Einhundert zwey und siebenzigstes Sonett.

[13] Reißender Strom, der du aus Alpenquelle

Rauh dannen ziehst, daher du Rhodan heißest,

Und Tag und Nacht verlangend mit mir reisest,

Dich treibt Natur, mich Lieb' an gleiche Stelle.

Geh' du voraus: nicht zügelt deine Schnelle

Ermattung, Schlaf. Und ehe du erweisest

Sein Recht dem Meer, beachte, wo du kreisest

Um frisch'res Grün, in rein'rer Lüfte Helle,

Da strahlt unsrer lebend'gen Sonne Klarheit,

Die deinen linken Strand schmückt und umkleidet;

Vielleicht, daß sie bey meinem Zögern leidet.

Küß' ihr die schöne weiße Hand, die Füße!

Sag' ihr, der Kuß sey statt der Worte Süße!

Der Geist ist willig, schwach das Fleisch in Wahrheit.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 13-14.
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