Der 1. Absatz

Der 1. Absatz.

Von dem Gesicht oder den Augen.

[165] Der äusserlichen Sinn seynd ungezweiflet 5. nemlich Visus, Auditus, Odoratus, Gustus & Tactus. Das Gesicht / das Gehör / der Geruch / der Geschmack / und das Fühlen oder Anrühren. Die organa oder instrumenten / durch welche man siehet / höret / schmecket / kostet und fühlet / seynd die Augen / die Ohren / die Nasen / die Zung / und die Nerven im Fleisch.2

Der erste und edleste / ja auch der nothwendigste aus denen 5. Sinnen ist das Gesicht / oder das Aug (nach[165] gemeiner Redens-Art werden sie für eins genommen / gleichwie auch das Ohr und das Gehör etc. obwohlen das Aug eigentlich nicht der sensus oder Sinn selbsten / sondern das organum sensus ist) dann mit offenen Augen siehet man / mit beschlossenen aber nicht. Das Amt der Augen ist die Farben etc. der cörperlichen Dingen zu entscheiden / und sehen / ob etwas weiß oder schwartz / blau / roth oder grün /auch rund oder viereckig seye. Also daß das Objectum der eigenthumliche Gegensatz die Farben seynd /welche vermittelst des Liechts sichtbar werden.

Das Aug aber ist ein kleines rundes Corpus (doch nicht gar Circkel- sondern Oval rund) es ist ein absonderliches Kunst-Stuck von GOtt und der Natur verfertiget / und bestehet in 3. Feuchtigkeiten / 5. Häutlein / 7. Mäußlein / und 2. Nerven. Die erste humor crystallinus oder Crystalline Feuchtigkeit genannt / ist hell und durchscheinend / doch nicht gar so hart als wie Crystall: und dise ist der Mittel-Punct des Augs / wird pupilla oculi der Aug-Apfel oder Aug-Stern genennt. Vornenher ist die wässerige Feuchtigkeit / dünn und rein als wie das Weisse im Ey. Hintenher aber die gläserne Feuchtigkeit. Diese 3. Feuchtigkeiten werden umgeben / und von einander abgesöndert von denen 5. Häutlein: das erste Häutlein tunica specularis ist hell und glantzend wie ein Spiegel: das 2te heißt reticularis das Netz-Häutlein / ist aus vilen Aederlein gleichsam gestrickt. Das 3te Uvea das Trauben-Häutlein / und von dessen unterschiedlichen Farben seynd die Augen der Menschen unterschiedlich / deß einen schwartz / deß andern grau etc. Dieses Häutlein hat ein rundes Loch (in mehristen Thieren ein langlechtes) durch welches die species oder Gestalten von dem / was man siehet / dem Aug zukommen. Ferners / das gantze Aug wird umgeben von dem 4ten Häutlein / cornea genannt / welches hart ist / wie ein dünn geschnittenes Horn / dem Augapfel zum Schirm gegeben / doch durchscheinend. Das 5te endlich ist adnata, weiß / fett / und dick / wir nennens das Weiß im Aug / damit es aber das Sehen nicht verhindere / überzieht es nicht das gantze Aug /sondern lasset in der Mitte eine Oeffnung / durch welche der Aug-Apfel / und ein Theil vom Trauben Häutlein gesehen wird.

Die 7. Mäußlein aber verursachen / daß wir die Augen können übersich / untersich / und äuf die Seiten wenden / oder auch stets halten. Die 2. Nerven endlichen gehen creutzweiß von dem Hirn biß in die Augen herab / die Communication zwischen dem Hirn / denen Augen / und dem allgemeinen Sinn zu unterhalten. Aus disem allem folget / daß das würckliche Sehen oder Anschauen in dem bestehe / daß die so genannte species visibiles oder Gestalten / welche von einem sichtbarlichen Ding / welches von dem Aug entfernet ist / ausgehen oder ausfliessen / und durch den Lufft / oder auch durch ein Glaß biß zu dem Aug-Apfel gelangen / und mit demselben vereiniget werden.

Durch die 2. leibliche Augen können erstlich sittlicher Weiß die 2. geistliche Augen der Seel verstanden werden / nemlich der Glaub und die Vernunfft / jener zwar durch das rechte / und diese durch das lincke: mit der Vernunfft siehet man die natürliche Ding /und durch den Glauben die übernatürliche.3 Gleichwie nun die leibliche Augen alsdann just und gut seynd / wann sie das Liecht leiden und alle Ding wohl entscheiden können / also auch die Augen der Seel seynd alsdann gut und wohl beschaffen / wann sie sich dem Liecht der Wahrheit gern eröffnen / von Irrthum befreyt seynd / und alles / was ihnen von GOtt zu glauben / vorgehalten wird / als warhafft / ungezweiffelt und ohne Ausnahm ansehen.

