318. Tanzgebräuche.

[235] Eine andere Sitte, welcher man an verschiedenen Orten Niederhessens und im Hersfeldischen begegnet, ist vielleicht nur ein Ueberrest des hier untergegangenen Lehnausrufens. Vor dem[235] Beginn der Kirmeß und anderer Festlichkeiten, mit welchen Tänze verbunden sind, wählt jeder Bursch sich eine Tänzerin, welche er förmlich zu diesem Zwecke einladet; im Sonntagskleide und mit einem Hute versehen, tritt er in ihre Wohnung und bringt sein Gesuch an; wird dieses gewährt, was beinahe immer der Fall ist, da Jeder sich seiner Sache erst vergewissert, so befestigt das Mädchen einen aus künstlichen Blumen bereiteten Strauß an den Hut des Burschen. Beide sind nun für die ganze Dauer des Festes mit einander verbunden, und nur vorübergehend, aber nicht ohne Erlaubniß, ist es ihnen gestattet, während des Tanzes zu wechseln. An der Diemel ist sogar auch ein solcher Wechsel nicht erlaubt. An der Schwalm ist es überhaupt einem Fremden nicht gestattet, an dem Kirmeßtanze Theil zu nehmen, er hätte dann zuvor einen Schwälmer gebeten, ihm »ein Tanzmädchen zu freien.«

Landau a.a.O. S. 276. – Mündlich.

Quelle:
Karl Lyncker: Deutsche Sagen und Sitten in hessischen Gauen. Kassel 1854, S. CCXXXV235-CCXXXVI236.
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