Einhundert vier und neunzigstes Sonett.

[24] Wohl hatt' ich ein zufrieden Loos gewonnen,

Von Haß war frey ich, wie von Thränengüssen,

Und wenn auch Andre glücklicher sich wissen,

Ein Weh ist besser, denn viel tausend Wonnen.

Nun hält so schwere, trübe Wolk' umsponnen

Die Augen, meinen Trost in Kümmernissen,

Von welchen dennoch kein' ich möchte missen,

Daß wie erloschen meines Lebens Sonnen.

Natur, o Mutter! mild und streng zu preisen!

Woher solch streitend Wollen dir, solch Können,

Grausam, was du so reizvoll schufst, zu trennen? –

Lebend'gem Quell ist jede Kraft entquollen;

Wie aber kannst du, höchster Vater, wollen,

Daß Andr' uns deine theure Gab' entreißen?

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 24-25.
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