Die Augen seynd sehr nutzlich zu vilen Dingen /wann mans wohl anwendet / gar schädlich aber /wann mans mißbraucht: eben also der Glauben /wann er rein ist / und die gesunde Vernunfft ist das gröste Gut / das edliste Kleinod des Menschen:[166] aber wann jener verfälscht / und diese verkehrt ist / O da ist ein lautere grausame Verwirrung und ein verderbliches Weesen bey dem Menschen: dann gleichwie man mit denen leiblichen Augen die äusserlich und leibliche Ding siehet / also siehet oder erkennt man mit dem Verstand die innerliche verborgne Wahrheiten: folgends / gleichwie ein trübes oder beschädigtes Aug die Sachen unrecht vorstellet / und den Menschen betrügt / also wann der Glaub von Irrthum verfälschet /der Verstand von bösen Begierden oder unordentlichen Anmuthungen verfinstert und verwirret ist / da siehet er gantz übel und unrecht / er siehet das Schwartze für weiß / und das Böse für Gutes an.4

Was die Sonn in der Welt ist / das ist der Glaub und die Vernunfft in dem Menschen. Wann die Sonn verfinstert ist / oder untergehet / da hat es in der Welt ein erbärmliches Aussehen / es ist ein betrübter Zustand: und wann die Vernunfft verfinstert ist / oder das Liecht des Glaubens ausgelöscht / da ist in dem Menschen ein lautere Verwirrung und verderbliches Weesen.

Im alten Testament ware hochverbotten / ein Thier das blind ware / zum Schlacht-Opffer zu gebrauchen: Es wurde auch keiner zu dem Priesterthum / der ein Fehl in denen Augen hatte / oder schelch ware / gelassen.5 Eben also ist niemand würdig und fähig GOtt ein angenemmes Opffer abzugeben / oder zum Dienst GOttes und der Kirchen applicirt zu werden / wer nicht gute gesunde Seelen-Augen hat: das ist / einen rechten wahren Glauben / und ein gesunde Vernunfft.

Aus disem allem erscheinet klar / was für ein edles und fürtreffliches Ding es um ein Aug seye.6 In dem Lust-Garten des Königs zu Marocco in Mohrenland sollen wohl 15000. Pomerantzen und Lemonien-Bäum zu sehen / und eben so viel Dattel- und Oel-Bäum gepflantzet seyn: aber gewißlich unter disen allen ist kein so edle und kostbare Frucht / als wie der Augapfel des Menschen / oder der klein Stern in Augen ist. Est pars corporis pretiosissima, & lucis usu vitam distinguit à morte sagt Plinius lib. 11. c. 37. Das Aug ist der kostbarste Theil des Leibs /welcher durch den Gebrauch des Liechts das Leben von dem Todt unterscheidet. Der Heil. Chrysologus serm. 139. sagt: Est animæ fenestra, speculum mentis, lumen corporis, membrorum Dux. Das Aug ist ein Fenster der Seel / ein Spiegel des Gemüths / ein Liecht des Leibs / und ein Führer der Glieder. Billich derowegen wird der Aug-Apfel aufs zärtist geliebt und fleißigst bewahrt / sein Verletzung oder Verlurst aber hoch und schmertzlich bedaurt.

Wegen so grosser Fürtrefflichkeit bedeuten die Augen die Weißheit / und zwar die Göttliche Weißheit und Allwissenheit / von diesen Augen stehet geschrieben: Oculi Domini multò plus lucidiores sunt super solem.7 Die Augen des HErrn seynd viel heller dann die Sonn / sie sehen auf alle Weeg der Menschen / ja auch in die Tieffe des Meers / in die Hertzen und alle verborgne Ort.8 Ja eben dieses ist die eigenthumliche Würckung der Göttlichen Weißheit und Allwissenheit / Krafft welcher er nicht nur die Hertzen und Nieren durchforschet / sondern auch den Verstand der Engel und Menschen erleuchtet /und alles so wohl in dem Himmel als auf Erden vorsichtigst anordnet: gar nichts ist vor diesen seinen Augen verborgen.

Suetonius schreibet von dem Cæsare Augusto, daß er sehr hell glantzende Augen gehabt habe / mit welchen er die anschauende nach Belieben erfreuen oder erschröcken kundte: denen er günstig ware / die wurden von seinem Augenblick getröst / denen aber /über welche er zürnte / wurde ein Furcht und Schröcken eingejagt / und also waren sie zugleich fulgur & fulgor, bald ein Trost und Glantz / bald ein Blitz und Schröcken der Gemüther.9 Eben also seynd die Augen GOttes beschaffen; indem GOtt die Menschen nach Beschaffenheit ihrer Verdiensten ansiehet / bald mit den Augen der Barmhertzigkeit[167] / und der Belohnung: bald mit den Augen der Straff / und Gerechtigkeit: Fulgor, & fulgur, Blitz und Glantz / Trost und Schröcken. Mit den Augen der Barmhertzigkeit zur Belohnung / sieht er an die Gerechte / und die bußfertige Sünder / mit den Augen der Gerechtigkeit aber die Gottlose und Unbußfertige. Von jenen sagt der Psalmist: Ecce oculi Domini super timentes eum, & in eis qui sperant super misericordia ejus.10 Deß Herrn Augen stehen offen über die / so ihn förchten / und die / so auf sein Barmhertzigkeit hoffen: daß er ihr Seel erlöß von dem Todt / und ernähr in dem Hunger. Von diesen aber stehet geschrieben: Nemmet wahr / die Augen GOttes des HErrn stehen über das sündig Königreich / welches ich von dem Erdboden vertilgen will.11

