Kapittel 46

[685] En trurig Kapittel, wat sick äwer tauletzt noch taum Gauden anlett.


Frida was von Fru Nüßlern nah Pümpelhagen bröcht worden, un männig Trostwurd von Fru Nüßlern was as en Daudruppen up dat versengte Feld von de junge Fru follen, un wenn ehr Hart noch nich wedder recht taum Upgräunen kamen kunn, denn hadd Fru Nüßlern ümmer seggt: »Laten S' doch! Laten S' doch! Min Korl-Brauder bringt dat tau Schick.« – Un so kamm denn de junge Fru bi Morgengragen in ehr Stuw, un in ehr was't ganz anners as den Abend vörher, as sei dorute stört't was, un mit de Hoffnung wiren de Leiw' un de Glowen wedder bi ehr inkihrt, un still un fründlich gung sei up Fik Degels tau, de as Wacht bi ehr Kind in en Lehnstauhl satt un dorbi inslapen was, un strek ehr sachten[685] äwer dat Hör un säd: »Fiken, ick dank di ok velmal; äwer du büst mäud, gah tau Bedd.« – »Gnedigste Fru«, fohrte Fik tau Höchten – woll ut en Drom von ehren Schatz –, »sei hett ruhig slapen, blot einmal heww ick ehr tau drinken gewen.« – »Schön«, säd de junge Fru, »gah tau Bedd.« Un as dat Mäten gähn was, stunn sei vör ehr lütt Dirning un kek sei an: ne! ne! dat trurige Loss von en arm Eddelfrölen paßte nich tau dat leiwliche Gesicht, un ehr Gedanken von den Abend paßten nich tau de Gedanken von desen Morrn. Ehre Seel was dese Nacht quält worden, furchtbor quält, äwer in de Nacht un unner Qualen was de Hoffnung in ehren Harten geburen worden, un dit Smerzenskind was ehr nu an den Hals follen un drängte sick an sei un küßte sei un strakte ehr Gesicht, un de blagen Ogen strahlten gen Himmel up, un ut ehr lücht'te Tauvertrugen! – ja un Sieg!

De junge Fru gung tau Bedd un vör ehre Ogen stegen all de Gestalten von dese Nacht up: Korlin Kegels un Fru Nüßlern, de Fru Pastern un Lowise, Hawermann un Bräsig, sei stunnen all klor un düdlich vör ehre Ogen, sei verstunn sei all in ehr truhartig Wirken un Wesen; äwer dormang drängte sick en Bild, dat verstunn sei nich, dat was de olle Jud'. Dor föllen so helle Lichter dorup, un so düstere Schatten föllen in de Falten von sinen Slaprock un in de Falten von sin Gesicht – so wat hadd sei seindag' nich seihn – dat allens was undüdlich vör ehre Ogen –, un as sei an den Afschid von den ollen Juden dachte, dunn würd dat Bild ümmer gröter, ümmer gröter, äwer ümmer undüdlicher, un sei folgte de Hän'n äwer de Bost un slep in.

Sei slep, un de olle Jud' was in ehren Drom; äwer sei slep en glücklichen Drom, un blot einmal fohrte sei tau Höchten, denn ehr was't, as wenn en Wagen up den Hoff führte. Sei horkte dornah; äwer Liw un Seel sehnten sick nah Rauh, de Kopp sackte in de Küssen taurügg, un de fründliche Drom spelte wedder um ehr blondes Hor un flusterte ehr Wunnerding' in de Uhren.[686]

