Einhundert zwey und neunzigstes Sonett.

[23] Ich sang, itzt wein' ich, und ein gleich Vergnügen,

Wie sonst am Singen, ich am Weinen finde;

Denn, nicht der Wirkung denkend, nur der Gründe,

Zur Höhe meine irren Sinne fliegen.

Gleich trag' der Härt' ich und der Sanftmuth Fügen,

Ob Zorn, ob Huld und Demuth sich entbinde;

So daß ich schwerer keine Last empfinde

Und meine Waffen keinem Zorn erliegen.

So mag nach alter Weise meinetwegen

Amor, Madonna, Welt, Geschick verfahren;

Doch denk' ich stets nur Freuden zu erwerben.

Glüh', sterb' und schmacht' ich auch; ein holder Pflegen.

Als mein's, ist unterm Mond nicht zu gewahren;

So süß erweist die Wurzel sich des Herben.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 23-24.
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