Von dem Adler bezeugen die naturalisten / daß er so klare und scharpffe Augen habe / daß er auch die kleine im Meer schwimmende Fischlein von der Höhe des Luffts herab sehe. Aber noch weit schärpffer und durchtringender seynd die Augen der Göttlichen Allwissenheit / mit welchen er auch die geheimste Werck und innerste Gedancken / der in dem grossen Welt-Meer herumschwaiffenden Menschen / von dem hohen Himmel herab klärlich siehet. Viæ illorum non sunt absconsæ ab oculis ipsius. Ihre Weeg / das ist / ihr Thun und Lassen seynd allzeit vor ihm / und mögen seinen Augen nicht verborgen seyn. Oculi ejus sine intermissione inspicientes in viis eorum.12 Seine Augen sehen stets auf ihre Weeg.

Weilen dann GOtt allzeit auf uns siehet / so ist es höchst billich und nothwendig / daß auch wir hingegen allzeit auf ihne / das ist / auf sein heiligste Gegenwart und Willen sehen / und uns hüten etwas / was seinen reinisten Augen mißfallt / zu thun.13 Ein unbeschreibliche Krafft hat das eintzige Deus videt, GOtt siehet es. Die 2. eintzige Wörtlein haben schon unzahlbar viel Gutes gestifft / und Böses verhindert. Gar wohl hat dises erkennt der Heil. Bernardus /indem er von ihm selbsten geschrieben hat / daß wann er die Augen oder Gegenwart seines GOttes und HErrns betrachte / und in seiner Seel empfinde / da ermuntere sich sein schläffriger Geist / es bewege und erweiche sein eisenes und steines Hertz: es werff sein Geist und Gemüth alles von sich / was bös oder sündhafft und unrein ist / hingegen thue er einpflantzen und aufbauen / was gut und tugendlich ist. Ferners sagte er / es werden seine Finsternussen dardurch er leuchtet / seine Trückne und Dürre dardurch benetzt /und was zergangen und verderbt war / das werde reparirt und ergäntzet / sein beschwerliche Kümmernuß werde süß und liecht: endlich die Seel / und alles /was in ihm seye / lobe und benedeye den Namen des HErrn. Wohl ein wundersame Krafft und Würckung der Göttlichen Augen oder Allwissenheit und Gegenwart! diese Krafft hat auch unter tausend anderen erfahren jene beschreyte Sünderin Thais mit Nahmen /welche durch des Heil. Ephrems Erinnerung und des allsehenden Aug GOttes bewegt worden von ihrem sündigen Leben abzustehen / die Welt zu verlassen /keusch zu leben / und in strenger Buß biß ans End zu verharren. Auch der Heil. Augustinus spricht zu GOtt: wann ich O HErr mit Fleiß betrachte / daß deine Augen mich allzeit sehen / daß du bey Tag und bey Nacht mich dermassen fleißig beschauest und bewachest / als hättest du kein andere Creatur weder im Himmel noch auf Erden / als eben mich / zu regieren: wann ich gedencke / daß alle meine heimliche und offentliche Werck und Gedancken deinen Göttlichen Augen offenbar und bekannt seynd / alsdann wird ich mit Forcht umgeben / und aller schamroth. Es bezeuget diser Heil. Vatter weiters von sich selbsten / daß wann er zu Anfang seiner Bekehrung ein geistliche und vollkommne Person anschaute / da wurd sein Hertz also dardurch bewegt / daß sein Seel mit An dacht / die Augen aber mit Zäher erfüllt wurden.[168]

Wann nun der blosse Anblick eines Gottseeligen Menschen so viel Vermögen hat / wie vielmehr solle vermögen das Anschauen des uns allzeit sehenden GOttes selber? Die Königin von Saba schätzte nicht unbillich für glückseelig die Bediente des Königs Salomon / welche allzeit vor seinem Angesicht zu stehen / und seine Weißheit anzuhören die Ehre hatten. Aber viel glückseeliger werden wir seyn / wann wir allzeit in conspectu Domini in den Augen GOttes wandlen /auf ihn sehen und ihne anhören. Wann ein Soldat in Gegenwart und Zuschauen seines Obristen alle Kräfften anwendet / ritterlich zu fechten / sollen wir ja auch in Beyseyn des höchsten Königs / wider die Feind unser Seelen getreu und tapffer kämpfen. Verus īsraëlita est, sagt der H. Ambrosius, qui Deum videt & novit se à Deo videri. Der ist ein wahrer Israelit / der GOtt allzeit siehet / und gedenckt / daß er allzeit von ihm gesehen werde: dann in einem solchen wird kein Betrug und kein Sünd gefunden / weilen er alles aus kindlicher Forcht und Liebe thut.