Äwer sei hadd nich falsch hürt: en Wagen was würklich kamen, un in den Wagen satt ehr Mann. – Axel was in desen Dagen herümmer führt in den Lan'n as en Upköper, de Eier unVedderveih söcht; vör jede Dör hadd hei anhollen un hadd ankloppt as en Lumpenführer; hei hadd anfragt bi Geschäftslüd', hei hadd klagt bi olle Frün'n, de hei up't Pird'rennen kennen lihrt hadd, de em sin Geld afnamen hadden; keiner was tau Hus, un all, de hei taufällig drop, hadden ehren Geldbüdel tau Hus vergeten. So lang' wi in de Spandierhosen rümmer gahn, hewwen wi vele Frün'n; wenn de äwer uttreckt sünd un de annern hewwen en por Flicken an de Knei, denn is dat för de Frün'n tau schanierlich. Dit müßt Axel bitter, bitter erfohren. Hei was heimlich, ahn dat sine Swestern dat wüßten, in Swerin west; hei was nah den Juden gahn, de dunnmals dat Geschäft so girn un so glatt afmakt hadd; äwer wo wiren de Hypothekenschins? – Hei hadd ut sinen Gasthoff nah de Gegend räwer keken, wo Franzen sine Gäuder legen; äwer wo was Franz? – Hei hadd dat Letzte dahn, hei was tau sinen Swager Breitenburg führt, mit den hei sick ümmer slicht stahn hadd, hei hadd den käuhlen Empfang verwunnen, hei hadd em sine schreckliche Lag' schillert, hadd em äwer nicks von sine Swestern ehr Geld seggt; de hadd em forsch in de Ogen keken un em den Rüggen taukihrt: »Tu l'as voulu, George Dandin! – Und in diesen Brunnen, den dein Leichtsinn gegraben hat, verlangst du, soll ich mein Geld werfen? Mein Geld, das ich mir unter Entbehrungen und Sorgen verdient habe? Denn deine Schwester hat mir's doch nicht zugebracht.« Axel wull wat seggen von de 7000 Daler, de sin oll Vader för em dunnmals von Mosessen borgt hadd, dunn dreihte sick sin Swager üm un frog em – baff vör den Kopp – : »Wo sind die 13000 Taler, die du den Schwestern abgeschwindelt hast?« – Dat slog em nedder – sin Swager wüßt dat – hei tummelte blaß ut de Dör un steg up sinen Wagen. – »Wohen?« frog de Kutscher. – »Nah Hus.« – »Wo bliwen wi de Nacht?« – »Tau Hus.« – »Herr, dat hollen jo de Pird' nich ut.« – »Sei möten.«[687] – So führte hei nah Hus, un as hei afstegen was, stunn Jehann bi de beiden schönen Brunen: »So, de beiden Hin'npird hewwen wi all taunicht führt, nu sünd de beiden Vörmähren ok hen; nu bün'ck bi en Kräpel-Spann.«

