Einhundert und fünfzigstes Sonett.

[188] Amor, Natur und Sie, wo, fern vom Tande

Der Erde, Demuth so als Tugend walten,

Sind gegen mich verschworen; treu der alten

Art treibt mich Amor zu des Todes Rande;

Natur hält sie mit also zartem Bande,

Daß keine Kraft vermag, es zu erhalten;

Und aus dem Leben sehnt, dem ungestalten,

Sie sich hinweg nach einem bessern Lande.

Den theuren Gliedern drum, den süßen, frommen,

In denen wahrer Liebreiz sich gespiegelt,

Verglüht gemach des Geistes letzter Funken.

Wenn Mitleid nicht des Todes Treiben zügelt,

Seh' ich, wie tief die Hoffnungen gesunken,

Von denen Leben mir und Lust gekommen.
[188]

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 3.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Canzoniere
Canzoniere - Eine Auswahl (Italienisch/Deutsch)
Canzoniere: 50 Gedichte mit Kommentar. Ital. /Dt.
Canzoniere. Zweisprachige Gesamtausgabe.
Canzoniere
Canzoniere /Triumphe /Verstreute Gedichte: Ital. /Dt.