Auff das absterben Seiner Durchl.

Georg Wilhelms/ Hertzogs zu Liegnitz/

Brieg und Wohlau

1.

So bricht der glantz der welt!

Die zeit kan auch den purpur bleichen;

Die reinste sonne muß zu bald den west erreichen:

Die säule reich an ertzt wird zeitlich hingefällt.

Des himmels spruch ist nicht zu widerstehen/

Und wer ist groß genug demselben zu entgehen?


2.

Diß/ was man ewig schätzt/

Das wird in kurtzer zeit begraben;

Wer weiß/ wo ihrer viel itzt ihre gräber haben?

Die sich lebendig selbst den sternen beygesetzt.

Mich deucht/ wie die natur manch ding verlohren/

Das die vergänglichkeit zu trotzen sich verschwohren.


3.

Des Nimrods grosses reich/

Da haupt und herrschafft gülden waren/

Ist/ wie von wenig flut der spröde thon/ zerfahren/

Und seine macht ist itzt den todten-knochen gleich.

Das feste land/ der grundstein der palläste/

Der schweren berge fuß steht selber nicht gar feste.


4.

Von Artaxerxes thron

Ist schwerlich noch ein stein zu zeigen;

Wer weiß/ wo ringe sich um schlechte finger beugen/[164]

Aus derer golde vor bestund die königs-kron.

Der moder hat den theuren zeug zerbissen/

Den meinen ahnen hat manch sieger küssen müssen.


5.

Wie alles diß geht ein/

Wie gantze reiche sich versetzen/

Der rest den stahl/ die zeit den marmel kan verletzen:

So muß geschlecht und mensch dem tod' auch zinßbar seyn.

Kein alterthum der häuser und der würden/

Weiß fürsten von der schuld des sterbens zu entbürden.


6.

Mein graues hauß verfällt/

Das nun neunhundert jahr gestanden/

Doch ist Gott lob! kein grauß von hohn und spott verhanden!

Weil es die welt zum theil/ theils Gott in ehren hält.

Es fällt durch mich; jedoch wird niemand schliessen/

Daß ich durch meine schuld den grund hätt' eingerissen.


7.

Des Allerhöchsten hand/

So cedern setzt und wieder fället/

Und an Pyastus stamm zum gipffel mich gestellet/

Die bricht mich ab/ und setzt mich in ein ander land;

Wer dieser hand sich müht zu widerstreben/

Der liebt sein ungelück/ und haßt sein eigen leben.


8.

Vorhin herrscht' ich mit lust/

Itzt folg' ich noch mit grössern freuden.

Und muß ich gleich von ihr/ durchlauchte mutter/ scheiden/

So sey ihr doch/ und auch/ frau schwester/ ihr bewust:

Daß ich nur sey voran dahin geschritten/

Wo die vergnügung uns wird stets zusammen bitten.


9.

Hier lebt man gantz befreyt

Von dem/ was zufall pflegt zu heissen.[165]

Die steine/ so itzund in meinen haaren gleissen/

Sind reiner sternen glantz/ und gold der ewigkeit.

Die leibwacht/ die mich hier bestellt ist zu bedienen/

Sind freunde sonder falsch/ und heissen Seraphinen.


10.

Lebt all' in guter ruh!

Wie ihr mir freund und treu im leben;

So seyd des Käysers huld und Gottes schutz ergeben;

Diß bitt' ich noch von euch: Schliest hinter mir nun zu/

Und lebt also den kurtzen rest der erden/

Daß ihr/ wie ich/ gekrönt/ von Gott bekräntzt mögt werden.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 153-154,164-166.
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