Rübezahl hütet Schaafe.

[16] An 45. dieses Seculi sind drey Metzger aus Böhmen in Schlesien über das Gebürge gegangen / da haben sie in der nähe einen Hirten mit wackern grossen und fetten Schaaffen weyden gesehen: Weil sie nun im wandern drauff bedacht gewesen / daß sie ein Stück oder etliches kleines Viehes verschaffen und nach hausse bringen möchten; siehe / so gehen sie in solchen Gedancken nach den erblickten Schäfer hin / und handeln umb ein dutzend Hämmel: Drüber sie auch endlich eins worden / und das Geld eilends baar zahlen / weil sie gar wolfeil denen Vorkäuffern angekommen und[16] gedeuchtet hatten. Nach geschehener Handlung verlassen sie den Corydonischen Rübezahl / und treiben ihre Hammel immer für sich hin / welche vervecum in patria, crassoqve ex aere nati waren. Aber wie sie eine Ecke fortgerathen waren / da trägt es sich zu / daß ein frembder Hund hinter sie hergesprungen kömpt / nach solchem sehen sich die alberne Schöpfe ümb / und wollen sich für den anfallenden Strassenröckel ihrer Haut wehren; aber wie sie sich erstlich rücklings umbsehen / da fehlet erstlich der befürchtende Hund: als sie sich aber wieder vorwarts wenden / da mangeln die Hammel / und sind aller Sachen beraubet / in dem sie auch hierüber ihre vorige Baarschafft dem Rübezahl zugewendet hatten. Nach erfahrnem Betrug fangen die Metzger greulich an zu schmelen / und auff den Verfortheiler zu schelten / da der Rübezahl sich alsobald nicht faul hat finden lassen / sondern die Diebischen Lästerer[17] unerhört ausgepantzerseget / und höhnisch durchgezogen hat. Unter andern sprechende; Ihr schlimme Vocativus, ihr Hudler / euch ist gar recht geschehen / daß ihr antzo ein wenig von eurer Schinderey eingebüsset habt / wer hat euch geheissen / daß ihr im verkauffen die Leute übersetzen sollet / daß ihr die Beine vor Fleisch mit verkauffet / und in eure Würste lauter Blut und Schweiß einfüllet / welches ihr Schelme und Lästerbuben kaum selber fresset / wenn euch auch schon die gröste Hungersnoth übertreffe. Warumb leuet ihr vortheilhafftigen Lümmel / allerhänd Lümmelwerck /Leber und Lunge und allen Qvarck zu guten Fleische / daß ihr es nur miteinander loß werdet / und den Leuten gut und böses beyschmieret? Traun / von diesen Hammeln solt ihr wohl keinen ungebührlichen Pfennig samlen: Von meinen Schaaffen / solt ihr euch nichts verschaffen; Geht ihr Bauerflegel / und gebet was das[18] Fleisch wieget: Verkauffet dem Lunge / der Lunge haben wil / und demselben Fleisch / der lauter Fleisch begehret. Die Beine und das Blut / das fresset ihr Galgendiebe selber in den Halß hinein / und betrüget keinen redlichen Menschen damit. Bißhero die Ausfensterung des Rübezahls / welche ich von einem Metzger Jungen / der domahls bey den Lästerern gewesen / eigentlich vernommen habe: Und von sie umb all die Wunder (nemlich von den verhöneten Meistern selber) sonsten wol nicht würde erfahren haben / so ferne es mir ihr Schaäffmatz nicht verständiget hätte. Wo sind aber die Lästerer geblieben? wo sie nicht fortgegangen seyn / so stehen sie noch da / und werde vielleicht von dem Rübezahl noch ein wenig drüber geprügelt / wie ich mich denn bedüncken lasse / daß ich gleich eines Ochsens Stimme höre / der sich über die Schläge beklaget.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 16-19.
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