XII.

1SEchs tage vor den Ostern kam Jhesus gen Bethania / da Lazarus war der verstorbene / welchen Jhesus aufferwecket hatte von den todten. 2Daselbs machten sie jm ein Abendmal / vnd Martha dienete /Lazarus aber war der einer die mit jm zu tissche sassen. Mat. 26; Mar. 14.

3DA nam Maria ein pfund Salben / von vngefelschster köstlicher Narden / vnd salbete die füsse Jhesu / vnd trücket mit jrem hare seine Füsse / das Haus aber ward vol vom geruch der Salben. 4Da sprach seiner Jünger einer / Judas Simonis son Jschariothes / der jn hernach verrhiet / 5Warumb ist diese Salbe nicht verkaufft vmb drey hundert Grosschen1 / vnd den Armen gegeben? 6Das saget er aber nicht / das er nach den Armen fraget / sondern er war ein Dieb / vnd hatte den Beutel / vnd trug was gegeben ward. 7Da sprach Jhesus / Las sie mit frieden /solchs hat sie behalten / zum tage meiner Begrebnis. 8Denn Armen habt jr allezeit bey euch / Mich aber habt jr nicht alle zeit.


9DA erfur viel volcks der Jüden / das er daselbs war / vnd kamen / nicht vmb Jhesus willen allein /sondern das sie auch Lazarum sehen / welchen er von den Todten erweckt hatte. 10Aber die Hohenpriester trachten darnach / das sie auch Lazarum tödten / 11Denn vmb seinen willen giengen viel Jüden hin /vnd gleubten an Jhesum.


12DEs andern tages / viel Volcks das auffs Fest komen war / da es höret / das Jhesus kompt gen Jerusalem / 13namen sie Palmen zweige / vnd giengen hin aus jm entgegen / vnd schrien / Hosianna / Gelobet sey / der da kompt in dem Namen des HERRN / ein König von Jsrael. 14Jhesus aber vberkam ein Eselin /vnd reit drauff / Wie denn geschrieben stehet / 15Fürchte dich nicht du tochter Zion / Sihe / dein König kompt reitende auff einem Eselsfüllen. 16Solchs aber verstunden seine Jünger zuuor nicht /sondern da Jhesus verkleret ward / da dachten sie dran / das solchs war von jm geschrieben / vnd solchs jm gethan hatten. Matt. 21; Mar. 11; Luc. 19; Psal. 118; Zach. 9.

17DAs Volck aber das mit jm war / da er Lazarum aus dem Grabe rieff / vnd von den Toddten aufferwecket / rhümete die that. 18Darumb gieng jm auch das Volck entgegen / das sie höreten / er hette solches Zeichen gethan. 19Die Phariseer [305b] aber sprachen vnternander / Jr sehet / das jr nichts ausrichtet /sihe / alle Welt leufft jm nach.


20ES waren aber etliche Griechen vnter denen / die hin auff komen waren / das sie anbeteten auff das Fest. 21Die tratten zu Philippo / der von Bethsaida aus Galilea war / baten jn / vnd sprachen / Herr / wir wolten Jhesum gerne sehen. 22Philippus kompt vnd sagets Andreas / vnd Philippus vnd Andreas sagtens weiter Jhesu. 23Jhesus aber antwortet jnen / vnd sprach / Die zeit ist komen / das des menschen Son verkleret werde. 24Warlich / warlich / Jch sage euch /Es sey denn / das das Weitzenkorn in die erden falle /vnd ersterbe / so bleibts alleine. Wo es aber erstirbet /so bringets viel Früchte. 25Wer sein Leben lieb hat /der wirds verlieren. Vnd wer sein Leben auff dieser Welt hasset / der wirds erhalten zum ewigen leben. 26Wer mir dienen wil / der folge mir nach / Vnd wo ich bin / da sol mein Diener auch sein. Vnd wer mir dienen wird / den wird mein Vater ehren. Mat. 16; Mar. 8; Luc. 9.

27JTzt ist meine Seele betrübet. Vnd was sol ich sagen? Vater hilff mir aus dieser stunde. Doch darumb bin ich in diese stunde komen. 28Vater verklere deinen Namen. Da kam eine stimme vom Himel / Jch hab jn verkleret / vnd wil jn abermal verkleren. 29Da sprach das volck das da bey stunde / vnd zuhöret / Es donnerte. Die andern sprachen / Es redte ein Engel mit jm. 30Jhesus antwortet vnd sprach / Diese stimme ist nicht vmb meinet willen geschehen / sondern vmb ewren willen.

31JTzt gehet das Gerichte vber die Welt / Nu wird der Fürst dieser welt ausgestossen werden. 32Vnd ich / wenn ich erhöhet werde / von der erden / so wil ich sie alle zu mir ziehen. 33Das saget er aber / zu deuten / welchs todes er sterben würde. 34Da antwortet jm das volck / Wir haben gehöret im Gesetz / das Christus ewiglich bleibe / vnd wie sagestu denn / Des menschen Son mus erhöhet werden? Wer ist dieser menschen Son? 35Da sprach Jhesus zu jnen / Es ist das Liecht noch eine kleine zeit bey euch. Wandelt die weil jr das Liecht habt / das euch die Finsternisse nicht vberfallen. Wer im finsternis wandelt / der weis nicht wo er hin gehet. 36Gleubet an das Liecht / die weil jrs habt / Auff das jr des liechtes Kinder seid. Psal. 117.

37SOlchs redet Jhesus / vnd gieng weg / vnd verbarg sich fur jnen. Vnd ob er wol solche Zeichen fur jnen thet / gleubten sie doch nicht an jn / 38Auff das erfüllet würde der Spruch des Propheten Jsaia / den er saget / HERR / wer gleubet vnserm predigen / vnd wem ist der Arm des HERRN offenbaret? 39Darumb kundten sie nicht gleuben / Denn Jsaias saget abermal / 40Er hat jre Augen verblendet / vnd jr Hertz verstocket / das sie mit den augen nicht sehen / noch mit dem hertzen vernemen / vnd sich bekeren / vnd ich jnen hülffe. 41Solchs saget Jsaias / da er seine Herrligkeit sahe / vnd redete von jm. 42Doch der Obersten gleubten viel an jn / Aber vmb der Phariseer willen bekandten sie es nicht / das sie nicht in den Bann gethan würden. 43Denn sie hatten lieber die ehre bey den Menschen / denn die ehre bey Gott. Jesa. 53; Jesa. 6.


44JHesus aber rieff / vnd sprach / Wer an mich gleubet / der gleubet nicht an mich / sondern an den /der mich gesand hat. 45Vnd wer mich sihet / der sihet den / der mich gesand hat. 46Jch bin komen in die Welt ein Liecht / auff das / wer an Mich gleubet /nicht im finsternis bleibe. 47Vnd wer meine Wort höret / Vnd gleubet nicht / den werde ich nicht richten / Denn ich bin nicht komen / das ich die Welt richte / sondern das ich die welt selig mache. 48Wer mich verachtet / vnd nimpt meine wort nicht auff /Der hat schon der jn richtet / das wort / welches ich geredt habe / das wird jn richten am Jüngsten tage. 49Denn ich habe nicht von mir selber geredt / sondern der Vater der mich gesand hat / der hat mir ein Gebot gegeben / was ich thun vnd reden sol. 50Vnd ich weis / das sein Gebot / ist das ewige Leben. Darumb das ich rede / das rede ich also / wie mir der Vater gesagt hat. Joh. 5. [306a]


1 Ein grossch hat zu der zeit fast 30. lawen pfennig vnser Meisnisschen müntze gegolten.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
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