Von einem gewissen Barbirer wird erzehlet / daß er die Tugend und gute Gewohnheit gehabt / alle Arme /wann sie schon gantz häßlich aussahen um GOttes Willen ohne Bezahlung zu balbiren / zu scheeren und säuberen.14 Weilen aber er auch selbsten zimmlich arm ware / hat er einsmahls ein zwar nicht gar grossen heimlichen Diebstahl begangen. Aber GOtt wolte ihn nicht in der Sünd stecken und verderben lassen / sondern wider zur Buß und zurecht zu bringen: es erschiene ihme derowegen Christus in sichtbarlicher aber unbekannter Gestalt / eines schäbigen und abscheulich aussehenden Bettlers / und bate um Christi Lieb willen ihne zu scheeren. Der Barbirer ware willig und bereit es zu thun / als er aber die Sach angreiffen wolte / sahe er mit grosser Verwunderung /daß der Bettler den Kopff oben her voll der Augen hatte: Er fragt / was doch dises Wunder-Ding bedeute? Der vermeinte Bettler gabe zur Antwort: Er seye derjenige / welcher überall und alles sehe / auch seinen jüngstens heimlich begangnen Diebstahl gar wohl gesehen habe. Auf welche Erinnerung der Barbirer in sich selber gangen / daß entfrembte widerum heimgestelt / und seinen Fehler bereuet hat.

Noch kräfftiger hat Christus mit denen Augen seiner Barmhertzigkeit Petrum und Andream / Jacobum und Joannem angesehen / und zu seiner Nachfolg an sich gezogen: ja noch kräfftiger Matthäum bey seinem Zollbanck / Zachäum auf dem Feigenbaum. Nicht weniger durch einen eintzigen Anblick hat er Petrum in dem Vorhof Caiphä zur Reu und Buß gebracht. Da es überall nur geheissen / vidit, videns, respexit. Es hat nicht mehr als einen Augenwincker gebraucht / die Hertzen der Menschen zu gewinnen und zu erweichen / welches viel HH. des Alten und Neuen Testament gar wohl erkennt / haben auch deßwegen so offt und inniglich gebetten und zu GOtt geruffen: Respice in nos, aspice in nos, siehe uns an / schaue auf uns / O HErr etc. dann sie glaubten kräfftiglich / das günstig Ansehen bey GOtt schon so viel als helffen seye.

Ferners / können auch im sittlichen Verstand durch die Augen des Leibs die geistliche Obere und Vorsteher verstanden werden.15 Dann gleichwie die Augen in dem Leib zu oberist daran seynd / und alle andere äusserliche Glieder dirigiren / oder anweisen / wo die Füß hingehen sollen / was die Händ anrühren oder ligen lassen sollen / was der Mund kosten oder nicht kosten / die Nase riechen oder nicht riechen solle etc. Gleichwie sie den andern Gliedern die bevorstehende Gefahren / in welchen sie sonsten leichtlich wurden zu Grund gehen / entdecken: also seynd die geistliche Obere oder Vorgesetzte Speculatores und Augen des sittlichen Leibs der Gemeind / welcher sie vorgesetzt seynd. Sie sollen die Untergebne und ihnen Anvertraute in all ihrem Thun und Lassen dirigiren und anweisen / und ihnen zeigen / was ihnen nutz- oder schädlich seye: und gleichwie die Augen den Leib mit ihrem Glantz erleuchten[169] / also sollen sie die Communität mit dem Glantz ihres tugendlichen Wandels und der Klugheit erleuchten: absonderlich durch die Vorsichtigkeit die bevorstehende Ubel und Gefahren des Leibs und der Seelen ihren Untergebnen zeitlich und getreulich entdecken / und nach Möglichkeit von ihnen abwenden: dann deßwegen seynd sie über andere erhoben in eine hohe Ehren-Stell gesetzt worden.16 Um so viel höher sie seynd in der Würde / so viel höher sollen sie auch seyn in der Tugend / in Betrachtung und Erkanntnuß himmlischer Dingen.

Es soll ein jeder Oberer mit Wahrheit von ihme selber sagen können / was der Job gesagt hat: Oculus eram cæco, Pater fui pauperum, & causam, quam nesciebam, diligentissimè inquirebam:17 Ich ware des Blinden Aug / ich war ein Vatter der Armen /und welche Sach ich nicht wuste / die fragte ich mit Fleiß / ich tröstete die Leid trugen.

