Der 7. (52.) Kühlpsalm

[227] Als er di Jesuelische Lilirose mitten unter den gefährlichsten Anschlägen des verfluchten Romes in seinem London fortpflanzte, von Gott dem gantzem Gog und Magogsreiche entgegen gesätzet; gejubiliret zu London an seinem 50 tage den 31 Aug. 1679.


1.

London, Ort der Lichteswunder,

In dem Gott mein leid versüsst!

Du wirst neu von mir gegrüsst,

Weil du gibest flamm und zunder!

Schau, wi Gott dich angethan,

Das kein Rom dir schaden kan

Um der Lilirose bahn!


2.

Von dir bin ich ausgegangen

Durch den Ost und Mitternacht!

Zu dir ward auch hergebracht,

Was in Ost und Nord empfangen![227]

Was so rings dort Rom umringt,

Und ihm seine Macht verdringt,

Weil di Lilirose singt.


3.

Wiclef ist aus dir entstanden,

Der das stoltze Rom verschrekkt:

Wiclef wird erst recht geschmekkt,

Nun das falsche Rom wird landen.

Wiclef, der erst Rom anweist,

Ist nun, der den zirkel schleust,

Weil di Liliros aufscheust!


4.

Satan gibt dem Kohlmann kohlen,

Di Gott durch den Kühlmann kühlt:

Rom wird selber weggespühlt,

Wann es London wird weghohlen.

Rom verleuhret seinen stuhl,

Und versinkt in schwefelpfuhl,

Vor dem Lilirosenkuhl.


5.

London! Du vereinest Leiden,

Das Lutecia dein Leib!

Wachse herrlichst und bekleib,

Das dein drei ni mehr zuscheiden!

Wann di drei und siben L

Ein neuneinges Kreutzgestell,

Wächst di Lilirose hell.


6.

Jacob mus im York bald sigen,

Ob schon Jacob dis besitzt:

Jacob, der vor Rom erhitzt,

Mus dem Jacob unterligen.

London nahm den Jacob ein,

Der aus Böhmen kam so rein,

Zu der Lilirose schein.


7.

Jesuel bleibt doch bethrönet,

Ob ein Jesuit entsteht!

Sein Olive ist erhöht,

Wann Oliva wird verhöhnet.

Lucifer verlohr den thron,

Den empfangen Gottes Sohn

In der Lilirose Kron.


[228] Zweiter Theil,

In anblikkung des Pabsts Stammnahmen Odoschalchi zu London den 12 Sept. da der Londnerbrand, durch Rom angeleget, dreizehnjährig war, 1678.


1. 8.

O du schalk, dein O zerreisset,

Und dein Eilf ist bald vollendt!

Heistdu Nocent Innocent?

Bistdu, der so heilig gleisset?

Schaue wi du wirst verklagt,

Drüber Rom sich ewigst nagt,

Weil di Lilirose tagt.


2. 9.

O du schalk, durch O verrathen,

Und vernullt durch fünff und O!

Rom verlodert in der loh

Seiner eignen Missethaten.

Rhom wird offen als ein Mohr

Durch den Rükkgang, der nun vor,

Weil di Liliros empor.


3. 10.

O du schalk, durch O gehalten

Stärker als den Rosseschaar!

Rom wird schmertzlich bald gewahr,

Was sein feuer wird verkalten.

Rom schmekkt selber Rach und Mord

Im October und stets fort,

Weil di Liliros am Port.


4. 11.

O du schalk, den Königstittel

Schläget London gäntzlich ab:

London, das des Romes grab,

Spinnet deinen sterbekittel.

Krone, Zepter und der hutt

Kommet bald an Fridrichsblutt:

Wird der Liliros ihr gutt.


5. 12.

O du schalk, höhr di Propheten?

Sihe, wi si dich gebildt?[229]

Alles wird an Rom erfüllt?

Ihm verduppelt nun sein tödten?

Londons angestekktes feur

Kostet Rom so mächtig theur

Um der Lilirose leyr.


6. 13.

O du schalk, was ist dis stechen?

Sind dir stachel untersät?

