9. An der H. Drey König Tage

[208] Jesai. am 60.


Auff den 6. Psalm

In deinem grossen Zoren.


Brich auff und werde Liechte,

Laß gehn die Nacht zu nichte,

Dein Liecht kömpt her zu dir;

Die Herrligkeit deß Herren

Gläntzt prächtig weit und ferren

Und zeigt sich über dir.


Zwar finster ist die Erde,

Der armen Heyden Herde

Ligt tunckel weit und breit;

Dich hat der Herr, dein Leben,

Dein Heil und Trost, umbgeben

Mit grosser Herrligkeit.


Die Völcker auff der Erden,

So je beschienen werden

Durchs klare Sonnenliecht,

Die sollen dein Liecht kennen,

Zum Glantze frölich rennen,

Der auß der Höhe bricht.


Heb auff, heb dein Gesichte,

Das Volck folgt deinem Liechte,

Die Welt kömpt gantz zu dir;

Sie hat von dir vernommen,

Die Söhn und Töchter kommen

Und suchen deine Zier.


Dein Hertze wird dir wallen,

Wenn dir kömpt zu Gefallen

Die Anzahl umb das Meer;

Du wirst die Augen weiden

Am Volcke deiner Heyden,

So gantz dringt zu dir her.


Es kommen alle Seelen

Auß Esa mit Camelen,

Mit Läuffern Midian;

Gold wird dir Saba bringen

Und Weyrauch; es wird singen

Dein Lob ein jederman.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 208.
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