Rübezahl machet einen gefundenen Schatz zweiffelhafftig.

[175] Ein frembder Wandersmann sol vor Jahren auff dem Riesen-Gebürge gegangen seyn / und unterweges sol er etwas haben blinckern gesehen / darnach er sich denn weiter bemühet / tieffer in die Erde gescharret /und einen ziemlichen Topff voll Gold heraus gehoben haben; den er zu sich genommen /[175] und mit frohem Gemüthe davon gegangen / biß er ein wenig abseits gerathen / da er in geheimb das Geld völliger hat wollen besichtigen / und miteinander hat wollen zehlen. Aber wie er wil drüber her seyn / und den Topff entdecket /da warens lauter Kohlen: Drüber er erschrickt / und nicht weiß / wie er mit dem Plunder dran ist. Doch verzweiffelt er dennoch nicht gar / sondern hoffet auff ein bessers Tandem, und gehet mit seinem Topffe immer weiter: Der aber über alle Massen schwer wird / daß er sich nicht getrauet damit fortzukommen / derentwegen er denn noch eine Inspection hält / und seinen Topff was genauer betrachtet / da er lauter Kieselsteine gewar wird: Von solchen hat er eine ziemliche Parthey verstreuet / und mit den übrigen weiter gehet /biß er vom Gebürge nunter gerathen / und zu seiner[176] Behausung gelanget: Wo er mit besserer Hoffnung und Außgange seinen Topff visitiret, und eitel Ma rien-Groschen eines Schlages bey 1500. drinnen findet. Aus diesen und vielen hundert andern Fällen mehr / gibt der Rübezahl zu erkennen / daß man es mit dem Verse des Virgilii halten solle / welcher also lautet:


Durate, & vosmet rebus servate secundis.


Das ist / man sol nicht flugs stutzigt werden / seinen hitzigen Peters Kopff auffsetzen / wenn es nit also bald von statten gehen wil: Sondern dem Glücke etwas ausdauren / und Besserung erwarten: Denn Hoffnung lässet nicht zu schanden werden. Auff diese Weise procediret der Rübezahl in gemein.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 175-177.
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