Zweyhundert zwey und siebenzigstes Sonett.

[67] Mein Geist, der du, vorahnend deine Klagen,

In froher Zeit schon mit so ernstem Sinnen

Nachdenklich in geliebten Blicken drinnen

Dir Ruhe suchtest für die künft'gen Plagen,

Nach Wort, Gesicht, nach Kleid und nach Betragen,

Nach dem mit Schmerz vermischten neuen Minnen

Konntest du sprechen, wardst du Alles innen:

»Der letzt' ist dies von meinen süßen Tagen!«

Wie süß war, arme Seele, die Erfahrung,

Als wir entbrannt, da ich die Augen sahe,

Die ich nie wieder sollt' in's Auge fassen.

Als ihnen, wie zwey Freunden, treu und nahe,

Scheidend die werth'ste Bürd' ich in Verwahrung,

Mein theures Denken all', mein Herz, gelassen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 67-68.
Lizenz:
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