Siebzehnter Auftritt

[565] Vorige. Rosa, auch zum Fortwandern gerüstet, mit einigen Bündeln, einem Sonnenschirm.


ROSA. Was tust denn, Valentin? So laß ihn gehn. Ich hab ja ghört, du bist betrunken?

VALENTIN. Wer hat dir das entdeckt? Ha! ich bin verraten.

WOLF. Jetzt packt euch! Beide.

VALENTIN. Sollen wir uns selber packen? Nein! wir packen ihn.

ROSA. Schäm dich doch!

WOLF. He Bediente! Bediente kommen. Jagt dieses Lumpenpack hier aus dem Haus. Ich befehl es euch im Namen unsres gnädigen Herrn. Geht ab.

VALENTIN geht auf einen Bedienten los, welcher mit dem Kammerdiener Ähnlichkeit in der Kleidung haben muß. Was? hinauswerfen willst du uns lassen? du schändlicher Verräter!

ROSA. Was treibst denn da?[565]

VALENTIN. Laß mich gehn. Der Kammerdiener hier muß unter meinen Händen sterben.

ROSA. Es ist ja nicht der Kammerdiener!

VALENTIN. Nicht? das macht nichts. Es wird schon ein anderer Spitzbub sein.


Bediente lachen.


ROSA will ihn fortziehn. So geh doch nur!

VALENTIN. Er soll sich nicht für den Kammerdiener ausgeben. Dieser Mensch, der in die Kammer gar nicht hinein darf.

BEDIENTE. Jetzt fort! wir haben mehr zu tun.


Chor.


Fort, nur fort! Packt euch hinaus!

Ihr gehört nicht in dies Haus.

Denn das heißt man zu viel wagen,

So gemein sich zu betragen,

So zu trinken

Bis zum Sinken.

Fort hinaus

Aus dem Haus!

ROSA.

Daß ein wenig Saft der Trauben

Einen Menschen, sanft wie Tauben,

Des Verstandes kann berauben,

Um ihn so hinaufzuschrauben,

Daß er 'n Hut nicht von der Hauben

Kann mehr auseinanderglauben,

Das ist stark doch, wenn S' erlauben.

VALENTIN.

Glaubt mir doch, ihr lieben Leutel,

Auf der Welt ist alles eitel,

Denn kaum trinkt man vierzehn Seitel,

Hat man schon kein Geld im Beutel,

Schnappt vom Fuß bis zu dem Scheitel

Zsamm als wie ein Taschenfeidel,

Alles eitel. Noch ein Seitel![566]

CHOR.

Ei, was nützt denn dieses Gaffen,

Fort mit euch, ihr dummen Laffen!

ROSA.

Geh und leg dich lieber schlafen!

VALENTIN.

Ich hab einen schönen Affen.

CHOR.

Macht uns nicht so viel zu schaffen,

Ihr müßt euch zusammenraffen,

Denn das wird uns schon zu kraus,

Fort mit euch zum Schloß hinaus!


Führen sie hinaus.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 565-567.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Verschwender
Der Verschwender
Der Verschwender
Raimundalmanach / Der Verschwender

Buchempfehlung

Wilbrandt, Adolf von

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die Geschichte des Gaius Sempronius Gracchus, der 123 v. Chr. Volkstribun wurde.

62 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon