299. Die beiden Landgrafen.

[215] Ein andermal sah Landgraf Philipp auf der Jagd einen schönen schlankgewachsenen Bauernburschen einen Hund leiten und fragte ihn: »Wer bist Du und wie heisest Du?« Der Bauer antwortete: »Ich heiße Hans Landgraf.« »Wie«, sagte Philipp lachend, »Landgraf heisest Du? Wie bist Du zu dem Namen gekommen? Du mußt wohl von der Bank gefallen sein?« Der Bursch aber erwiederte: »Gnädigster Herr und Fürst! Ich bin von armen, aber redlichen und frommen Eltern auf einem Dorfe geboren und es ist mein und meiner Altvordern Zuname, dabei man uns Landgrafen erkennet.« Dem Fürsten gefiel diese Antwort so wohl, daß er dem Bauern ein Geschenk reichte und sagte: »Weil Du ein Landgraf bist, so sollst Du auch die Hunde nicht mehr leiten und fortan davon befreit sein.«

Winkelmann, V, 584.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCXV215-CCXVI216.
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