Axel gung mit swore Tritten up sine Stuw', 't was all hellig Dag; in sine Stuw' was't all so, as't west was, un süs hadd hei sick woll dorin behaglich fäuhlt, un de olle Gewohnheit hadd sick sacht an sin Hart leggt; äwer sin Hart was nich dat olle Hart, sin Sinn un Hart was anners worden, dat wull mit de olle Gewohnheit nich stimmen; em was beängstlich tau Maud'; hei ret dat Finster up, dat de frische Morgenluft em de heite Stirn käuhlen süll; hei smet sick in den Lehnstauhl, de vör sinen Schriwdisch stunn, un drückte den Kopp mit beide Hän'n, as müßt hei'n in en Schruwstock spannen. Dunn föllen sine Ogen up en Breiw, de Hand was em jo woll bekannt, hei müßte sei all mal seihn hewwen, hei ret den Breiw up: ja, hei was von sin Swester. Wat hadd doch noch sin Swager Breitenburg tau em seggt? Ja, dat was't! Hei kek ut dat Finster, dor hinner de Rexowschen Dannen gung de Sünn up. Hei kek wedder in den Breiw; 't wiren fründliche Würd', äwer wat süllen de Würd', hei hadd jo kein Geld. Hei kek wedder ut dat Finster: vor em lagg en Slag mit Weiten; ach, wenn de rip wir un hei wir utdöscht un hadd twintigfältig dragen, ja, denn – ne! ne! denn kunn hei em ok noch nich helpen. Un hei kek wedder in den Breiw: fründliche Würd'! äwer mit de Wil würden de Würd' irnsthafter utseihn un keken em strenger an – hei kunn de Ogen nich mihr afwennen –, hei les' bet tau En'n, un dor stunn: »Ich habe dieserhalb auch an Frida geschrieben, denn lieber, lieber Bruder! wenn Du unser Kapital nicht sichergestellt hast, so sind wir armen Mädchen ja ganz verloren!« – »Ja, verloren!« rep hei, »verloren!« un sprung von den Stauhl up un lep in de Stuw' herüm, hei lep an't Finster; vör em lagg de Natur in ehre vulle Pracht, un de Natur äuwt ehre Macht up jegliches Hart ut; äwer dat Hart möt mit de Natur stimmen, dat möt klor un uprichtig för den Sünnenstrahl[688] apen dorliggen un mit deipe Sehnsucht de gräune Ird un den blagen Hewen un de goldenen Strahlen in sick upnemen. Äwer sin Hart was kein Gotteshart mihr blewen, de Lag' hadd Gewalt äwer em kregen, sin Sinnen un Denken dreihte sick blot noch kümmerlich, jämmerlich üm erbärmliches Minschenwark. Geld! Geld! Ut den Sünnenstrahl laten sick kein Luggerduhrs slagen. – Hei smet sick wedder in sinen Stauhl: also sei wüßt dat ok. Hei hadd ehr so oft wat vörlagen, wat sei em nich nahwisen kunn; dit kunn hei ehr nich vörleigen, dit wüßt sei. Un sei stunn vör em un hadd ehr Kind up den Arm un kek em an, stir an, un ehre kloren, grisen Ogen frogen: »Haben wir das um dich verdient?«, un sine drei Swestern stunnen üm em rümmer un säden mit verfollene Backen un bleike Lippen: »Ja, Axel, lieber Axel, ganz verloren!« Un achter de ollen Mätens stunn 'ne düstere Gestalt in en Schin, de nich von dese Ird stammen ded, un de Gestalt was sin oll Vader, de rep em tau: »Du solltest sein eine Stütze für mein altes Haus, aber du hast Baustein auf Baustein abgetragen, und mein Haus ist gleich dem Erdboden.« Dat höll hei nich länger ut, hei sprung up – de Gestalten, wiren furt –, hei lep up un dal, un as hei sick besinnen ded, stunn hei vör en Schapp, vor sin Gewehrschapp. – Oh, hei wüßt en Flag, dat was so einsam, so still, dat was de Laubansee in de Rexowschen Dannen; hei was oftmals up fröhliche Jagden dor west, wenn de olle brave Förster Slang' dor Jagden hollen hadd; dor kunn hei't dauhn. – Hei langte in dat Schapp un halte sick den Rewolwer rut, den Triddelfitz mal för em besorgt hadd, dat hei dormit up de Daglöhners scheiten wull. Hei probiert em; ja! hei was laden. Hei gung ut de Dör; äwer as hei äwer den Vörplatz gung, sach hei de Dör, wo't nah Frida ehre Stuw' rin gung, achter de sine Fru, sin Kind slep; hei verstutzte sick, hei wankte taurügg; all de schönen Freuden, de hei hir mal an den truen Harten von sine Fru, bi dat allmählige minschliche Upwaken von de Kinnerseel fäuhlt hadd, kemen äwer em; hei föll up den Süll vor de Dör dal, un de heiten Tranen stört'ten em ut de[689] Ogen, un dese Tranen, dit heite Gebett tau Gott känen em redd't hewwen – wi warden't jo seihn –, denn uns' Herrgott höllt uns an en lisen un unsichtboren Faden. Hei stunn up, dat Gebett was nich för sine Seel west, 't was för annere Seelen; hei gung, hei gung nah den stillen Laubansee. Hei smet sick in de Dannen achter'n Busch, hei halte den Rewolwer ut de Tasch un läd em bi sick hen, hei kek noch mal döstig, döstig in de Welt; hei kek noch mal in de Sünn, in de schöne Gottessünn, taum letzten Mal, un üm em würd't düstere Nacht. De Sünn blennte em, hei namm sin Taschendauk un deckte sick dat äwer de Ogen, un nu kemen de letzten, de fürchterlichsten Gedanken äwer em. Deip süfzte hei up. »Es muß!« rep hei.

