verborgen hat / wiederum zuruck / und hinterliesse allen freventlichen Fluchern ein ernstliche Warnung und schreckbares Beyspiel.[71]

Ein anderer freventlicher Flucher sagte: es soll ihne der Teufel hohlen / wann er mehr in seiner Schwester Hauß gehe: aber über ein Zeit lang achtete er seinen Fluch nicht mehr / gehet widerum hin / und wird von dem bösen Feind zerrissen.

Wiederum ein anderer räuschiger Naß-Kittel / weilen der Knecht nicht gleich da ware / ruffet dem Teufel / er solle kommen / und ihme die Stifel ausziehen /er kommt wahrhafftig alsbald / reisset ihme aber samt dem Stifel auch den Fuß vom Leib hinweg. Noch ein anderer voller Zapf rufft dem Teufel im gähen Zorn /er soll ihne holen / dieser stellt sich gehorsam ein in erschrecklicher Gestalt / und fragt / was er verlange? der Flucher erschrickt von Hertzen / und protestirt es seye ihme nicht Ernst gewesen / er habe ihn nicht gemeynt: aber mir ist es Ernst / sagte der Teufel / aber ich meyne dich: er nimmt ihn bey der Gurgel und trucket ihme den Halß ein. Zeilerus in Hist. Trag. Nun lasse sich mehr einer gelusten / und sage: Holl mich der Teufel / oder deß Teufels bin ich (deme wir doch alle in dem Heil. Tauff so ernstlich abgeschworen haben) aber Christus der in dem Heil. Evangelio zu denen Pharisäern gesagt hat: Gebt dem Kayser was des Kaysers ist / und GOTT was GOttes ist / wird wohl auch einstens zur Zeit des Gerichts sagen: Gebt dem Teufel was (wie der Flucher sagt) des Teufels ist.51

Eben so übel und sträfflich thun diejenige / welche ihren Neben-Menschen / das so edle Ebenbild GOttes dem hällischen Fuhrmann wegzuführen übergeben und anbefehlen: und dannoch höret man so manchesmahl nicht nur einen Feind über den andern / sondern auch die Ehe-Leuth über einander / auch die Eltern über die Kinder fluchen und sagen: daß dich der Teufel holl / daß dirs der Teufel geseng etc. (des Donner und Hagels / der Pestilentz und des Tods / ja auch des Sacramentieren und GOttlästerens kürtze halber zu geschweigen) O was für greuliche Wetter und Unglück haben schon manches mahl solche donnerende Mäuler und blitzende Zungen ihnen selbst und anderen über den Halß gezogen! Ein gewise Mutter verfluchte ihr kleines schreyendes Kind: Schweige still /sagte sie: daß dir der Teufel das Maul verstopff: ja es hat alsobald geschwigen / ist aber auch sein Lebtag stumm verblieben. Cæs. l. 5. c. 26. Ein Vatter verfluchte sein fünff jähriges Töchterlein / als es schleckerhafftig von einer Milch trancke: Ey so sauff daß du den Teufel hinein sauffest / sagt er: es ist auch geschehen / das Kind wurde von Stund an besessen / und biß in das hohe Alter vom bösen Feind geplagt.

Aber noch ärger hat das Donnerwetter / oder der Fluch jenes Vatters ausgeschlagen / (wann er doch ein Vatter und nicht vielmehr ein Mörder zu nennen ist) von welchem Zeilerus in theat. Trag. folgendes erzehlet: Zu Bacherach einer Stadt am Rhein gelegen /begab es sich im Jahr 1595. daß ein groß schwangeres Weib zu ihrem groben und räuschigen Mann ins Wirthshauß kame / und ihne schönstens bate / er sollte doch des Sauffens ein End machen / und mit ihr nacher Hauß gehen.52 Wie was schrie der Limmel /du lose Vettel / was hast du mir einzureden / scherr dich fort samt dem lebendigen Teufel den du in dem Bauch tragest / oder ich schlage dich samt ihm zu tod. Das betrübte Weib gienge gleichwohl weinend und klagend nacher Hauß / und die Stund ihrer Niderkunfft kame herbey / sie gebahre / aber was? keine Menschliche Frucht / sonder ein Monstrum ein abscheuliches Abentheur / welches zwar mit dem oberen Theil einem Menschen / mit dem untern Theil aber einer Schlangen gleich sahe / dessen Schweif drey Ehlen lang ware. Das Geschrey von dieser Mißgeburt kame in das Wirthshauß dem Mann zu Ohren / dieser laufft alsbald gantz furios nacher Hauß um zusehen /was geschehen sey: und aber sobald er in das Zimmer kame / wo die Mutter samt der unglückseeligen Leibs-Frucht lage / und nach seiner Gewohnheit zu[72] donnern und zu poldern anfangen wolte / da sprang das ungeheure Monstrum auf ihne zu / fiel ihn mit Gewalt an / und wickelte seinen langen Schweiff ihme also um den Halß / daß es ihne auf der Stell vertroßlet hat / und er gantz erschwartzet / nidergefallen ist /und den Geist aufgeben hat. Nun aber


