Die Thränenbäche

[336] Ich zanke mit Thränenbächen

Des Auges Tag und Nacht,

Die aus dem Hause brechen

Mit ungestümer Macht.


Ich frage sie immer und immer:

Wohin denn gehet ihr?

Und andres erfahr' ich nimmer,

Als daß sie gehen zu dir.


Und wollt ihr denn niemals wandern

Nach anderm Ziel, als dem?

»Befiehl, nach welchem andern

Wär' es dir angenehm?«


Ich weiß auch keins, das besser;

Geht nur zu ihrem Fuß[336]

Und bringt auf euerm Gewässer

Ihr diesen seufzenden Gruß.


Quelle:
Friedrich Rückert: Werke, Band 1, Leipzig und Wien [1897], S. 336-337.
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