Einhundert und acht und vierzigstes Sonett.

[187] Amor, der heißen Drang in's Herz mir sandte,

Hält es zugleich mit eis'ger Furcht befangen,

Und ob die Hoffnung größer, ob das Bangen,

Ob Flamm', ob Kält', ist dunkel dem Verstande.

Ich glüh' im Frost und beb' im Sonnenbrande,

Immer voll Argwohn so, als voll Verlangen,

Ganz wie ein Weib, das lieben Mann, umhangen

Mit kleinem Schleyer, birgt, und Florgewande.

Die erste dieser Plagen ist mir eigen,

Zu glühen Tag und Nacht; wie süß das Wehe,

Faßt kein Gedank', wie sollt' ein Reim es singen!

Die andr' ist's nicht: vor meinem Feuer zeigen

Sich gleich die Menschen; wer zu seiner Höhe

Zu fliegen denkt, breitet umsonst die Schwingen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 187.
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