»Schönen guten Morrn, Herr von Rambow!« rep 'ne fründliche, minschliche Stimm neben em. – Axel ret dat Dauk von dat Gesicht un deckte dat äwer den Rewolwer. – »Schon so zeitig?« frog Zacharias Bräsig, denn hei was't, un smet sick an Axeln sine Sid in dat Gras. »Wollen Sie möglicherweise auch angeln?« Dormit läd hei sine Hand up dat Snuwdauk un up den Rewolwer: »Ah so! Sie wollen sich en bischen üben in das Pistolenschießen. Bün ich auch mal sehr bewandt drin gewesen, hab' mal Pik-As un Köhr-As ümmer so rausgeschossen.« Dormit stunn hei up, namm den Rewolwer in de Hand: »Sehn Sie mal den Schalm an der Tanne – Slang' will jo woll hier hauen lassen –, ich pariere vier Gröschen, denn höher pariere ich meindag' nich« – bautz! schot hei los un vörbi – bautz! noch en Mal un wedder vörbi, un noch en Mal, un so schot hei de söß Schuß af: »Hätt ich nicht gedacht! Alle vorbei! Hätt ich nicht gedacht! Hab ich doch verloren! Hier sünd die vier Groschen. – Das is jo 'ne oll Slätelbüß!« rep hei un smet den Rewolwer wid hen in den Laubansee, »da können sich ja mal Kinder und junge Leute unvorsichtiger Weise mit dodschießen.« – Axeln was sonderbor tau Sinn; mit einem Mal stunn tüschen sinen irnsthaftesten, fastesten Entsluß, den hei unner Kämpfen un Krämpfen ut sick rute rungen hadd, un tüschen de düstere Purt, dörch de hei't[690] wagen wull dörchtaugahn, dat allergewöhnlichste, ja! in sinen Ogen dat allergemeinste Lewen, un dat so frech un so patzig, as de Bur up den Johrmark, dat let sick nich linksch un nich rechtsch schuppsen. Hei was upsprungen: »Herr ...!« – »Herrrrrr ..,!« rep em Bräsig entgegen. – »Was wollen Sie hier?« – »Und was wollen Sie hier?« frog Bräsig entgegen. – »Sie sind ein aufdringlicher Narr!« rep Axel. – »Und Sie sind der größte Narr!« rep Unkel Bräsig, »Sie wollen in einem unsinnigen Zustand die schauderöseste Tat begehn und haben alles vergessen: Ihre Frau und Ihr Kind. Hm! so'n kleinen Sprung machen; denn sünd wir über alles weg! Nich wahr? Wer is nu der Narr?« – Un Axel hadd sick an 'ne Dann lehnt, un de eine Hand drückte up sinen Harten, un de anner schützte de Ogen vör de Sünn, un vör em stunn dat allergemeinste Minschenlewen mit en Angelschacht in de Hand un hadd sick tüschen em un de düstere Purt schaben – 't was äwer doch Lewen! – »Sehn Sie!« säd Unkel Bräsig wider, »wenn Sie drei Minuten früher kommen as ich« – dat wiren de drei Minuten, de hei up den Dörensüll för sin Fru un Kind bedt hadd – »denn lägen Sie da mit en Loch in den Kopf als ein abscheuliches Beispiel, und wenn Sie denn vor den Thron Gottes gekommen wären, denn hätte unser Herrgott zu Sie gesagt: Hans Narr! Du weißt nich, was in dieser Nacht deine liebe gnädige Frau getan hat, und der Herr Entspekter Hawermann und die Madame Nüßlern un die Frau Pastern und Moses und – und die andern, und wenn unser Herrgott Ihnen denn en Licht aufgesteckt hätte, wissen Sie, was Sie gehabt hätten? – Die Hölle hätten Sie gehabt!« – Axel hadd de Hand von de Ogen fallen laten un starrte Bräsigen in de Ogen: »Was? was sagen Sie?« – »Daß for Sie in dieser Nacht 31000 Daler angeschafft sünd, und daß Moses sie schafft, und daß Ihr Vetter Franz angekommen ist, der möglicherweise noch mehr tut. Aber Sie sünd ja en unbewußter Mensch, der sich von den Windhund, den Triddelfitz, Rewolwers anschaffen läßt, daß er auf die Tagelöhners schießen will, und nachher sich mit die Rewolwers[691] selbst aufs Leib geht.« – »Franz ist hier? Franz, sagen Sie?« – »Ja, der is hier; aber um Ihrentwegen ist er nicht gekommen, der is hier, daß er Lowise Hawermann abslutemang zu 'ner gnedigen Frau von Rambow machen will; aber wenn Sie an jichtens einen Menschen Ihren Dank anbringen wollen – Franz will was tun, will vielleicht was Übriges tun –, aber denn gehn Sie zu Ihrer lieben gnädigen Frau und zu Korl Hawermannen; können auch mal zu Mosessen gehn, und die Madame Nüßlern vergessen Sie nicht, und auch die Frau Pastern nicht – sie sind diese Nacht alle gut gegen Sie gewesen.«

Ick heww mi noch nich dodscheiten wullt un weit nich, wo so en armen Minschen tau Maud' is, wenn sick tüschen em un sinen Entsluß dat gewöhnliche Lewen so rinne drängt. Ick mein, dat möt so recht wat Verdreitliches an sick hewwen, as wenn en rechten mäuden, mäuden Wandersmann en Glas afstahenes sures Bir vörset't ward – un Unkel Bräsig sach vermorrntau würklich en beten sur ut – un hei mag nich taulangen; äwer denn kümt dat Leiweslewen, dat leiwe Minschenlewen in de Dör, un 'ne junge Fru mit en Kind up den Arm schenkt em en Glas käuhlen, frischen Win in, un hei drinkt dat ut bet up den Grund: »So! nu känt ji mi vertellen, wat hir passiert is.« – Un Unkel Bräsig vertellte un vertellte gaude Ding', un Axel wankte von de Dann furt un föll den Ollen üm den Hals: »Herr Bräsig! Lieber Herr Bräsig! Ist das alles wahr?« – »Wo meinen Sie das? Glauben Sie, daß ich Ihnen in diesem heiligen Augenblick mit Lügen unter die Augen geh?« – Un Axeln würd swindeln vör den swarten Afgrund, de vör em lagg, in den hei eben noch drist rinne keken had, hei tummelte taurügg, un üm em rümmer würd't en Singen un Klingen in de Luft un en Gläuhen un Schinen up de Ird', un allens, wat hei süs glikgültig seihn un hürt hadd, drung nu mächtig up em in, hei deckte de Hand äwer de Ogen un fung bitterlich an tau weinen. Un Unkel Bräsig stunn vör em un kek em mitledig an un gung mit Hartenerbarmen an em ran un fot em an de[692] Schuller un schüddte em, äwer ganz sachten, un säd: »Wir wandeln hier alle in Bisternis, und Sie haben große Schuld an Ihrem Unglück; aber alle Schuld haben Sie auch nicht, denn worum ritt Ihre selige Frau Mutter der Deuwel und ließ Ihnen erst Leutnant werden? Was soll ein Ökonomiker mit 'ner Leutnantschaft? Das wäre jo doch grademang so, as wenn der Stadtmuskant David Berger, der sich auf der Trumpet den halben Aten aus der Seele geblasen hat, nu wollt Paster werden und predigen, mit halben Aten predigen; er holt's ja nicht durch! Aber«, un hei fot den jungen Mann unner den Arm, »kommen Sie fort von diesem Ort, denn wird Ihnen besser.« – »Ja, ja!« rep Axel, »Sie haben recht! Von dieser unseligen Soldatenkarriere rührt all mein Unglück her, da machte ich die ersten Schulden, und die zogen alle andern nach sich. Aber«, säd hei nah 'ne Tid un stunn still, »was sag' ich nur meiner Frau?« – »Gor nichts nich«, säd Bräsig. – »Nein«, säd Axel, »ich habe mir soeben feierlich gelobt, von nun an ihr stets die Wahrheit zu sagen.« – »Sollen Sie auch«, säd Bräsig. »Glauben Sie denn, daß die junge gnedige Frau Sie so – baff vor den Kopp! – fragen wird, was Sie sich nicht heute morgen haben dodschießen wollen? Und wenn Sie in die Verlegenheit kommen durch Hin- und Herreden, denn lüg' ich for Sie, darauf soll's mich nicht ankommen; denn das wäre doch grausamlich, daß solche brave junge Frau ihr ganzes Leben lang mit dem Gedanken sollte rum gehn, daß der Mann, der for sie sorgen sollte, sie und ihr Kind hat feige verlassen wollen. Nein!« set'te hei fast hentau, »das darf sie nicht wissen; das darf keiner wissen als Sie und ich. Und passen Sie auf, noch schläft sie, denn sie kann erst heute morgen zu Bett gekommen sein und muß schrecklich müd' gewesen sein.«

So kemen sei denn nah Pümpelhagen, Daniel Sadenwater was up de Del. – »Daniel«, säd Bräsig, »besorgen Sie uns mal en bitschen Frühstück, denn«, säd hei, as Daniel afgahn was, »Sie müssen en bitschen essen, daß Sie en andern Globen in die Mag' kriegen, denn so was greift den Menschen an.«[693] Äwer ditmal is dat sihr twifelhaft, wat hei dit ut Minschenleiw' oder ut Eigenleiw' ded; denn as dat Frühstück bröcht würd, kunn Axel gor nich eten, hei äwer et as en Schündöscher.