Die Augen des HErrn sollen beschaffen seyn / als wie die Augen des obgemelten Augusti Cæsaris, sie sollen seyn fulgur & fulgor: ein Blitz und Glantz. Ein Blitz und Schröcken denen Bösen / ein Trost und Freud denen Guten / nach unterschiedlicher Beschaffenheit der Verdiensten und Personen. Dahin hat abgezihlet der Heil. Apostel Paulus / da er den Timotheum ermahnt hat: Prædica verbum, insta opportunè importunè: argue, obsecra, increpa in omni patientia etc.18 Predige das Wort / halte an es seye mit Gelegenheit oder Ungelegenheit. Straffe / ermahne und bitte / und schelte in aller Gedult und Lehr. Deßgleichen mein Heil. Vatter Benedictus, da er in seiner Regul dem Abt vorschreibt: Er solle sich nach der Zeit und Gelegenheit schicken / bald schröcken / bald trösten: bald sich als einen liebreichen Vatter / bald einen ernstlichen Lehrmeister zeigen: Er soll die Ungehorsame / und Hinläßige / und Unruhige mit Strenge zur Gebühr anhalten / die Sanffte und Gehorsame aber solle er bitten / daß sie im Guten zunemmen.19

Gleichwie die leibliche Augen aus denen 3. obgemelten Humoribus oder 3. Feuchtigkeiten / nemlich der Crystallinen / Gläsernen / und Wässerigen / bestehen / also sollen auch die sittliche Augen / das ist /die geistliche Obrigkeiten 3. Feuchtigkeiten haben: nemlich die Crystalline der Reinigkeit / die Gläserne des Tugend-Glantzes / und die Wässerige des Mitleidens und der Mildthätigkeit. Widerum die 3. Humores der 3. Theologischen Tugenden / eines lebhafften Glaubens / steiffer Hoffnung / und inbrünstiger Lieb: Ich nenne sie Humores oder Feuchtigkeiten / weilen sie die Seel gleichsam anfeuchten und fruchtbar machen / häuffige und herrliche Tugend-Werck herfürbringen.

Die leibliche Augen seynd theils zu ihrem Schutz /theils zu ihrer Würckung mit 5. tunicis, oder Häutlein / und 7. musculis oder Mäußlein versehen. Auch die sittliche Augen / nemlich die Obere sollen 5. ihnen absonderlich wohlanstehende Tugenden haben / nemlich die Klugheit / Sanfftmuth / Hertzhafftigkeit /Eyfer / und Mäßigkeit: wie auch 7. Musculos, ich will sagen die 7. Gaben und Gnaden des H. Geists. Endlichen sollen sie versehen seyn mit jenen 2. absonderlichen Nerven / Krafft deren sie die Augen ihres Gemüths bald aufheben / bald unterschlagen können: durch die 2. Nerven aber verstehe ich timorem & amorem die Forcht und Lieb GOttes: durch die Lieb sollen sie übersich sehen / in Betrachtung Göttlicher himmlischer Dingen; durch die Forcht aber untersich /wegen Erkanntnuß ihrer Schwach- und Nichtigkeit und Betrachtung des Todts.

Die Augen des Leibs endlichen seynd in dem Haupt tieff gleichsam eingewurtzlet / und können nicht leicht von demselben abgesönderet werden: das Liecht aber und den Glantz so sie haben / behalten sie nicht für sich selbsten allein / sondern sie thun denselben anderen Gliederen / welche blind seynd / mittheilen.[170] Gleichfalls sollen die sittliche Augen / die geistliche Obere unabsönderlich in dem Haupt der Kirchen /das ist / in Christo / sich befinden / Caput Ecclesiæ Christus est,20 und mit ihme vereiniget seyn. Auch das Liecht / das ist / die Wissenschafft und die Erleuchtung / so sie von GOtt empfangen haben / sollen sie nicht für sich allein behalten / sondern anderen /welche blind / das ist / einfältig / und unwissend seynd / getreulich mittheilen / auf daß sie sich nicht mit den Worten des Propheten beklagen müssen: Lumen oculorum meorum non est mecum.21 Meine Obere thun mich nicht erleuchten oder unterweisen. Das Liecht meiner Augen ist nicht mit mir.

Alicatus in seinen Emblematibus setzt die Augen in die Händ mit der Beyschrifft: oculata manus: als wolte er sagen / die Augen / die Fürsichtigkeit / die Weißheit solle allzeit in denen Händen / das ist / in den Wercken seyn. Ich aber sage / sie solle nicht nur in denen Händen / sondern auch in den Füssen / und absonderlich in dem Mund oder Reden / mit einem Wort / in allem Thun und Lassen seyn. Dahin zihlet ab jenes bekannte Sprüchlein des Poeten:


Quidquid agis, prudenter agas & respice finem.


Alles was du thust / thue klug und g'scheid.

Betracht das End mit B'hutsamkeit.