Felix quem faciunt aliena pericula cautum:


Glückseelig ist den fremde G'fahr

Beweget / daß er sich bewahr.


Prohibe linguam tuam à malo.53 So haltet doch inn eure Laster-Mäuler und gifftige Zungen / stehet doch ab von dem Fluchen und Schwören / auf daß ihr nicht durch solches Donnerwetter nach zeitlichem Unglück auch den ewigen Schaden euch selber über den Halß ziehet.

Fußnoten

1 Wo das Thau herkomme / und was für Würckung es habe.


2 Das Morgen-Thau wird mit der Gnad GOttes verglichen.


3 Jacobi c. 1. v. 17.


4 1. Petri c. 5. v. 5.


5 Würckung oder Früchten der Gnad GOttes.


6 Isaiæ c. 45. v. 8.


7 Gen. c. 27. v. 8.


8 Der Reiffen ist schädlich und gleich der eitlen Ehr.


9 Woher der Nebel komme?


10 Die eigne Lieb ist gleich einem Nebel.


11 Vielfältiger Schaden der eignen Lieb.

Sap. c. 5. v. 6.


12 Lib. Confess.


13 Von der eignen Lieb entspringt alles Ubel.


14 Joan. c. 12. v. 25.


15 Exodi c. 9. v. 18.


16 Nicephorus lib. 13. c. 36.


17 Albertus Krantzius I. 9. Vandal. c. 32.


18 Zanck und Hader wird mit dem Hagel verglichen.

Sap. c. 5. v. 23.


19 Lib. 5. Polit.


20 Lib. de Moribus.


21 Zanck und Hader ist ein so gemeines als schädliches Laster.


22 Lib. 3. Reg. c. 6.


23 Gen. c. 32.


24 Exodi c. 5.


25 Der Teufel stifftet Zanck und Hader an.


26 Prov. c. 15. v. 1.


27 Ibidem c. 18. v. 6.


28 Mit Zancken gewinnt man nichts.


29 Eccles. c. 6. v. 5.


30 Donnerwetter wo es herkomme.


31 Die Macht und der Zorn GOttes wird mit dem Hochgewitter verglichen.


32 Psal. 103. v. 7.


33 Auch heilige Männer förchten das Hochgewitter.


34 Psal. 17. v. 14.


35 Bucolin. in Menol. 2. Martii.


36 Psal. 134. v. 7.


37 Matth. c. 5. v. 15.


38 Reu und Buß gleichet einem Donnerwetter.


39 Lib. 4. Sympos. q. 2.


40 1. Petri c. 5. v. 5.


41 Wie ein Prediger auf der Cantzel donnern soll.


42 Zweyfache Ankunfft Christi auf diese Welt gleichet einem Donnerwetter.


43 Isaiæ c. 64. v. 15.


44 Amos c. 3. v. 8.


45 Luc. c. 21. v. 26.


46 Math. c. 25. v. 34.


47 Fluchen und Schwören ist gleich einem Donnerwetter.


48 Fluchen und Schelten ist nicht nur höchst gefährlich und schädlich sonder auch unsinnig.


49 Abscheulichkeit und Grausamkeit des Teufels.


50 Wird mit Exemplen bewiesen durch Bestraffung der Flucher.


51 Marci c. 12. v. 17.


52 Ein grausamer Fluch gehet an. Historia.


53 Psal. 33. v. 14.


Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738.
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