274. Des Heilands Leichnam in Gottsbüren.

[197] Kurz vor dem Jahre 1331 verbreitete sich plötzlich in den Diemel- und Weserlanden die Kunde, daß man im Reinhardswalde den heiligen Leichnam des Herrn ganz unversehrt, aber mit blutigen Tropfen bedeckt, gefunden und nach Gottsbüren gebracht habe. Bald war die seltsame Kunde bis zum Fuße der Alpen gedrungen und bis zum Meeresgestade im Norden, und aus allen deutschen Gauen strömten fromme Pilger herbei, um an der geheiligten Stätte ihre Andacht zu verrichten. Die dargebrachten Opfer waren so groß, daß, außer bedeutenden Erwerbungen, die schöne, geräumige Kirche zu Gottsbüren und das Schloß Sababurg daraus gebaut werden konnten. Auch das nahe Hofgeismar hob sich dadurch und die Stadt ließ, zur Bequemlichkeit der Wallfahrer, so erzählt die Sage, den morastigen Weg von da nach Gottsbüren pflastern.

Falkenheiner, in d. Zeitschr. für hess. Geschichte etc. I, 18 u. 26.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CXCVII197.
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