Rübezahl verblendet etliche Tuchhändler.

[127] Aus Halle hat mir folgendes ein glaubwürdiger Kürschner erzehlen lassen / daß etwan vor 30. Jahren drey Tuchhändler über das Riesen-Gebürge gereiset /da sie unterwegens der Rübezahl freundlich angebacket / und bescheiden gefraget hat: was ihr Gewärbe wäre / und wohin sie gedächten? Drauff sie sämtlich geantwortet: Wir haben Tuch feil / und wollen solches in Böhmen bringen; Worauff der Rübezahl begehret /daß sie ihme ihr Tuch weisen möchten; Weil er es auch bedürfftig were / und gerne davor zahlen wolte was recht und billich sey. Auff solche inständige Anhaltung sol ein ieder sein Packet auffgemachet haben: Da[127] auch der Rübezahl alsobald von einem iedweden etliche Elen Tuch gekaufft und abgehandelt gehabt: Nemlich von einem vor zwölff / vom andern vor sechzehen / vom dritten für zwantzig Thaler: Welches Geld er ihnen / dem Scheine nach an baaren guten Ducaten bezahlet hat; damit sie davon gewandert /und ihren Weg weiter haben wollen fortsetzen. Aber siehe was geschicht? Wie sie förder gekommen / und ungefehr / ich weiß nicht aus was Ursachen / die empfangene Müntze besichtigen wollen; Da befinden sie mit einander / daß die vermeineten Ducaten waren lauter Zahlpfennige gewesen: wozü er sie erschrecken / den Weg wieder zu rücke nehmen / und nach dem vorigen Ort wieder hintrachten / da sie gleichsam waren vervortheilet geworden: Wie das geschehen /da treffen sie an solcher Stelle eine Kutsche an mit 6. Pferden / drinnen vornehme Persohnen gesessen / (es war aber des Rübezahls sein Gespücke gewesen / von solchen lencket sich einer über den[128] Schlag heraus /und erfraget von dem herzunahenden Kauffleuten /was sie begehreten? diese sprachen: Wir haben vor kurtzer weile allhier an diesem Orte einem vornehmen Herrn Tuch verkauffet / dafür wir zwar unserer Meynung und Augenschein nach / Ducaten empfangen haben; Aber wie wir sie hernach zum andermal betrachtet haben / da sind wir innen geworden / daß es Zahlpfennige gewesen. Der Rübezahl antwortet: weist mir doch das Geld; Aber wie sie es heraus ziehen / da waren es nicht noch Zahlpfennige gewesen / sondern wieder Ducaten geworden; Die der Rübezahl zu sich genommen / und drauff also geredet hat: Wie ist es denn mit euch / könnet ihr denn nicht sehen / was Gold oder Messing ist? Ihr sehet es ja selber mit euren Augen / daß es gute Ducaten seyn! Doch weil ihr solches Geld nicht wollet: sehet / so wil ich euch Reichsthaler geben. Welches er denn auch gethan /und die Kauffleute damit befriediget hat hinweg gehen lassen: Aber[129] wie sie damit von neuem eine Ecke fürder gerathen / und aus curiosität das Geld noch einmal beschauet haben; da ist ihnen fürgekommen / wie sie an statt der Thaler nur Scherben hetten. Drüber sie zum andernmal bestürtzt geworden sind / und nicht minder sich auff den Rückweg gemachet haben / den vorigen Betrieger zu suchen / und besser Geld zuholen. Drauff es denn geschehen / daß sie abermal an vorige Kutsche gekommen; drauß der Bekandte her gegucket / sie angeredet / und ihr neues Anliegen zuentdecken begehret. Deme sie denn auch flugs erzehlet haben / wie ihr Geld zu lauter Scherben sey geworden / daß sie noch einmal für etwas bessers austauschen / oder ihr Tuch wieder nehmen wolten. Denen aber der Rübezahl ernstlich geantwortet: sie solten sich packen / er hette sie einmal bezahlet / und wolte ihnen gar miteinander nichts weiters geben. Sie solten nur nach Hause gehen / und sich unbekümmert lassen / er hette sie nicht betrogen / er würde schon gut werden.[130] Aber hiemit haben sie sich nicht wollen abweisen lassen / sondern demütig angehalten umb Verbesserung; Und sonderlich hat einige dergleichen Veränderung gebeten ein alter Mann unter ihnen / der kläglich vorgewendet: Er möchte ihn doch nicht betriegen / er hette zu Hause so und so viel kleine Kinder / die noch unerzogen weren / zu deme hette er auch sonsten nicht viel übriges / er möchte sich doch seiner erbarmen / und seinen Schaden nicht begehren. Drauff der Rübezahl abermal nicht anders gesprochen / als daß er solte zu frieden seyn / ihn ungehudelt lassen / und nur nach seiner Heimat gehen: Er hette keinen betrogen / es würde schon gut werden / und sich zu letzt ausweisen. Und hiemit hatten die Kauffleute (Dubii inter spem & metum,) ihr Abtrit müssen nehmen /welche doch aber alle und iede nach abgelegte Reise in ihrer Behausung befunden haben / daß die gedachten Scherben gute und gültige Reichsthaler gewesen; Drüber sie wie er erfreuet[131] geworden / und sonderlich weil sie sich besonnen / daß sie ihr voriges Tuch sehr theuer loß geworden weren / und mehr nicht alleine begehret / sondern auch empfangen hetten / als sonst von irgend einem andern. Mercke du aber / daß diese Vertheurung und unbillicher Kaufschlag vielleicht die Ursach kan gewesen seyn / daß sie der Rübezahl eine weile geäffet / und die Augen verblendet gehabt. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 127-132.
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