147. Waizen in Gold verwandelt.

[92] Ein Bäcker von Marburg ging über Land um Waizen aufzukaufen; als er über den Frauenberg kam, fand er dort ein großes Tuch ausgebreitet, auf welchem Waizen ausgelegt war. Verwundert hob er eine Hand voll auf, besah ihn und steckte einige Körner in die Tasche. Als ihm nun im nächsten Dorfe die Bauern Waizen anboten, welcher ihm nicht gefiel, sagte er: »Ich habe schönern heute gesehen,« und wollte ihnen die Probe zeigen, die er vom Frauenberge mitgebracht hatte. Aber wie er in die Tasche griff, waren statt Waizenkörner blanke Goldstücke darin; doch ließ er von seinem Glücke nichts merken, sondern brach den Handel ab und ging eilig nach dem Frauenberge zurück, um des Waizens noch mehr zu holen; allein nun war das Tuch verschwunden.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. XCII92-XCIII93.
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