Von der siegreichen Aufferstehung Jesu Christi

[272] So lebstu, Jesu, gleichwol noch

Und hast das kurtze Todes-Joch

Mit Ehren unter dich getreten?

Es legte dich das fromme Paar

Mit vielen Thränen auff die Baar,

Von deinen Feinden loßgebeten,

Und senkte dich ins harte Grab

Fast ohne Trost und Hoffnung ab.


Wie jauchtzte doch die Hölle da,

Als sie dich so gefangen sah,[272]

Wie dreute Satan deinen Schafen,

Da er den Hirten hatt' erlegt!

Der Himmel selbst stand unbewegt,

Da du, sein Führer, eingeschlafen,

Und dieses große Gantz' erbebt,

Als sein Erhalter überlebt.


Sieh aber, wie das Blatt sich wendt;

Kaum ist der andre Tag geendt,

So brichstu dich auß deinen Banden,

Eröffnest dein verschloßnes Grab,

Fuhrst wie ein Sieger Höllen-ab

Und machst ihr gantzes Heer zu Schanden.

Ach Jesu, ein Triumph und Streit,

Dem keiner gleichet bey der Zeit.


Es kamen deine Freund' herbey

Und brachten mit sich Specerey

Zu salben ihren lieben Todten;

In dem bricht Blitz und Bebung ein

Und weltzt vom Grabe weg den Stein,

Zugleich sind da die Sternen-Boten,

Die zeigen Stell' und Leinen für

Und sagen, daß du nicht mehr hier.


Des Himmels Licht war nicht empor,

So kömmstu, ew'ge Sonn', hervor

Und führest hinter dir gefangen

Die überstrebte Sünden-Nacht

Und aller deiner Feinde Macht;

Mit was für hertzlichem Verlangen,

Mit was für Freuden, theurer Held,

Wirst du uns also vorgestellt!


Der Kampff, die Angst, der Hohn war dein,

Der Sieg, der Nutz, die Ehr' ist mein;[273]

Nicht hastu dir nicht überwunden,

Ich und wir All, die du befreyt,

Wir theilen uns die schöne Beut'

Und freuen uns der harten Stunden,

Da du die auffgebürdte Last

Biß auff das Blut getragen hast.


Der Himmel war vorher schon dein,

Nur daß er unser möchte seyn,

Weil wir in Eden ihn verloren,

So warbstu ihn mit dem Beschwer.

Der Tod, die Höll' und all' ihr Heer

Hat dir ohn das die Pflicht geschworen,

Nur weil sie uns stets obgesiegt

Hierum hast du sie, Herr, bekriegt.


Du bist nun wiederum erhöht

In deiner ewgen Majestät;

Wer kan die Länge deines Lebens

Und alle deine Herrlichkeit

Von uns ermeßen bey der Zeit?

Ach Jesu, dies ist nicht vergebens,

Wir haben auch, erwünschtes Heyl,

An solchen Ehren unser Theil.


Du bist das Haupt, die Glieder wir,

Wohin du, Herr, uns gehest für,

Da müßen wir uns hinbegeben;

Wir trincken auch den sauren Bach,

Daher nach allem Ungemach

Wir unser Haupt nach dir erheben

Und dein hochheiligs Sieges-Kleid

Anziehen bey der Ewigkeit.


Ach, gib uns hie nur deinen Geist,

Der uns zur rechten Bahn anweist,[274]

Auff welcher wir dir folgen mögen;

Wir sind gantz todt in unsrer Schuld,

Erheb' uns du durch deine Huld,

Auff daß wir uns nicht widerlegen,

Ohn deiner Beyhülff stehn wir All

Nicht anders, als auff steten Fall.


Thut sich die Welt denn wo herfür

Und sucht den Adam noch in mir,

So laß mein Hertz die Antwort geben,

Er sey erstanden und nicht hier,

Gleich, liebster ander Adam, dir,

Ich sey nicht todt, ich sey im Leben,

Im Leben, welches ich zur Gnüg

Auß deinem süßen Tode krieg.


Den traurigen Unglaubens-Stein

Weltz du von meines Hertzens Schrein,

Die Tücher aller Zeitlichkeiten

Leg, wenn ich auffersteh, bey Seit

Und laß das weiße Himmels-Kleid,

Drinn deine Diener dich begleiten,

Das mir dein Blut hat angethan,

Mich stets allein behalten an.


Schreckt dennoch hie der Satan mich,

So zeig mir, mein Erlöser, dich

Und heiß mich gutes Muthes leben;

Stellt sich mir meine Sünde für,

So sprich, Herr: Friede sey mit dir,

Ich habe sie dir schon vergeben.

Und bleibt dennoch die Furcht bey mir,

So zeig mir deine Wunden für.


Wie aber ehr', o Jesu, ich,

Für diese große Gnade dich?

Du darffst hie keiner Specereyen,

Du lebst, du darffst der Salbung nicht;[275]

Ach Herr, ich will mein Lob-Gedicht

Dir biß ans Grab dafür verleihen,

Verschmähe doch nicht solche Gab',

Indem ich nichtes Beßers hab.


Es klingt annoch zwar mehr als schlecht;

Was kan ich armer Sünden-Knecht

Doch bey der Erden Gutes geben?

Zieh die mir, Jesu, durch dein Grab,

Zieh die nach meinem Wunsch mir ab

Und bringe mich zu deinem Leben

Und höre denn geneiget an

Mas ein dankbarer Tichter kan.


Am dritten Tag erstundest du,

Der Tag des Leidens und der Ruh,

Die beiden müßen vorher gehen.

Mein Leidens-Tag quält wohl mich ab,

Den Ruhe-Tag giebt mir das Grab,

Den ich ohn Fäule nicht kan sehen;

Ach, gib, daß eins mein Oster-Tag

Mich desto mehr erfreuen mag.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 30, Stuttgart [o.J.], S. 272-276.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aristoteles

Nikomachische Ethik

Nikomachische Ethik

Glückseligkeit, Tugend und Gerechtigkeit sind die Gegenstände seines ethischen Hauptwerkes, das Aristoteles kurz vor seinem Tode abschließt.

228 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon