Rübezahl verschüttet ein Huff-Eisen.

[33] Vor etlichen Jahren sollen etwan vier Zimmer-Knechte über das Riesen-Gebürge gezogen seyn; welche kurtz vor sich her einen wackern Caballier reitend gesehen / hinter welchen sie[33] auch flugs drein gegangē seyn. Darbey soll es sich bald begeben habē / daß der gedachte Reuter (der Rübezahl war es aber gewesen /ein Huffeysen verlohren / oder von des Pferdes Fusse fallen lassen. Solches soll vor die lange weil der eine Bursch auffgenommen haben / zu sich gestecket / und verwahret gehalten; gedenckende: daß er noch leichte eine Kanne Bier irgendwo darvor bekommen möchte. Aber er hat die Sache höher hinaus gebracht; Denn wie er nunmehr durstig gewesen / und kein Geld zu zahlē gehabt / da hat er sein Huffeysen hervor gesucht / und den Kretzschmar / welcher es benöthigt gewesen / übergebē wollen; Aber da wird er gewar / daß es nicht mehr eysern / sondern lauter Gold gewesen: Drüber er von Hertzen erfreuet wordē / und wacker angefangen zu lachen / nach dem alten Sprickwort: Du lachest / als wenn du ein Huffeysen gefunden hättest. Hat es also sonsten Wichtigkeit / bey Erfindung der Huffeisen zu lachen / so hat es[34] sich traun der Mühe allhier wacker verlohnet; Sintemahl er ohne sonderliche Bemühunge einen grossen Schatz gehoben. Da hingegen etliche Abentheuer / durch unmässige Bemühung mit dem Huffeisen gar ein schlechtes erhalten. Nemlich / ich weis mich zu entsinnen / daß ich allhier zu Leipzig einmal einem Kerl zugesehen /welcher sich auff einen bretern Boden rücklings nieder legete / und oben über seine entblösete Brust einen grossen Mülstein legen ließ / welchen kaum vier Menschen heben könten. Ferner ließ er über den auffgelegten Mühlstein ein neues / und fürwar noch zweymal so dickes Huffeysen / als sie sonsten seyn /durch drey grosse Schmiedeknechte mitten entzwey schlagen: Drüber der unterliegende Kerl immer stille lag / und die Last trug / ohne daß der Mühlstein ein paar mal mittlerweile abgehoben ward / damit der nothleidende verpauset / wieder zu sich selber kam /und sich erqvickete: Und drauff bald den gedachten[35] Mühlstein abermal auff seine Brust legen ließ / biß das Huf-Eysen endlich in zwey Theile geschlagen ward. Vor solche Bemühung und schwere Last mochte der arme Stümper etwan ein Thaler oder sieben von den gegenwertigen Anschauern bekommen: Hingegen aber / was er für eine molestie und Angst hat außgestangen / ist leicht præsumirlich und zu ermessen. Denn vors erste war es ein greuliches und unmenschliches / den sehr schweren / dicken und breiten Mühlstein auff der blossen Brust eine lange weile zu tragen; ich geschweige die vielfältigen derben und hefftigen Hammerschläge zu erdulden / die leicht über hundertmal wiederholet wurden / ehe das Huf-Eisen getheilet ward.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 33-36.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil