Kapittel 42

[630] Wenn Gespenster üm uns stahn un dat Hus an tau wackeln fangt. En ollen Fründ as hülprike Engel. Noch twei gaude Frün'n as hülprike Engels. Dat 'ne Eddeldam kein Bur is, un dat dorüm Pümpelhagen up den öffentlichen Bott kümmt. – Anner Lüd' hollen ok wisen Rat un kamen tau den Sluß, dat, wenn de Sak mit Orndlichkeit taugeiht, de Großherzog nicks nich dorwedder hewwen kann. De Pomuchelsköpp up den Verbrüderungsball. Rewolutschon unner de Börgersähns. Vater Pomuchel opfert den Schaustergesellen sin eigen Fleisch und Blaud. Bräsig is falsch und süht sick för den Erzvader Abraham an. Hei will abslut nich König von Frankrik warden, un de ganze Verbrüderung löppt up 'ne Jack vull Släg' herut un up en Stachel in Pomuchelskoppen sin minschenfründlich Hart.


Den Sünndag nah de Hochtid was de junge Fru von Rambow des Morgens in ehre Wirtschaft beschäftigt un sach nah ehren Kram un schrew sick de Innam un de Utgaw in ehr Bauk an un satt dorbi in deipen Bedenken un wull schir verzagen vör unbestimmte Angst un Bangen, denn sei hadd't woll in't Gefäuhl, dat dat slimm mit Axeln stahn ded; äwer bet tau wecke Trostlosigkeit hei dörch sine unklauke Wirtschaft kamen was, kunn sei sick doch nich ahnen, denn wat sei sick ok fürchten un bangen ded, dat reckte doch lang' nich an de Würklichkeit ran. Sei kunn blot ut sin unbestänniges, hastiges Wesen, ut sine Unrauh, de em jagte un drew, up 'ne grote Verlegenheit vermauden. Dat dit de letzte Verlegenheit sin kunn, dat em dat Metz an de Kehl stunn, dat en lütten Taufall, en beten Böswilligkeit mihr em den Rest gewen kunn, dat wüßte sei frilich noch nich. Hei hadd ehr nicks seggt, hei hadd den Morgen anspannen laten un was up drei Dag' verreis't. Wohen? wotau? Dat wiren Fragen, de all lang' nich mihr äwer ehre Lippen kamen wiren, denn wat süll sei an 'ne Dör ankloppen, achter de nicks as Unwohrheit, Utflücht un Lägen lurten? – Sei klappte mit en Süfzer ehr Reknungsbauk tau un säd vör sick hen: »Was hilft mir[630] das alles? Frauenhände können den Einsturz eines Hauses nicht aufhalten.« Un as sei dörch't Finster Fritz Triddelfitz mäud un släprig äwer den Hoff wiwaken sach, let sei de Hän'n in den Schot sacken un säd: »Und auf dem ruht nun die ganze Wirtschaft, und es ist noch ein Glück, denn er ist ehrlich, und Hawermann hat ihn in der Lehre gehabt. – Ach, Hawermann! Hawermann!« rep sei ut, un Gedanken vull Trurigkeit un Reu' kemen äwer ehr un bannten sei in ehren Kreis. – Wer hett woll nich in sinen Lewen so'ne Stunn' hatt, wo so'ne Gedanken üm einen rümmer stahn as Gespenster ut vergahene Tiden un alltausamen mit de Fingern up de Fläg' wisen, wo dat Minschenhart swack worden is? Sei wiken un wanken nich, sei stahn as Wall un Muer un wisen ümmer up dat Flag un knüppen dine jitzige Not an dat Flag un raupen di in de Uhren: Dat is de Folg', worüm hest du dunn so handelt? – Un wat sei dahn hadd, hadd sei jo doch man ut Leiw dahn! Dor kihren sick äwer de Gespenster nich an – wat weit en Gespenst von Leiw?

As sei noch so satt, kamm Daniel Sadenwater herin un mellte den Herrn Riddergaudsbesitter Pomuchelskopp. – De Herr wir jo nich tau Hus, säd Frida. – Dat hadd hei ok all seggt, säd Daniel, äwer de Herr Pomuchelskopp hadd utdrücklich seggt, hei wünschte de gnedige Fru tau spreken. – »Ich werde gleich kommen«, säd Frida. – Dat hadd sei süs woll nich seggt, wenn sei sick för den Ogenblick nich girn de bösen Gedanken von den Liw' hadd schaffen wullt, denn Pomuchelskopp was ehr in de Seel tauwedder, äwer't was doch en Minsch in Fleisch un Bein, 't was doch kein von ehre grisen Gespenster.

Äwer sei hadd't doch nich dahn, wenn sei wüßt hadd, wat ehr bevörstunn. – Pomuchel hadd all vördem un taum Sluß desen Morgen noch wisen Rat mit Daviden un Slus'uhren hollen, un sei wiren doräwer äwerein kamen: dat beste wir, wenn hei dat Gaud unner de Hand Axeln afköffte, »denn«, säd Pomuchelskopp, »kümmt dat Gaud up den Bott, denn driwen sei mi dat in de Höcht. Ach, denn ward mi dat in de[631] Höcht drewen, ach, denn kamen de ollen Eddellüd' – dor sünd weck mang, de hewwen so vel Geld – un sei laten jo nich von enanner – sei hacken tausam as de Kliben –, de sünd in'n Stan'n un betahlen sine Schulden, wenn't taum Klappen kümmt, oder köpen't för em wedder.« – »Sei warden sick häuden«, säd Slus'uhr. – »Ne, ne!« rep Pomuchel, »wenn ick't unner de Hand krigen kann, dat wir taum besten. – Hei is so mör, so mör as en fulen Appel, un ick kenn em, hei kickt seindag' nich äwer'n Tun, hei langt blot man nah dat Negst, un wenn ick em en Stück Geld beiden dauh, wat em de Schulden von den Hals' schafft un em noch en beten äwrig lett, denn langt hei tau.« – »Sei vergeten blot eins«, säd de Notorjus, »sei is ok noch dor.« – »Ach, sei weit nicks dorvon«, säd Muchel. – »Dat's Ehr Glück, süs wiren Sei so wid nich kamen. Sei hett mi mal – dunn, as de Geschicht mit dat stahlene Geld was – mit en por Ogen ankeken, de verget ick meindag' nich wedder.« – »Nu«, säd David, »was is? Sie is 'ne Frau – nich 'ne Frau as de Frau Pomüffelskoppen, denn das is 'ne grausam gescheute Frau – sie is 'ne Eddelfrau, sie weiß viel, sie weiß nichts, sie weiß gar nichts. – Is er geworden mürb, nu, so muß sie auch werden gemacht mürb.« – David slog mit sine Ansicht dörch: ja, wenn de arme Fru nu so Slag up Slag allens tau weiten kreg, denn müßt sei woll mör warden, den würd sei sick nich gegen einen Verkop stemmen, un't würd utmakt, Pomuchelskopp süll den Anfang maken, un de annern beiden süllen folgen, desen Morgen noch: Axel wir nich tau Hus, dat wüßten sei.

As de junge Fru von Rambow tau Pomuchelskoppen in de Stuw' kamm, sach Pomuchel so sachtmäudig und so weihleidig ut, as wir hei en Gottspreister un wull sei wegen den Dod von ehr leiw Mutting trösten, hei reckte ehr mit so en herzlichen Ruck de beiden Hän'n entgegen, as wull hei ehre Hand in sine nemen un wull sei so recht tru drücken. As hei äwer de Hand nich kreg, folgte hei sine beiden tausam un kek sei mit de ollen fetten Ogen so väterlich an as 'ne Krokodill, wat grad anfangen will, los tau rohren. – Hei wir kamen, säd[632] hei, as olle Fründ, as true Nahwer, un hadd den Herrn von Rambow spreken wullt; de Sak hadd Il, grote Il, un dor de jung' Herr nich tau Hus wir, müßte hei notwennig mit de gnedige Fru reden. – 't wir em tau jämmerlich, dat hei as Nahwer nich helpen süll, wenn so en Unglück in Utsicht stünn as en öffentlichen, meistbeiden Verkop von Pümpelhagen. – Frida prallte von em taurügg un rep: »Verkauf von Pümpelhagen?« – Un nu sach Pomuchel würklich as 'ne unglückliche, unschüllige Mutter ut, de in'n Slap ehr Kind dod drückt hett: »Ach Gott!« rep hei as Antwurt taurügg, »was hab' ich getan! Ich glaubte, gnädige Frau wüßten schon ...« – »Ich weiß nichts«, säd Frida blaß, äwer fast, un kek den ollen Sünner an, as wull sei'n dörch un dörch kiken: »Ich weiß nichts, aber ich wünsche alles zu wissen. Warum soll Pümpelhagen verkauft werden?« – »Gnädige Frau«, säd de Herr Gaudsbesitter un wrüng sick ordentlich, »die vielen Schulden ...« – »Wem ist mein Mann schuldig?« – »Ich glaube vielen.« – »Ihnen auch?« – Un nu was't, as wenn in Pomuchelskoppen sinen Harten de Sleus' uptreckt würd, wo hei all sine Minschenfründlichkeit sörre lange Johren upstau't hadd, dat hei sei hüt recht ut den vullen äwer dat Pümpelhäger Hus utströmen laten künn. Ja, säd hei, hei hadd ok tau föddern; dat Geld äwer, wat hei tau Tiden vörschaten hadd, wir ut Fründschaft hergewen worden, un so süll dat ok bliwen. Hei wir hüt morrn blot räwer kamen, dat hei den Herrn von Rambow sinen gauden Rat gewen wull, woans sick de Sak woll dreih'n un wen'n let, dat de jung' Herr ut de Patsch kern. – So vel, as hei wüßt, wir't Moses, de up den Verkop bestünn, un wenn den dat Mul stoppt würd, künn de Sak sick wedder reihn. – Un as hei Afschid namm, säd hei noch recht truhartig mit so'n ihrenwirtes Koppschüddeln un vel Ogenplinken, as müßt hei Tranen taurügg drücken: wenn hei dat wüßt hadd, dat de gnedige Fru nicks dorvon weiten süll, hei hadd sick jo leiwer de Tung' utriten laten, as dat hei ein starbend Wurd dorvon red't hadd.

Wenn't 'ne Sak west wir, de ehr nich so neg' angung, wir ehr[633] de listige Falschheit in Pomuchelskoppen sin Wesen woll düdlicher in de Ogen sprungen, so hadd sei blot en düsteres Gefäuhl dorvon, tau en hellen Blick let de Angst un de Schreck sei nich kamen, ehr was tau Maud', as schüddelte en Irdbewen ehr Hus, as wullen de Wän'n, de ehr süs Schutz gegen Unweder baden hadden, up ehr tausam störten un sei un ehr Kind un dat beten Glück, up wat sei noch in de Taukunft hoffte, unner sick begrawen. – Sei müßte rut, in't Frie, in den Goren; un dor gung sei nu up un dal in de Sünnenhitt un set'te sick dal in den käuhlen Schatten un sünn un sünn, un ehr was tau Maud', as hürte ehr de Schatten nich mihr, den de Böm smeten, un as hürten ehr de Blaumen nich mihr, de tau ehren Fäuten bläuhten, de sei sülwst plant't hadd. – Sei satt up de sülwige Bänk, up de mal ehr oll Swigervader, de Kammerrat, seten hadd, as hei Hawermannen sine Not klagte, dunn hadd Hawermann hulpen – wo was nu Hawermann? – De sülwigen Böm gewen ehr Schatten, de sei tauirst seihn hadd, as Axel ehr ut de Fiern mit Stolz dat schöne Gaud wis't hadd – wo was dese Stolz blewen? Wo blew dat Gaud? Wen hürten nu de Böm? – Sei set en Ogenblick dor, äwer dese Ogenblick durte twei Stun'n; sei wüßt't nich. – Sei hürte Tritten up den Gürlitzer Kirchstig, sei wull gahn; äwer ihre sei furt kunn, stunnen de Notorjus un David vör ehr.

Slus'uhr verstutzte sick en beten, as hei de Fru so mit ein Mal vör sick sach, de hei quälen un martern wull, David grifflachte as en Ap, den unverseihns en Appel in de Hand follen is. – De Notorjus gung mit groten Respekt an de gnedige Fru ranne un frog mit en deipen Diener, wat de gnedige Herr woll nich tau spreken wir. – Hei wir verreis't, säd Frida. – »Wir müssen ihn aber notwendig sprechen«, säd David. – Slus'uhr kek Daviden äwer de Schuller an, as wull hei seggen: wenn du doch din dämliches Mul hollen wullst, säd äwer dat sülwige: »Ja, gnädige Frau, wir müssen ihn notwendig sprechen.« – »Dann müssen Sie am Mittwoch wiederkommen, am Dienstag kommt der Herr von Rambow zurück«;[634] un dormit wull sei gahn. – De Notorjus vertred ehr halw den Weg un säd: »Es ist nicht sowohl unsere Angelegenheit als die des Herrn von Rambow, die uns hierher führt; vielleicht ließe sich ein Bote nachschicken. Es ist wirklich ein höchst dringlicher Fall. Wir wissen einen Käufer für Pümpelhagen, einen durchaus sichern Mann, der aber binnen drei Tagen vorläufige Resolution haben will, ob der Herr von Rambow das Gut unter der Hand verkaufen oder ob er es auf ein Meistgebot an dem Verkaufstermin ankommen lassen will. – Der Herr hier ist der Sohn von Moses, der sein Geld zu Johannis gekündigt hat und dringend durch mich, seinen Geschäftsträger, zu dem Verkauf unter der Hand raten läßt.« Dit log hei natürlich all. – De junge, schöne Fru stunn still dor un kek de beiden Halunken an; de irste Schreck was verwunnen, un nu bömte sick in ehre unschüllige Seel de ganze Stolz gegen ein unverschuldetes Unglück tau Höcht. – »Gnedige Frau«, säd David, de 'ne Tidlang unner desen Blick in grote Verlegenheit an sine goll'ne Uhrked rümmer knäselt hadd, »bedenken Se: da is mein Vater mit de siebentausend Taler – mit de Zinsen und de Kosten werden's acht –, da is der Herr Pomüffelskopp mit de achttausend Taler, da sind de Handwerker aus Rahnstädt – nu, wir haben de Rechnungen bei uns – sind auch ein dreitausend –, denn sind noch da die Wechsels, und denn sind noch da an die zehntausend – na, was weiß ich – meinetwegen bei Israel in Schwerin. – Wenn Se nu verkaufen an en sichern Mann und Se verkaufen de Möbels und de Betten und das Leinzeug, können Se haben noch überweg zehntausend Taler, nu auch elf-, nu meinentwegen auch zwölftausend Taler. Und wenn Se nu ziehn nach Rahnstädt und Se mieten sich ein, haben Se mit nichts zu tun un können leben as 'ne Gräwin.«

Frida säd nicks, makte de beiden Gesellen en kollen Diener tau un gung in't Hus. Nicks makt en grotes, braves Hart mihr dortau beschapen, sick gegen de Sorg' un de Qual von dese Welt koltbläudig tau wehren, as wenn de Welt em so recht in ehre niderträchtige Gemeinheit entgegentrett. Denn böhrt[635] sick de Faut, üm de Adder up den Kopp tau pedden, un de Stolz un de Ihr un dat gaude Gewissen smiten allens rute ut den Harten, wat dor vördem unrauhig in wirkt un wewt hett, un denn is kein Strid mihr dorin, denn is dor käuhle Rauh; äwer Kirchhoffsrauh.