Gegen Klock teihn kamm Frida in de Stuw': »Mein Gott, Herr Inspektor! und Axel, du?« – »Ja, liebe Frida, ich bin heute morgen zu Hause gekommen«, säd de junge Mann mit weike Stimm. – »Und nun reisest du nicht wieder fort, nun bleibst du hier«, säd Frida bestimmt. »Ach, Axel, ich habe dir vieles zu erzählen, viel Gutes. Aber wie kommst du mit dem Herrn Inspektor zusammen?« – Nu dacht Unkel Bräsig wir't Tid, dat hei sin Verspreken mit Leigen höll: »Ich bün vermorrn en bitschen nach's Angeln gewesen – Sie nehmen nich übel, gnedige Frau, daß ich meinen Angelschacht en bitschen auf Ihnen Ihre Diele gestellt habe – und da traf ich den Herrn von Rambow, der en bitschen promenieren ging, und da besahn wir seinen Weizen zusammen, und er hat mir hier zu's Frühstück eingeladen. – Aber, gne Frau, was haben Sie for 'ne Wust! den Rezept haben Sie gewiß von die Madame Nüßlern?« – »Nein«, säd Frida so baben hen un kek Bräsigen an un kek Axeln an, as wir ehr dat doch wunderbor, dat Axel den ollen Entspekter inladen hadd. »Wie aber geht es zu, Herr Inspektor ...?« frog sei. – Holt! dacht Bräsig, nu lüggst du di fast, nu möst du sei up en annern Turnus bringen, hei unnerbrök sei also: »Mit Erlaubnis, gne Frau, Sie nennen mir immer noch ›Entspekter‹, das bün ich mal gewesen; aber ich bün awansiert, ich bün jetzt Akzesser bei's Gericht. Apohpoh!« wend'te hei sick an Axeln, »worüm holen Sie sich denn das Geld nicht ab, was for Sie bei's Gericht in Rahnstädt liegt?« – »Was für Geld?« frog Axel. – »Nu, die 1500 Daler, die die Package noch übrig gelassen hat. Sie haben ja doch in voriger Woche schon einen Brief darüber von's Gericht gekriegt.« – »Ach Gott!« rep Axel, »ich habe in der letzten Zeit so viele Briefe von Gerichten gekriegt, daß ich keinen mehr geöffnet habe.« – »Ich weiß die Sache«, rep Frida, »Frau Nüßler hat's mir unterwegs[694] erzählt, ich will den Brief holen«, un sprung ut de Dör. – »Junger Herr von Rambow«, säd Bräsig un richt'te sick wat in En'n, »da haben Sie wieder mal recht unrecht getan, denn wir Gerichten sünd nicht bloß Bestrafer der Menschheit, wir sünd auch Wohltäter der Menschheit.« – »Aber sagen Sie mir nur bloß, was ist das für Geld?« – »Hier ist der Brief«, säd Frida un gaww em an Axeln. Axel brok em up, oh, wo würd em tau Maud'! »Geld!« hadd sine Seele in de letzte Tid schrigt, un ümmer »Geld!« Nu föll em unverhofft en schön Stück Geld in den Schot, äwer wat för Geld: »Oh Gott! oh Gott!« rep hei ut un düs'te un snuwwelte mit ganz verstürte Mienen in de Stuw' herüm, as wir hei en Nachtwandler, »auch das nicht wahr! Alles nicht wahr! In welchen Händen bin ich gewesen! Von allen betrogen! Von mir selbst betrogen! – am meisten betrogen!« – Dormit stört'te hei ut de Dör rute, Frida wull em nah, Bräsig höll sei taurügg: »Lassen Sie mich, gne Frau! Ich weiß en Mittel, ihn ruhig zu machen.« – Hei gung em nah in den Goren, wo hei herümmer ras'te; de Oll stellte sick em in den Weg: »Herr, was stiften Sie vor Schosen an!« – »Gehen Sie mir aus dem Wege!« rep Axel. – »Nein«, säd Bräsig, »das hab' ich ja wohl nicht nötig. Schämen Sie sich, Sie martern ja Ihre Frau tot mit das wütende Wesen!« – »Warum haben Sie mich nicht gewähren lassen?« rep Axel, »dies ist tausendmal bitterer als der Tod: Wohltaten – und was für Wohltaten! – annehmen zu sollen von Leuten, die man in bessern Zeiten mißachtet und beleidigt, ja ins Verderben gestoßen hat. Oh, nicht annehmen zu sollen – nein! – wenn man leben will – annehmen zu müssen! Oh, oh!« rep hei un slog sick vör den Kopp, »warum leben? warum leben mit diesem Stachel in der Brust?« – So towte hei gegen sick sülwst un gegen de Welt, un Unkel Bräsig stunn ganz ruhig dorbi un kek em an, tauletzt säd hei: »So bleiben Sie man noch en Strämel bei; so gefallen Sie mir ganz vorzüglich; so kommen die ollen Eddelmanns-Nücken raus aus Sie! – Was? Sie wollen keine Freundschaft annehmen von ehrliche, bürgerliche Leut? – Nich wahr? Wenn so die Herrn Vons kämen,[695] oder gar die Pomuchelsköpp un die Slus'uhrs un die Davids, daß jo bei Leibe keiner was davon zu wissen kriegte, das war' Ihnen bequemer; aber die kommen nicht mehr. – Das wäre mir aber nur noch eine Nebensache; schämen Sie sich aber, daß Sie unter den Augen unsers Herrgotts, der Ihnen heute morgen errettet hat, noch mal den Wunsch aussprechen, sich dodschießen zu wollen? – Wo? Sie sünd ja ein doppelter Selbstmörder!« – Axel was still worden, äwer ok ganz blaß; em swindelte, as hei an den Afgrund dachte, in den hei hüt morgen rinne keken hadd; Bräsig fot em in den Arm un set'te em up de Bänk, wo sin oll Vader, sine gaude Fru all in Ängsten un Nöten seten hadden. Allmählich verhalte hei sick, un Zacharias Bräsig namm em wedder unner den Arm: »Kommen Sie! Kommen Sie zu Ihrer gnädigen Frau! Das ist auf Stun'ns ihr richtiges Flag«, un Axel folgte as en Lamm, un as in de Stuw' de junge leiwe Fru em in den Arm namm un em tau sick up dat Sofa treckte un an em rümmer tröstete, dunn stört'ten de heiten Tranen em ut de Ogen, denn nu irst was dat letzte Is braken, nu irst unner den Strahl von ehren leiwlichen Frühjohrs-Sünnenblick, un sine Seel flot apen un fri dorhen – noch in Bülgen, äwer doch fri! – Un Zacharias Bräsig hadd sick an't Finster stellt un trummelte sinen Dessauer Marsch, dat Fritz Triddelfitz, de dor vörbi gung, ranne kamm un frog: »Herr Inspektor, meinen Sie mich?« – »Nein!« bröllte Bräsig em an, »sorgen Sie for ihren Kram und sehn Sie nach der Wirtschaft.«

Nu kamm en Wagen antauführen, un Hawermann un Franz stegen ut den Wagen.

Franz was mit Hawermann gegen hentau negen nah Mosessen gahn un hadd em seggt, staats de annern gauden Lüd' wull hei de 31000 för sinen Vetter betahlen, un Moses hadd ümmer mit den Kopp nickt un hadd seggt: »Sie sind mir gut; die andern sind mir auch gut; aber Sie sind raich; besser is besser.« – Un as de Sak afmakt was un Franz mit Hawermannen en En'nlang de Strat ruppe gahn was, säd hei: »Lieber Vater, setze dich hier einen Augenblick auf die Bank;[696] ich komme gleich wieder, ich habe vergessen, mit Moses noch über einen Punkt zu sprechen.« – Un as hei bi Mosessen rinne kamm, säd hei: »Moses, mein Schwiegervater Hawermann hat mir heute morgen gesagt, daß Pomuchelskopp Gürlitz verkaufen will ...« – »Gotts Wunder!« rep Moses, »Hawermann, Schwiegervater! Wie haißt?« – »Daß ich die Tochter heirate.« – Un de oll Jud böhrte sick mäuhsam in den Stauhl tau Höchten un läd de welke Hand up dat junge Hor von den Christen un den Eddelmann un säd: »Der Gott Abrahams segne Sie! Sie freien in 'ne gute Art!« – Un nah en beten säd Franz: »Kaufen Sie für mich, machen Sie die Sache für mich ab, mein Name soll aber nicht genannt werden, und keiner – namentlich Hawermann – soll etwas davon wissen. Zum Johannistermin kann ich 100000 Taler anzahlen.« – »Aber wie hoch soll ich gehen?« – »Das bleibt Ihnen überlassen; aber fragen Sie heute schon an. Ich komme morgen, und dann sprechen wir näher darüber.« – »Nu«, säd Moses, »das ist en Geschäft, das ist en ehrlich Geschäft. Warum sollt ich nicht machen en Geschäft?« – Franz gung.

