Einhundert neun und vierzigstes Sonett.

[187] Wenn mich ihr süßer Blick zum Tod' entzückte,

Und ihre zarten, holdverständ'gen Laute,

Wenn Amor ihr so viel Gewalt vertraute,

Daß mich ein Lächeln, ja ein Wort beglückte;

Was würd' ach! wenn sie minder freundlich blickte, –

Aus Fügung oder Schuld – als sonst sie schaute,

So daß der Tod, vor dem mir nimmer graute

Durch ihre Gunst, nun schreckhaft mich berückte!

Muß schaudernd drum in Frost mein Herz erbeben,

Wenn umgewandelt sie einmahl zu schauen,

Hat solche Furcht Erfahrung mir gegeben.

Beweglich ist das Weib, nicht drauf zu bauen;

Ich weiß, es währt der Liebe süßes Leben

Gar kleine Zeit im Herzen nur der Frauen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 187-188.
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