Ubrigens / obwohl die Augen / wie bißhero gemeldt worden / ein sehr edel und fürtreffliches Glied des menschlichen Leibs seynd / so seynd sie doch (wann man selbe nicht behutsam braucht / und fleißig im Zaum haltet) auch sehr gefährlich / ja höchst schädlich / wie es unter tausend anderen der König David wohl erfahren hat / indem er seine Augen unbehutsam auf die Betsabeam hat schiessen lassen / und aus dieser Gelegenheit so schwerlich gefallen ist / daß er sich in der Wahrheit mit jenen Worten des Propheten Jeremiä hat beklagen können: Oculus meus deprædatus est animam meam.22 Mein Aug hat mir mein Seel geraubt. Latrunculi sunt oculi, sagt der Heil. Antonius: Die Augen seynd kleine Dieb / die sich heimlich einschleichen und die Seelen-Schätz hinwegrauben. Ja der Todt selbsten ist durch unsere Fenster (ich will sagen / durch die Augen) hinein gestigen / und in unser Hauß kommen. Noch bedencklicher ist / was geschrieben stehet: Memento quoniam malus est oculus nequam:23 Das bös Aug ist ein Schalck: was ist böser geschaffen als ein schalckhafftes Aug? Dieses hat auch der Heydnische Seneca erkennt / da er gesprochen: Oculi irritamenta sunt vitiorum & duces scelerum etc. Die Augen seynd ein Anreitzung zu den Lasteren / und Anführer zu vielen Ublen etc. Es werden auch die Augen gar recht Fallstrick genennt / in welchen so mancher gefangen wird und hangen bleibt. Auf dises hat die kluge Judith abgezihlet / als sie wider den Holofernem zu GOtt gebetten hat: O HErr verschaffe / daß er mit dem Strick seiner eignen Augen in mir gefangen werde.24 Unzahlbar viel seynd die Ubel /welche schon aus Unbehutsamkeit der Augen erfolgt seynd. Hätte die Eva im Paradeys die verbottne Frucht nicht so fürwitzig betrachtet / so wäre sie nicht samt dem gantzen menschlichen Geschlecht ins Verderben gerathen. Hätten jene 2. alte Richter ihre Augen nicht so ungezaumt auf die keusche Susannam schiessen lassen / so wären sie nicht mit gailer Lieb entzündet /von dem Daniel der Falschheit überwiesen / und zum Todt verurtheilt worden. Hätte der König Achab das fremde Gut / den Weinberg des Naboths / nicht so wohl in die Augen gefaßt / so wäre er nicht zum Todtschlag des Besitzers veranlasset worden. Hätte der weise Salomon und starcke Samson sich durch die Augen und weibliche Schönheit nicht verführen lassen / so wären sie nicht in solches Unglück verfallen. Casus major sit terror minorum, der Fall der Stärckeren solle ja billich schröcken die Schwächere / sagt der Heil. Augustinus hom. 21.25 Viel besser und gescheider hat es gemacht die heilige[171] Jungfrau Lucia des Ord. S. Dominici, indem sie von einem adelichen Jüngling zum Beyschlaff solicitirt wurde / und vermerckte / daß ihre annehmliche Augen daran schuldig seyen / sprache sie: nun will ich dem Rath Christi im Evangelio folgen / da er sagt: Si oculus tuus scandalizat te, erue eum & projice abs te:26 Wann dich dein Aug ärgeret / so reiß es aus / und wirffs von dir.27 Sie stach ihr also selbsten ein Aug aus / und schickt es dem verliebten Buhler zu: mit Vermelden /da solle er sich nun genug daran ersehen und ersättigen. Es ist auch das verblendte Venus-Kind / der verliebte Jüngling also erleuchtet worden / daß er ohne Verzug die Welt samt allem verlassen hat / in einen geistlichen Ordens-Stand getretten / und seeliglich darinn gestorben ist. Was hat der Jungfräuliche Ludovicus gethan? Es begegnete ihm einstens die Königin etwas freyers und frechers in dem Aufzug als ihme lieb ware: er wuste keinen anderen Schild / die schädliche Pfeil des gefährlichen Anblicks abzuwenden /als seine Augen zuzuschliessen / und in seinem Hertzen mit dem David zu sprechen: Averte oculos meos, nè videant vanitatem:28 Wende ab / O HErr /meine Augen / auf daß sie nicht sehen die Eitelkeit: und siehe zum Zeichen seiner Englischen Reinigkeit ist nach 400. Jahren das Aug Ludovici gantz unversehrt / ja gantz lebhafft / und gantz glantzend in dem Grab gefunden worden.

Wie hat sich der Englische Aloysius verhalten? Er ware 3. Jahr lang als ein Edelknab bey Hof / und mußte der schönen Kayserin Isabella täglich aufwarten / und hat sie doch niemahl in dem Angesicht mit einem Aug angesehen.