»Da geht se hin as 'ne Förschtin!« säd David. – »Sei Schapskopp, Sei!« säd Slus'uhr. »Na, so will ick doch meindag' nich wedder mit so en Däs'kopp en Geschäft bedriwen!« – »Nu, was is?« frog Dravid. »Haben wir's nicht gemacht ebenso mit dem Bauern zu Kanin, und hat er nicht gegeben klein bei?« – »Ja, bi'n Buren! Sünd Sei denn irst gistern up de Welt kamen, un weiten Sei noch nich, dat 'ne Eddeldam kein Bur is? – Wi wullen sei mäud un mör maken – ja, prost de Maltid! – den Nacken hewwen w' ehr stiwt. Wenn't em so äwer den Hals kamen wir, hei hadd tau allens ja seggt; äwer«, set'te hei mihr för sick as för Daviden hentau, »'t giwwt würklich Minschen un – wohrhaftig! – sogor Frugenslüd', de en würkliches Unglück irst recht fastmakt.«

As sei bi den Herrn Riddergaudsbesitter ankemen un de nu tau weiten kreg, woans sick de junge Fru anstellt hadd, geröd hei in grote Not: »Herre Gott doch, ne! Wo is dat mäglich!« säd hei tau Daviden, »wer sleiht denn ok in so'ne heikliche Sak glik mit de Plumpkül dormang? – Ji hadd't mihr bohren un prickeln un ängsten müßt, anstaats ehr glik ehr ganzes taukünftiges Loss vör de Ogen tau hollen. Herre Gott, ick hadd't all so schön in'n Gang; nu sält ji seihn, wenn hei nu tau Hus kümmt, denn ward sei em ok den Rüggen noch stiwen, un dat En'n ward sin, dat dat Gaud up den Termin kümmt.« – »Un denn köpen Sei't«, säd Slus'uhr. – »Ne, ne! Dat ward mi tau sihr in de Höcht drewen, un't liggt mi doch so schön an de Scheid'!« – So klagte de würdige Herr un judizierte mit de annern un höll weisen Rat, wo't warden künn un wo't makt warden müßt.

Un up en anner Flag tau Gürlitz würd ok Rat hollen; in Wewer Rührdanzen sine Stuw' seten desen Morrn Daglöhners un Daglöhnerfrugens tausamen, un de Red' gung rund,[636] nich hastig un hiddlich, ne! bedachtsam un bedenklich, äwer giftig. – »Na, wat seggst du, Brauder?« – »Je, wat sall einer dortau seggen? Furt möt hei, hei is en Minschenschinner! Nu, un du, Rührdanz?« – »Dor hest du recht, dat segg ick ok: furt möt hei! Äwer Lüd', ji sält seihn, sei bringen em uns wedder. Ja, wenn wi Poppieren doräwer hadden, dat hei nich wedder kamen dürft ...« – »Ach, mit din dämliche Poppieren!« rep 'ne grote, forsche Daglöhnerfru achter'n Aben rute, »wenn ji's Abends von de Stadt kamt un hewwt den Kopp vull Bramwin, denn willt ji allens erobern, un nahsten klappt ji tausam as en Waschlappen. – Wat? Ick möt min Gören mit en Snurrbüdel in'n Lan'n rüm schicken? Sörre drei Dag' heww ick kein Brod in'n Hus', as wat de Gören ranbröcht hewwen.« – »'t is doch up de Letzt en beten beter worrn«, säd oll Vatter Brinkmann. – »Ja«, rep Willgaus, »äwer ut Angst, nich ut gauden Harten. – Wi will'n nah den Hoff gahn, jeder mit en gauden Schacht, un denn will'n wi em mal ordentlich unsern Herrgott erkennen lihren, un denn will'n wi em äwer de Scheid' ledden un em en gauden Tritt mit up den Weg gewen: Da! nu reis'!« – »Wat?« rep Kapphingstsch, »un den Satan, dat Wiw, wat mi min Dirn wegen en oll Küken binah dodslagen hett, dat wullt ji hir laten?« – »Un de ollen Dirns«, rep 'ne junge Fru, »de uns quält hewwen, as wi up den Hoff deinten, un de in de Stuw', wenn Besäuk dor was, utsegen as de barmhartigen Engels un buten mit uns rümmer stödden as de leibhaftigen Deuwels, de süll'n hir bliwen?« – »De ganze Laut möt weg!« säd Willgaus. – »Ne, Kinnings, ne!« säd oll Vatter Brinkmann, »vergript jug nich an de unmünnigen Kinner!« – »Ja«, säd Rührdanzen sin oll Fru, de wat allein satt un Tüften tau Middag schellte, »Brinkmann, du hest recht, un ok Gustäwing möt hir bliwen; ick heww seihn, dat hei oll Schultschen heimlich en Virt Tüften bröcht hett; hei hett ok bi dat Tüftenun Linland ümmer en por Raud mihr mäten, as hei wull; un, Willgaus, süh! Din öllst Jung' dröggt jo noch 'ne afleggt Büx von em. Hei kann man nich so, as hei will; de Oll kickt em[637] tau sihr up de Fingern. – Ne, gegen Gustäwing un de Lütten, dor böhrt kein Hand tau Höcht.« – »Mutter, dat segg ick ok«, säd Rührdanz. »Un nu will'ck jug wat seggen: allens mit Orndlichkeit! De annern sünd nu nich hir, hüt abend will'n wi noch mal dorvon reden. Hei is nich tau Hus, Jehann Jochen hett de Glaskutsch parat maken müßt, sei willen hüt abend in de Stadt tau Ball führen; denn känen wi doräwer reden.« – »Ja«, rep de grote, forsche Fru achter'n Aben, »ja, reden un reden! Ji supt jug den Kopp vull Bramwin, un wi hewwen de Not. Schafft ji uns dat Volk nich von den Hals', denn dauhn wi dat, denn maken wi dat so, as anner Frugens in'n Lan'n dat all dahn hewwen; en Durnbusch un en Nettelstang' ward jo woll noch tau finnen sin.« – Dormit gung sei ut de Dör, un de Gesellschaft gung utenanner, »Birnhard«, säd Rührdanzen sin Fru tau em, »de Sak, de kann slimm uthaugen.« – »Dat segg ick ok, Mutter, un du hest ganz recht; äwer wenn de Sak in aller Orndlichkeit bedrewen ward, denn hett de Großherzog ok gor nicks dorwedder. Dat einzigste is man, dat wie keine richtigen Poppieren doräwer upwisen känen, äwer wenn hei sine Poppieren ok upwisen sall, dat warden ok schöne Poppieren sin.«

