Einhundert und achtzehntes Sonett.

[172] Demüthig Wild, mit Tiger-, Bärensinne,

Mit eines Engels Leib' und Menschenwangen,

Dreht zwischen Freud' und Weh, Hoffnung und Bangen

Mich so, daß festen Stand ich nie gewinne.

Wenn seinen Zähnen ich nicht bald entrinne

Und ferner mich solch Zweifel soll befangen,

Vergeh' ich, Amor! denn zum Herzen drangen

Die süßen Gifte schon; ich ward es inne.

Nicht trägt, hinfällig, wie sie ist, und wankend,

Die Kraft den Wechsel mehr von Leid und Freuden,

In einem Nu von Gluth zu Kälte schwankend.

Durch Flucht hofft sie zu enden ihre Leiden,

Von Stund' zu Stunde mehr und mehr erkrankend;

Denn nichts kann, wer vom Leben nicht kann scheiden.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 172.
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