Ja was sage ich von der Kayserin / auch so gar seine eigne Frau Mutter pflegte er niemahl anzuschauen: deßwegen er billich ein irrdischer Engel verdient hat / genennt zu werden. Fast eben also ein gottseeliger Bruder aus der Löblichen Gesellschaft JEsu Alphonsus Rodriquez mit Nahmen / ware mit denen Augen dermassen inngehalten / daß er 40. Jahr lang /als er in dem Collegio zu Majorca das Portner-Amt versahe / niemahl ein Weibsbild angesehen hat. Dise alle haben gar wohl zu Gemüth geführt den Spruch des weisen Manns / da er sagt: Oculi sapientis in capite ejus.29 Die Augen eines Weisen stehen in seinem Haupt. Hingegen oculi stultorum in finibus terræ.30 Deß Narren Augen sehen auf die End der Erden / das ist / sie schiessen in allen Ecken und Enden / auch in der Kirchen / auch unter dem GOttes-Dienst herum. Dises sollen anhören / und wohl behertzigen / sagt der Heil. Chrysost. in Ps. 50. & hom. 24. in Matth. all die jenige / die sich an fremden Gestalten / oder leiblichen Schönheiten so fürwitzig / so sträfflich als gefährlich / absonderlich in der Kirchen vergaffen. Es soll ihm auch keiner einbilden / daß er ein züchtig- oder einezogenes Hertz habe / wann er ausgelassene Augen hat: ein ungezäumtes Aug ist ein Anzeigen eines ungezäumten Hertzens.

Aber / was ist dann zu thun / möchte jemand fragen / soll man dann ihme selbst die Augen ausstechen /als wie die obgemelte Lucia gethan? das wäre ja gar zu hart und grausam. Nein sage ich / es ist so bös nicht gemeint: Christus verlangt da nicht von uns /daß wir dem Buchstaben nachgehen; sondern wie der Gottseelige Drexelius in seinem Niceta sagt: Claude oculos & eruisti, contine & projecisti: Schliesse die Augen zu (wann dir etwas unanständiges vorkommt) so hast du sie schon so viel als ausgestochen: halte sie fleißig inn / so hast du sie schon genugsam hinweggeworffen.

Vielerley Art oder Gattungen böser Augen findet man in Heil. Schrifft / wie Petrus Berchorius V. oculus anmercket.31 Erstlich gibt es trübe und dunckle Augen / welche vor lauter Neid gantz trüb und dunckel seynd: dann gleichwie die leibliche Augen bißweilen trüb und verdunckelt werden / wann ein grosser Glantz / ein starcke Klarheit darein scheint / also wird das Aug des Gemüths eines Mißgünstigen trüb u.[172] verduncklet / wann er gehling ein grosses Glück seines Nächsten mit neidigen Augen ansihet. Nequam est oculus lividi, avertens faciem suam.32 Ein schalckhafftiges Aug hat der Neidige / er wendet sein Angesicht ab. Es muß ein solcher von sich selbsten bekennen und mit denen Worten Davids sprechen: Turbatus est à furore oculus meus. Mein Aug ist betrübt vor Zorn. Also ist es dem König Saul ergangen / welcher den David niemahl recht und mit guten Augen / sonder nur scheel und überzwerch hat angesehen.33

Fürs andere gibt es von der Hoffart hoch aufgeschwollene / aufgeloffene Augen: dann gleichwie die leibliche Augen in dem Leib hoch und zu oberst daran seynd und andere Glieder übersehen / aber von Flüssen oder bösen Feuchtigkeiten aufgeschwollen werden / also wollen auch die Augen des Gemüths eines Hoffärtigen immerdar zu oberst daran seyn / und andere nur als Unterworffene ansehen / sie seynd auch aufgeblasen von dem Hochmuth und wollen niemahl unter sich sehen auf die Arme / auf ihr schlechtes Herkommen / oder auf das Grab / sonder immerdar nur über sich / auf ihr hohes Ansehen und Würde etc. Omne sublime videt oculus ejus.34 Er sihet alles Hohes. Aber solche hochgetragene Augen seynd vor GOtt verhaßt / und er wird sie demüthigen / wie geschrieben stehet in dem Buch der Psalmen.

Drittens gibt es Augen / welche mit der Trägheit beschwehret seynd. Die leibliche Augen werden von dem Schlaff beschwehrt und überfallen / wann der Mensch von dem Kraut Hiraprica genannt / geniesset: die Gemüths-Augen aber werden beschwert und mit einem höchst-schädlichen Schlaff überfallen von der Trägheit / in Betrachtung der ewigen Güther / und Straffen. Hingegen gleichwie der leibliche Schlaff von der grossen Helle und Glantz des Liechts / wie auch von einem grossen Getümmel verhinderet wird / also wird die geistliche Schläffrigkeit vertrieben durch den Glantz / ich will sagen / durch die Betrachtung der himmlischen Glori / und durch den Tumult der höllischen Peinen.

