Einhundert sechs und siebenzigstes Sonett.

[15] Der Freud' am Traum, im Schmachten Lust ich finde,

Schatten umarm', nach Sommerlüftchen gehe,

Durchschwimm' ein grundlos Meer ohn' Uferhöhe,

Pflüg' Aether, bau' auf Sand und schreib' in Winde,

Schau' in die Sonne so, daß ich erblinde

Im Glanz, vor dem erlischt des Auges Sehe,

Jage nach einem irren, flücht'gen Rehe

Mit hinkendem und schwach-langsamen Rinde.

Blind, matt für alles Andr', als meine Plage,

Nach der ich Tag und Nacht umgreifend wandle,

Ruf' Amor, Herrinn, Tod ich nur beym Nahmen.

So zwanzig Jahr' (o schwer' und lange Klage!)

Nur Thränen, Seufzer, Schmerz ich mir erhandle. –

In solchem Stern griff Köder ich und Hamen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 15-16.
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