Rührdanz hadd recht; ob mit den Großherzog, dat weit ick nich, äwer mit de Glaskutsch un Pomuchelskoppen sine Ballreis' hadd hei recht, denn gegen Abend satt de Herr Gaudsbesitter mit sinen blagen Liwrock in de Glaskutsch, bi em satt sin brav Häuhning un sach in ehr gelbrun siden Kled ut as ein von ehre eigenen Schörtkauken mit allerlei eckige Randverzierungen, äwer dat Gaus'smolt von de Schörtkauken fehlte ehr, sei was drög un tag as en Ledderreimen, un ehr Gebein kläterte up den slichten Weg as en Büdel mit Hasselnät, de in den Rok hängt is. – Gradäwer seten de beiden leiwen Döchter, sihr schön upviolt, sihr schön; äwer sihr verdreitlich, dat Vating abslut dorup bestahn hadd, sei nah desen Ball, nah 'ne Ort Börgerball mittaunemen. Sei wullen sick äwer Vating taum Tort dorför ok gor nich amüsieren un wull'n dat Börgerpack as de Karnalljen traktieren; vörlöpig[638] leten sei unnerwegs ehren Zorn gegen Vating sine Schänen mit de dägten Tunnenbägel in ehre Kreolinen ut, de de Rad'maker hüt morrn mit hasselne Bandstöck hadd frisch intrecken müßt. – Gustäwing satt bi Kutscher Jehann Jochen vörn up den Buck.

Dat kann mi nu nich in den Sinn kamen, hüt abend all wedder mit mine hübschen Leserinnen up den Verbrüderungsball herümmer tau danzen, dortau bün ick all tau olt, un Rudolfen sine Hochtid is jo irst vör drei Dag' west, wo ick dat Mäglichste dahn heww. Ick will also man blot en beten taum Taukiken hengahn un ward mi an den schönen Sommerabend derowegent up de Bänk vör Grammelinen sinen Hus' setten; ick kann jo denn nahsten ok en beten nah den Saal ruppe gahn un en Glas Punsch drinken un kann mi dorbi jo ok en beten verbrüdern.

Hüt was grote Wirkung bi Grammelinen, de ganzen Honoratschonen ut Rahnstädt, de Börgers mit Hütt un Mütt un Hühn un Perdühn, en por Gaudsbesitters, Pomuchelskoppen an de Spitz, en por Eddellüd' mit ehre Herrn Sähns – de Frugens wiren nich mit, de hadden all beid desen Nahmiddag hellsche Tähnweihdag' kregen, un de Döchter wiren verreis't –, de Pächters ut de Ümgegend un de jungen Landlüd' kemen in'n hellen Hümpel an. – Von uns' Frün'n wiren man wenig tau seihn, denn bi Jochen Nüßlern was hüt Kirchgang, un Fru Pastern un Hawermann un Lowise wiren dornah rute, un Rekter Baldrian un Kurz mit ehre Frugens un Bräsig wiren ok tau Middag rute west, kemen äwer tau rechter Tid taurügg, dat sei noch tau Ball gahn kunnen; Kurz kamm äwer nich dortau, hei hadd sick hüt wedder so sihr äwer Jochen sine dicke Ort argert, dat em sine leiwe Fru tau Bedd bringen müßt, wat nich allein för em sülwst, ne, vör allen Dingen för Herr Süßmannen un den Ball gaud was, denn nu kunn des' junge Herr sick ahn alle Stürung an sin Geschäft as Danzdirekter maken, hei hadd sick 'ne nige Hos' dortau maken laten un hadd sick so vel Swinsmolt in de Hor smeert, dat hei dormit gaud un girn all sine Danzgelenken hadd[639] smidig maken künnt. – De lütt Akzesser was mit sin Öllern hengahn, un Fritz Triddelfitz, de dit utkundschaft hadd, kamm as Gaudsbesitter irsten Rangs – von rezipierten Adel – an. – De lütt Semerist, den de Gröschens all worden wiren un de sick dat afklavieren kunn, dat Bräsigen sine Swesterdochter nich kamen würd, satt schrat äwer von Grammelinen vör 'ne olle kranke Tanten von Klawezimbel un quälte sei un sung dortau: »Mich fliehen alle Freuden, ich sterb vor Ungeduld« un so wider, versprok sick in sinen Kummer äwer ümmer un sung: »Mich freuen alle Fliegen.« – Rekter Baldrian mit sine Fru kamm, un Bräsig mit den Zimmerling Schulz, un Slus'uhr un David kemen. David hadd twei gollen Ring' mihr as för gewöhnlich ansteken, de bi em in Versatz gewen wiren, un kau'te Kaneilsbork wegen den Wollgeruch von dat Produkten-Geschäft. – Un as sei nun all herinner wiren, dunn kunn't jo denn losgahn: David Berger spelte de Mamselljäs' – as Farwer Meinswegens dat Ding näumen ded, un Herr Süßmann sung dortau – ganz lud': »Allons enfants de la partie!« –