Vierdtens findet man Augen / welche von dem Geitz verblendet seynd. Es scheinet offtermahl ein Aug gantz hell und gesund zu seyn / da es doch in der Sach selbsten gantz übel bestellt und verblendet ist: Eben also die reiche Geitzhälß / obwohlen sie klug und verständig zu seyn scheinen in Verwaltung zeitlicher Güther und Geschäfften / so sehen sie doch gar übel / ja sie seynd gar blind in dem / was das Ewige und der Seelen Heyl betrifft: sie seynd also in das irrdische vertiefft / daß sie nicht sehen und erkennen ihre Ungerechtigkeit / Betrüg und Härtigkeit des Hertzens. Von diesen sagt der weise Sirach: Insatiabilis oculus cupidi, non satiabitur donec consumat, arefaciens animam suam.35 Des Geitzigen Aug kan nicht erfüllt werden / biß er sein Leben verzehrt / und in ihme selbst verdorret.

Aber am allermeisten von der närrischen Lieb verblendte Augen gibt es hin und wieder ab. Dann diese sehen wahrhafftig nicht / was sie thun / oder lassen sollen / was ihnen nutz- oder schädlich seye. Oculi sunt in amore duces, ist ein bewährtes Sprichwort bey denen Lateinern / die Augen seynd Anführer in der Lieb / aber öffters Verführer. Die geflügelte Lieb ist ein Geburth der Augen: Averte oculos à me, quia ipsi me avolare fecerunt, stehet geschrieben in den hohen Liederen Salomonis. Wende ab deine Augen von mir / dann sie haben mich davon fliehen gemacht.36


Ubi amor, ibi oculi.


Was ligt im Hertzen und im Sinn /

Da ziehlen auch die Augen hin.37


Vernemmet hiervon eine lächerliche Begebenheit. Es ware eines Hirten Sohn / ein einfältiger Tropff / doch in solchem Alter / daß er gern hätte gehabt Adjutorium simile sibi, er möchte halt auch gern selbander schlaffen / er ware aber zu ungeschickt / und wuste die Sach nicht anzustellen / er beklagte sich deßwegen bey seiner Mutter / es wolle sich keine mercken lassen /[173] daß sie einen Lust und Liebe zu ihm hätte.38 Die Mutter / so das Handwerck besser verstunde / sagte: du Limmel man wird dir nicht nachlauffen / du must selber nachgehen / und die Augen fleißig brauchen /die Augen müssen das Beste thun / stehe am Morgen bey Zeiten auf / gehe in die Kirchen / und wirff die Augen fleißig auf die junge Menschen / welche aus-oder eingehen / und schaue / welche dir einen freundlichen Anblick gibt / oder dich anlachet etc. Der Sohn laßt ihm zwar dieses wohl gesagt seyn / er hat es aber unrecht verstanden und ausgelegt / gehet demnach zu Nachts in den Stall / sticht etlichen Schaafen und Kälbern die Augen aus / nimmt selbige in die Taschen /und stellt sich Morgens in aller Frühe zu der Kirchen- Thür / und sobald er eine erblicket hat / die ihm gefiele / da wirfft er ihr ein Schaaf- oder Kalbs-Aug an Kopff / oder ins Angesicht. Aber diese seltsame Caressen wollten denen Mägdlein gar nicht gefallen / es wollte ihm keine einen lieblichen Anblick geben /keine wollte ihn anlachen / sonder vielmehr seynd sie vor ihm geflohen / und haben über ihne geschmählt /sagend: er seye wohl ein grober Knopff / dann er hat ihnen das Feyrtägliche Kleyd und ihre weisse Fürtücher bemackelt und blutig gemacht. Er beklagte sich deßwegen wiederum bey seiner Mutter / und erzehlt ihr / wie er es gemacht habe / und wie es ihm ergangen seye: diese aber gantz erstaunend / wuste nicht ob sie sich mehr über die Blindheit der Schaaf und Kälber / oder ihres Sohns verwunderen und beklagen sollte. Aber O! wie viel gibt es / welche die Augen ihres Gemüths auch in der Kirchen / auch zu nächst bey dem Altar aus Fürwitz und bösem Gelust auf solche Sachen und Persohnen werffen / vor welchen sie vielmehr selbe abwenden und verschliessen sollten /welches der weise Salomon wohl hat vorgesehen /und deßwegen ermahnet und gewarnet hat: Oculi tui recta videant & palpebræ tuæ præcedant gressus tuos.39 Deine Augen sollen nichts unrechts sehen /und deine Augenlider sollen deine Tritt vorher gehen / das ist / du sollest bedachtsam darein gehen / und wohl bedencken / was du thust. Der Psalmist aber hat zu GOtt gebetten / averte oculos meos, ne videant vanitatem,40 wende ab meine Augen / auf daß sie nicht sehen / was eitel ist. Weilen dann die menschliche Augen so schädlich und so gefährlich seynd / wie bißhero gesagt worden / so laßt uns GOtt von Hertzen bitten / daß er uns die Augen des Gemüths erleuchte / die Augen des Leibs aber wohl und recht brauchen lerne / auch mit denen Augen seiner Barmhertzigkeit uns gnädiglich ansehe /biß daß wir ihne von Angesicht zu Angesicht in der ewigen Glückseeligkeit anschauen mögen.


Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738, S. 165-174.
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