Rübezahl verehret den Bettlern was.

[36] Unlängsten sollen ihrer drey armer Leute über das Gebürge gegangen seyn / aus Böhmen in Schlesien; welche unterwegens den Rübezahl in Gestalt und Auffzuge etwan eines Grafen oder Freyherrens in einer prächtigen Kutsche fahrend angetroffen: Zu solchen haben sie sich mit einander hingemachet / demütig suppliciret / und umb eine geringe Verehrung gebeten; darzu sich dann auch gar leichte der verstellete Rübezahl beqvemet hat: In dem er einen iedwedē insonderheit eine Gabe in Pappier eingewickelt überliefert hat / darbey erinnerde / daß sie solches nicht eröffnen möchten / ehe und bevor sie in die nechste Herberge eingekehret hätten. Aber was geschicht? Und was thut der Vorwitz nicht? Denn einem von diesen Leuten gelüstet auff dem Wege zu besehen /machts derentwegen auff; und findet[37] nichts anders als einen Zahlpfennig: Drüber er ergrimmet wird / und den Qvarck für allen Henger hinweg wirfft. Der ander / deme dieses unbewust / hält etwas ferner mit seiner Eröffnung ein: Doch kan er dennoch das Wirthshaus nicht erwarten / ob er schon nahe gewesen: sondern machet ebenmässig aus curiösität sein Geschencke vor dem Dorffe auff / und findet zwey Groschen im Papier: Welches er den andern beyden zeuget. Drauff der letztere spricht / nun das ist gut / vielleicht habe ich auch einen Trinckpfennig bekommen; Ich wills aber nicht eher besehen / als wenn ich zur Stelle gerathen bin; Da er denn in seinen Maculatur zwey Ducaten gehabt: Drüber sich die übrigen betrübet gehabt /daß sie aus Heißhungrigkeit auch ihr Glücke nicht hatten erwarten können; sondern wider des Gebers Gebot das Geschencke zu früzeitig besichtiget / und derentwegen theils wenig / theils gar nichts angetroffen hätten.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 36-38.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil