279. Heinrich, das Kind von Brabant.

[200] Der letzte männliche Sprößling von dem alten Stamme Ludwigs mit dem Barte war in dem »Pfaffenkönig« Heinrich Raspe zu Grabe gegangen und seine Erblanden Thüringen und Hessen schwankten in der Wahl des neuen Herrn. Die Thüringer wollten Heinrich den Erlauchten, Markgrafen von Meissen, dessen Mutter eine Stiefschwester – die Hessen Heinrich, den zweijährigen Sohn der Herzogin Sophie von Brabant, deren Vater ein rechter Bruder des Pfaffenkönigs und Gemahl der heiligen Elisabeth gewesen war. Und die Hessen schickten Gesandte nach Brabant und luden Sophie ein, mit dem jungen Prinzen zu ihnen zu kommen, damit das Land nicht länger ohne Herrn bleibe. Da trat Sophie die Reise nach den Heimathlanden an, wo sie 1247 von den getreuen Hessen freudig und feierlich, mit Kerzen und Fahnen, empfangen wurde. In einem offenen Wagen, das »Kind von Brabant« auf dem Schooße, fuhr sie durch Hessen und Thüringen, von 800 Gewappneten mit guten Helmen umgeben, und nahm die Huldigung für ihren Sohn ein. Aber minder herzlich als in Hessen war ihr Empfang in Thüringen, denn hier waren die Stimmen getheilt und die Mehrzahl hing dem Markgrafen an.

Anonymus ap. Senkenberg, 330. – Spangenberg, Adelsspiegel, II, 416. – Bange, Thür. Chr. 99 u.A.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CC200.
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