Fällt das Thir, das sich aufbläht?

Wil sein schwantz durchaus zerbrechen?

Wunder, wi dort Rom so schäumt?

Es ist plötzlich aufgeräumt,

Weil di Lilirose bäumt.


7. 14.

O du schalk, der Schalk Exempel!

Trägstdu deiner schalkheit fall!

Sihe, wi dich stürtzt mein A.L.L!

Dich und deine Götzentempel!

Deine schalkheit macht dir aus,

Das dein Rom zum höllengraus,

Weil di Lilirose raus.


Dritter Theil,

In betrachtung der Kottersweissagung vom 1666 Londnerbrand; in wichtigen gedanken zukünfftiger dinge, auch ihm zum gedächtnis seines Gelübdes wegen seines 50000 pfundichten patengroschen, zugesätzt zu London den 15 Sept. da sich der Brand gestillet, 1679.


1. 15.

London, deine flamm ist über,

Und dein Brand hat ausgebrand:

Was Kotterus vorempfand,

Machet Rom nun immer trüber.

Rom, das sich auf Bosheit gründt,

Das erbleichet, stirbt, verschwindt,

Weil di Liliros sich findt.


2. 16.

Seudt der grosse Topff nach Norden,

Der so lang ohn siden stund?[230]

Wird nun seine Tugend kund?

Sind di zwölf zuschanden worden?

Wassermann, von libe kalt,

Geustdu neu? Halt innen, halt!

Unsre Liliros ist alt.


3. 17.

Sind di Zwölfe gleich erschinen,

Welche Uns Jehovah gab?

Lässt si sehn der rechte Knab?

Rom entromt vor seinem grünen.

Hat sein Fiber ausgewerkt?

Freude! Seht, er hats gemerkt,

Das di Liliros ihn stärkt!


4. 18.

Stoltzer steinfels stoltzer felsen!

Recht, das dich sein Fiber trifft?

Hitze, Kälte und das Gifft?

Krankheit wird dich ewig hälsen.

Deine Wohnung, Gott auf Erd,

Ist nun selbst di Angstbeschwerd,

Weil di Liliros ausfährt.


5. 19.

Sihstdu, Rom, den Jäger eilen

Auf dich von dem Nord und Ost?

Bittert er der Götter kost,

Di dich, huhre, wolten heilen?

Gottes Lamm das stehet auf:

Gibt den sig nun seinem hauf

Durch der Lilirose lauf.


6. 20.

Sion wil das Land betauen:

Alle drei sind wi ein hertz.

Alle drei sind frei vom schmertz,

Nun das wesen anzuschauen.

Ist der Ostprintz aufgewacht?

Babel! Bistdu nun in nacht,

Und di Liliros in pracht.


7. 21.

Wohl dir, Sion, di gebohren!

Weh dir, Rom, in Angst und Grufft![231]

Wohl dir, di das Lamm gerufft!

Weh dir, welche sich verlohren!

Itz frohlokket alle Welt

Auf dem Lilirosenfeld

Mit der Lilirose Held.


Dreiniger Nachdrukk,

1. Als di Pabstischrömische Ankohlung und di Lilirosische verkühlung sehr stark rungen mit seiner 77tägichten gegenwart d. 29 Sept. 1679.


Rom kohlt London an mit lunden:

Doch mein Kühlband wird empfunden,

Dadurch ewig Rom verschwunden.


2. Als alle welt erstarrte über dem täglichem zerbrechen der Pabstanschläge den 10. Nov. 1679.


Rom kohlt durch Kohlmann Wiclef an:

Den Gott durch Kühlmann kühlen kan.

So ists! So gehts! Gott hats gethan!


3. Als er in Constantinopel Gottes vorhaben durch Apaffi beim Türkischem Kaiser von weiten ins werk, und in London den verfluchten Pabst zum vorspile verbrand sahe am 27 Novemb. 1679.


Frisches Kühlen kühlt di kohlen:

Kühle Frische wird verhohlen,

Wi Jehovah längst befohlen.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 1 (Buch 1–4), Tübingen 1971, S. 227-232.
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