In de Irst let sick allens sihr taum Gauden an; äwer mit de Verbrüderung in'n ganzen wull dat nich recht. Ih ja, von de ein Sid gung dat stark dorup los, un de jungen Herrn von de Honoratschonen un de jungen Herrn von'n Lan'n verbrüderten sick mit de lütten smucken Börgerdöchter, dat dat man ümmer so'ne Ort hadd; äwer de jungen Damen von'n Lan'n un de Honoratschonen-Döchter wull'n sick abslut nich mit de Börgersähn verbrüdern, un de irste apenbore Zank un Stank gung von Malchen Pomuchelskopp ut. De Schaustergesell, de Witzenmaker ut den Reformverein, de äwrigens en Rahnstädter Börgersähn was, hadd sei upföddert, un sei hadd dankt, sei wir all verseggt, un nu satt sei dor un lurte up Fritz Triddelfitzen oder up Herr Süßmannen oder en annern hülpriken Engel, den uns' Herrgott ehr schicken süll, dat hei den nächsten Hopser mit ehr danzen süll. Äwer uns' Herrgott hadd jo woll just keinen von de Ort Engels parat, un sei blew sitten. – De Witzenmaker von Schaustergesell makte[640] denn nu sine Witze doräwer un säd tauletzt ganz lud', wenn de vörnemen Damen nich mit ehr Ort danzen wullen, denn brukten de vörnemen Herrn ok nich mit ehr Frugenslüd' tau danzen, taum Taukiken wiren sei nich herkamen. Un nu brök denn en wohren Storm up de ollen lütten, nüdlichen, unschülligen Börgerdöchter los, de sick in de Sak all so schön funnen hadden, un de Bräuder un de Leiwsten fohrten up ehr in: »Fiken, danzst du mi noch einmal mit den schregelbeinigen Apteiker-Bengel!« un: »Dürten, täuw, ick ward't Muttern seggen!« un: »Stine, noch einen Danz mit den Avkaten, denn sünd wie utenanner!« So gung dat dörch den Saal, un de Sak müßt jo denn ok Vater Pomuchelskoppen tau Uhren kamen, woher dese Spermang stammte, un dit set'te em so in Unrauh, dat hei nah sin Malchen gung un ehr Himmel un Höll vörstellte, wat sei anricht't hadd. De Schaustergesell, säd hei, wir 'ne höchst wichtige Person, hei güll in den Reformverein gaud für teihn anner dörch sine fürchterlichen Witzen, un dat müßt wedder gaud makt warden, un wat sei sick ok strüwen ded, Vater Pomuchelskopp namm sine gebildete Dochter unner den Arm un führte sei den Saal entlang tau den Schaustergesellen un säd: 't wir en grotes Mißverständnis, sine Dochter würd sick dat för 'ne besondere Ihr schätzen, mit so ein utgeteikentes Mitglied von den Reformverein tau danzen. Un süh dor! dor hopste de Schaustergesell mit Malchen hen!

Vater Pomuchel hadd nu – so tau seggen – sine Irstgeburt up den Altor von de Brüderlichkeit opfert, äwer't hulp nich vel, de Sak wull nich wedder inklingen. Unkel Bräsig ded von de anner Sid de Mäglichkeit, hei sweit'te in sinen brunen Liwrock in den Saal herümmer, denn hei wull abslut de Brüderlichkeit trotz Pomuchelskoppen in den Tog bringen: hei stellte den Herrn von So und So bi Discher Thielen sine Fru vör, hei bedwung sick un gung mit sinen dullsten Fiend in den Reformverein, mit Snider Wimmersdörpen, Arm in Arm up den Saal herümmer un gaww sogor tauletzt in aller Ogen Gegenwart den Farwer Jehann Meinswegens sine Fru[641] en por Verbräuderungsküß in dat rode Gesicht; äwer't wull all nich verslahn, wat kann ein enzelne Minsch woll mit den bloten gauden Willen utrichten. – »Herr Schulz«, säd hei ganz mäud' un matt von sine Arbeit, »wenn wir's nachgehends nich mit Essen und Trinken zwingen, daß die Brüderlichkeit später uns zu Kopp steigt: das Danzent bringt uns bloß weiter auseinander.«

