155. Der Schatz bei Breitenbach.

[99] Unfern Breitenbach am Langenberge liegt ein großer Schatz vergraben, welchen zu heben schon mehrmals der Versuch gemacht worden ist. Einmal waren die Schatzgräber bereits so weit, daß sie den Kessel an den Ringen gefaßt hatten, die daran angebracht sein mochten, um ihn besser fortschaffen zu können, als eine Mühle am Langenberge vor ihren Augen in lichterlohen Brand gerieth. Im ersten Schreck hierüber entfuhr einem der Männer der Ausruf: »Ach Gott, die Langenberger Mühle brennt!« Sofort war der Schatz verschwunden und die Mühle lag unversehrt in schweigender Finsterniß da, wie vorher.

Ein andermal hatten sie bereits Stangen durch die Ringe gezogen, an welchen sie den Kessel auf den Schultern nach Hause tragen wollten. Bis dahin war, trotz mancherlei Anfechtungen, ein beharrliches Schweigen beobachtet worden. Als sie sich aber zum Abgehen anschickten und die goldne Last schon auf dem Rücken hatten, rief eine Stimme: »Den mit der rothen Weste kriege ich doch!« Unbedachtsam antwortete Der, welcher damit gemeint war: »Und du kriegst ihn doch nicht!« – Und wieder war der Kessel verschwunden. An der Stange hingen noch die Ringe, welche lange Zeit in der Schmiede zu Breitenbach als Merkwürdigkeit gezeigt worden sind.

Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. XCIX99-C100.
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