Großes aus Kleinem

[13] Du sagest mir: »O nicht zersplittre

In Lieder dich! web' ein Gedicht!«

Ich aber sage dir: Verbittre

Mir die unschuld'ge Freude nicht!

Sieh hin, wie auf der Aue[13]

Der Sonne Licht sich bricht

In jedem Tropfen Taue!


Wenn ich mich kann in Tropfen spiegeln,

Was soll ich Teiche legen an?

Und Meere stürmisch aufzuwiegeln,

Scheint vollends mir nicht wohlgethan.

Mir gnügt's am leisen Klange,

Den ich gewann zum Bann

Jedwedem Herzensdrange.


Ein Teppich scheinet mir mein Leben,

Und immer sticket meine Hand;

An welcher Stell' ich auch mag weben,

Am obern oder untern Rand;

Zuletzt, wo so viel Kleinstes

Sich still verband, entstand

Ein Großes, Allgemeinstes.


Quelle:
Friedrich Rückert: Werke, Band 2, Leipzig und Wien [1897], S. 13-14.
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