8. Am Sontage nach dem Neuen Jahre

[207] Zun Röm. am 3.


Auff den 108. Psalm

Dancksaget nun und lobt den Herren.


Was das Gesetz heist, wie wir wissen,

Das gehet nur die Hertzen an,

So auff dasselbe sind beflissen

Und ihm noch leben unterthan.

Es muß kein Mund geöffnet werden,

Die Welt muß gantz Gott schuldig seyn,

Kein Mensch lebt auff der weiten Erden,

Der durchs Gesetz' ist recht und rein.


Hier ist Gesetze nicht vonnöthen;

Wir kennen die Gerechtigkeit

Auß dem Gesetz' und den Propheten,

Die Gott beliebet jederzeit,

Gerechtigkeit die Gott beliebet,

Die von dem wahren Glauben kömpt,

Die Gott demselben Menschen gibet,

Der gläubt und seinen Sohn annimpt.


Hier ist kein Unterscheyd zu mercken;

Sie sind nur Sünder allzumahl,

Sind böser Art in ihren Wercken,

Ihr arges Thun ist ohne Zahl.

Nicht einer kan vor Gott bestehen,

Nur Christus pflichtet ihnen bey,

Ihr Thun ist nichts und muß vergehen,

Denn er macht sie auß Gnaden frey.
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Gott hat ihm selber fürgestellet

Den Gnadenstul, das höchste Gut;

Daß ihm nun was an uns gefället,

Macht unser Glauben und sein Blut.

Er löset uns, weil er uns liebet,

Mit eygener Gerechtigkeit,

Er macht, daß Gott die Schuld vergiebet,

So auff uns lag noch dieser Zeit.


Gott hat Gedult mit uns getragen,

Der nie zu viel mit Straffen thut,

Biß Christus frey uns kundte sagen,

Und lösen umb sein theures Blut.

Recht und gerecht in allen Sachen

Ist Jesus und will in der That

Gerecht auch diesen Menschen machen,

Der rechten Glauben an ihn hat.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 207-208.
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