Äwer ok dat Eten un Drinken wull nich helpen; up't ein En'n hadden sick de Vörnemen set't, up't anner seten de Börgers; up't ein En'n würd Schampanger drunken, up't anner En'n en grugliches Gedränk, wat Grammelin mit de frechste Stirn as schönen Rodwin, de Buddel tau twölf Schilling, verköffte. – Frilich, den Schaustergesellen hadd sick Pomuchelskopp as Dischgast inladen, hei satt bi Malchen, un Vater Pomuchel schenkte em ümmer flitig in; frilich, Farwer Jehann Meinswegens hadd sick mit sine Fru tüschen twei Gaudsbesitters set't un verlangte ok Panschamber, denn hei hadd sick de Tasch schön vull Virgröschenstücken steken; äwer as hei betahlen wul, würd hei gewohr, dat hei sick in'n halwen Schummern vergrepen hadd, denn hei bröcht 'ne Hand vull Farwerteiken taum Vörschin. – Frilich, Bräsig hadd sick tüschen en por lütte allerleiwste Börgerdöchter set't un bevaterte sei mit 'ne Angelegentlichkeit, dat Fru Nüßlern em gewiß in de irsten acht Dag' kein gaud Wurd, Paster Gottlieb dorgegen männig christlich Wurd günnt hadd; äwer wat helpt dat all? Grammelinen sin sure Rodwin stimmt nu einmal mit sinen Schampanger nich tausam, un so was't ok bi Disch allentwegent wid intwei. – »Herr Schulz«, säd Bräsig tau sinen ollen Fründ, de em gegenäwer satt, »nu heißt es, unsern letzten Triumpf ausspielen; fragen Sie Herr Süßmannen, ich will mit Herr Bergern reden.« – Un Herr Schulz gung an Herr Süßmannen ranne: »Hätten Sie die Gesangbücher parat?« – »Jawoll.« – »Na, denn man zu! Nu wäre es Zeit!« – Un Herr Süßmann deilte an den Disch Bäuker ut, un Bräsig gung nah David Bergern un frog em: »Herr Berger, kennen Sie die Melodie von Schillern: Swester mit das[642] Leinwandmieder, Bruder in das Ordensband?« – »Jawoll«, säd David. – »Na, denn man zu! Denn legen Sie los!« – Un mit einem Mal brus't dat dörch den Saal: »Freude, schöner Götterfunken«; äwer ümmer weniger sungen mit, ümmer lahmer würd de Gesang, un tauletzt stunn min oll Unkel Bräsig noch dor un hadd sin Bauk vör de Näs', un de Tranen lepen em de Backen dal, un hei sung: »Seid umschlungen Millionen – Untergang der Lügenbrut!« – Dat was tau stark, dat kunnen sei nich verdragen. – »Lügenbrut?« – Ne, dat was tau dull; ih, sei lögen jo all; äwer blot denn, wenn't nödig was. – De Gesellschaft stunn sihr verstimmt von den Disch up, Bräsig set'te sick in de ein Eck un fung Grillen, hei was falsch, bet in dat bindelste Hart; dat junge Volk fung wedder an tau danzen, un Slus'uhr un David seten tausamen in 'ne Newenstuw' un drünken Schampanger un makten ehre Glossen äwer unsen Unkel Bräsig.

»Herr Entspekter«, säd nah 'ne Tidlang de Zimmerling Schulz tau Bräsigen, »da in Nr. 3 sitzen welche zusammen, und der Notorjus und David monkieren sich über Ihnen, indem daß sie allerlei Politisierung zum Vorschein bringen, und der Notorjus sagte eben, wenn die Franzosen keinen König nach Ludwig Philippen wieder kriegen könnten, denn könnten Sie ja König von Frankreich werden; Sie hätten ja auf Stun'ns nichts zu tun un könnten sich ja mit das Geschäft begeben.« – »Das sagt er?« frog Unkel Bräsig un stunn mit groten Nahdruck ut de Eck up. – »Ja, das sagte er, und die andern lächelten darüber.« – »Und in Grammelinen seine Nr. 3 sitzt er?« – »Ja, da säße er.« – »Kommen Sie mit, Herr Schulz.«

Bräsig was falsch – as ick all seggt heww –, hei was sihr falsch; dat schöne Verbräuderungsfest, von dat hei so vel för de Minschheit hofft hadd, was gründlich in'n Grawen follen; em was tau Maud' as den Erzvater Abraham, hei wull all sin Leiwlingskind opfern, wull von nicks mihr weiten un wull all nah Hus gahn, dunn schickt em uns' Herrgott en Sünnenbuck, an den hei sinen Zorn utlaten kunn, un noch dortau[643] grad den, den hei negst sinen Fründ Pomuchelskopp am leiwsten mit sine jitzige Lun bedeint hadd. – »Kommen Sie, Herr Schulz«, säd hei un gung mit starken Schritten dwars dörch den Saal in de Garderob', wo hei sinen Haut un sinen krüzdurnen Spazierstock afleggt hadd. Den Haut let hei dor, äwer den Krüzdurn namm hei mit sick nah Nr. 3.

Hir seten vel Gäst bi de Buddel tausam un lachten eben äwer'n Witz, den de Herr Notorjus makt hadd. – Mit einem Mal würd dat äwer ganz still, denn de lustige Gesellschaft sach en Gesicht tüschen sick, bi dat einen dat Lachen woll vergahn kunn. Dat was Bräsigen sin, wat up 'ne sihr sonderbore Ort bald den Krüzdurn un bald den Notorjus ankiken ded, so sonderbor, dat de Gesellschaft bald so'n Vörsmack kreg von dat, wat hir mäglich gescheihn kunn, un sick mit 'ne gewisse Hast von den Disch drückte. – »Welcher Halunke hat mir zum König von Frankreich machen wollen?« rep Bräsig, dat de Kalk von de Wand föll, un de Krüzdurn würd em as lewig in de Hand. »Ich will nicht König von Frankreich werden!« – swabb! – satt de Krüzdurn den Notorjus mang de Schullerbläder. – »Herre Jesus!« – »Ich will nicht König von Frankreich werden!« Un wedder ded de Krüzdurn sine Schülligkeit, un nu versekerten Unkel Bräsig un sin Krüzdurn ümmer ümschichtig, dat sei nich nah den französchen Königsthron trachten deden. Lichter, Lampen, Buddeln kemen in dese Thronstridigkeiten üm't Lewen, un David kamm dorbi unner'n Disch, dat heit friwillig, hei verkrop sick dorunner. De Notorjus schriete üm Hülp, keiner stunn em bi; blot as de Sak all tau En'n was, fat'te sick David unner'n Disch en Hart un säd: »Erlauben Se, verßeihn Se, Herr Entspekter, un dies soll eine Verbrüderung sein?« – »Ja«, rep Bräsig, »Sie Jammerlappen! Mang einen Menschen und einen Hund sünd Prügel die beste Verbrüderung.« – »Rut! rut!« säd Herr Schulz un grep unner'n Disch un bröchte Daviden taum Vörschin. – »Meine Herrn«, rep Slus'uhr, »Sie sind Zeugen, wie ich behandelt bin, ich werde klagen.« – »Ick heww nicks seihn«, säd de ein. – »Ick weit von nicks«,[644] säd de anner. – »Ick heww ut't Finster seihn«, säd de drüdd, obschonst dat stickendüster was. – »Herr Schulz«, säd Bräsig, »Sie sünd mein Zeuge, daß ich den Herrn Notorjus Slus'uhr hier gottserbärmlich durchgehauen habe«, dormit gung hei ut de Dör, halte sinen Haut un gung nah Hus.

De Släg', de Slus'uhr in Nr. 3 kregen hadd, schallten mitdewil all bet in den Saal, un was dat all vördem 'ne grote Verstimmung west, so würd dat dordörch grad nich beter. – De beiden Herrn von So und So mit ehre Herrn Sähns hadden all lang' Pahl treckt, weck von de Honoratschonen hadden sick ok all still ut den Stohm makt, un de lütt Akzesser hadd den Haut all up un den Ümslageldauk all üm, obschonst Fritz Triddelfitz binah up de Knei vör em lagg un blot man noch üm einen, üm einen lütten Bummelschottschen bed. – Pomuchelskopp rüst'te sick ok all tau de Afreis'; hei hadd en undüdliches, äwer richtiges Vörgefäuhl, em künn hüt abend ok noch allerlei passieren, hei gung also tau sine leiwe Fomili un ded ehr kund, dat hei glöwte, nu wir dat Tid, nah Hus tau führen. Sine leiwe Fomili was en truriges Afbild von dat ganze Fest, sei was ok ganz utenein. Gustäwing hüppte noch vergnäuglich mit Snider Wimmersdörpen sine jüngste Dochter herümmer, Salchen stunn mit Herr Süßmannen en beten afsid un hürte angelegentlich tau, wo de ehr vertellen ded, dat hei blot so – ut Spaß – de lumpige Konditschon bi Kurzen annamen hadd, dat hei äwer nich länger bliwen wull, dat hei blot noch nich wüßt, wat hei ein von de Städen annemen wull, de em in Hamborg, Lübeck un Stettin anbaden wiren, oder wat hei sick nich sülwst in Rostock etablieren wull, denn dor hadd hei einen ollen steinriken Unkel, de em in jeden Breiw bed, hei süll nu doch nahgradens Anstalt maken un sick 'ne Fru nemen, dat hei, de oll Unkel, em sin Vermägen vermaken un bi em wahnen künn. – Malchen satt in 'ne Eck von'n Sofa un weinte wegen ehren Schaustergesellen. – Klucking, uns' oll brav Häuhning, satt dor as en Pal; wat an ehr ok desen Abend rüttelt was, sei hadd sick nich rögt, sei was standfast blewen, sülwst de Schaustergesell hadd sei[645] nich ut ehren Verfat bringen künnt, un as Muchel ehr de Anzeig makte, dat sei nu woll führen müßten, säd sei blot sihr fründlich: »Pöking, willst du nich dinen Fründ, den Schaustergesellen, inladen, dat hei mit uns führt? Du künnst jo denn ein von din Eddelmannsbekanntschaften dortau bidden. Du künnst jo ok Wewer Rührdanzen un Willgaußen un din annern Bräuder ut den Reformverein dortau inladen, denn würd de Sak irst vullstännig.«

Un mit desen ehelichen Stachel in sinen groten Verbrüderungs-Harten müßte uns' Fründ tau Hus führen.

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 630-646.
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