As Axel de beiden von den Wagen stigen sach, wull hei sick tausamen nemen un wull sick nicks marken laten, äwer dat was woll vergews. Dörch sine Seel was ein tau fürchterlicher Storm brus't; dat gräune Low was in Stücken tus't un plus't, un Strük un Strünk kemen taum Vörschin, dat sick Frida un Bräsig dortüschen schuben müßten; un as hei up Hawermannen los wull in sinen Hartensdrang, fot Frida em üm un säd: »Axel, lieber Axel, jetzt nicht! Morgen, übermorgen! alle Tage! Den Mann findest du immer.« – Un Hawermann namm sinen Haut und säd: hei hadd 'ne Bestellung an Fritz Triddelfitzen von sinen Vader, un gung ut de Dör. – Un Franz gung up Axeln tau un fot em rund üm un säd: »Axel, komm in das andere Zimmer, ich habe dir viel zu sagen.« – Un as sei 'ne Tidlang dor allein west wiren, kek Franz in de Dör un rep Frida. Un't wohrte wedder 'ne Tid, dunn lep Daniel Sadenwater up den Hoff herüm un söchte den Herrn Entspekter Hawermann, un as de an Bräsigen sine Näs' vörbigahn[697] was, dunn würd Bräsigen dat tau einsam in de Stuw', un hei gung in den Goren un stellte sick up en Äuwer un kek nah de Rexowschen Dannen, nah den Laubansee räwer un hadd sine Gedanken för sick, un de fungen an: »Markwürdig! Was is das Leben, was is das menschliche Leben!« Un as sine Gedanken dor so'n annerthalben Stun'n rümmer stahn un nah allerlei Fleigen rümmer snappt hadden, bröken sei tauletzt in de Würd' ut: »Ich wollt, es gäb' nachher was zu essen, un es gäb' denn en ruhiges Flag, wo ich mir en bitschen rakolljieren könnte!«

Un sin Wunsch süll bald erfüllt warden, denn Daniel kamm un rep em, un as hei in der Stuw' kamm, dunn stunn Hawermann bi Axeln un hadd sine Hand fat't, un Franz rew sick de Hän'n un kek up den Middagsdisch rüm un kamm em entgegen un säd: »Herr Inspektor, das soll uns schmecken!« – Un Frida stunn dor mit en säutes Lachen un 'ne selige Taufredenheit in't Gesicht un gung up em tau un säd: »Herr Inspektor – Herr Assessor wollte ich sagen –, als wir in Pümpelhagen einzogen, waren Sie mein Tischnachbar, nun, da wir abziehen, müssen Sie's wieder sein.« – »Wo so abziehen?« – »Je, oll Fründ«, säd Hawermann. »Du büst süs woll ümmer Hans vör allen Hägen un markst glik allens; äwer dit hest du doch nich markt: de Herr von Rambow hett mit Franzen tuscht, de Herr von Rambow kriggt Hogen-Selchow un Franz Pümpelhagen.« – »So is die Sache richtig gehandhabt, Korl, un wenn du auch deinen Spitakel darüber treibst, daß ich nichts nich gemerkt habe, so habe ich doch schon vor so und so viel Jahren gemerkt, daß der Herr von Rambow, als er noch dein Element war, werden würd.« Dormit gung hei an Franzen ran, un de schüddelte em recht düchtig de Hand.

Nah dat Middageten würd noch männigerlei afspraken, un jeder kunn Axeln dat anseihn, wo licht em üm dat Hart worden was, dat hei nu nich mihr mit jenne Lüd', dat hei nu blot mit sinen Vedder tau dauhn hadd, un in dese betere Stimmung let hei sick allens gefallen, ok dat hei en düchtigen[698] Entspekter för sick wirtschaften laten, un dat hei dat tau Franzen sine Säkerheit gerichtlich maken wull.

Uns' Geschicht geiht nu fix tau En'n. – Nah kort acht Dagen hadd Moses den Handel äwer Gürlitz mit Pomuchelskoppen farig. Up 192000 Daler was't kamen; Franz langte mit beiden Hän'n tau un gung von Mosessen driwens tau den Zimmerling Schulzen: »Herr Schulz, können Sie schweigen?« – »Das könnte ich stark.« – »Nun, – ich bin jetzt Besitzer von Pümpelhagen, schicken Sie mal einige von Ihren Leuten dorthin und lassen Sie die Paddocks abreißen, die Sie dort gebaut haben.« – »Das dächte ich mich damals doch gleich, daß die Biester ein kurzes Leben haben würden.« – »Schön! – Ich bin aber auch von Johannis ab Besitzer von Gürlitz ...« – »Sieh! Sieh! Also mit dem Herrn Pomuchelskopp heißt es doch zuletzt: Rut! rut!« – »Ja. Aber nun hören Sie, ich will dort ein Prediger-Witwenhaus bauen lassen, und zwar soll's ganz so eingerichtet sein als das Predigerhaus selbst und soll grade über, dicht am Kirchhof stehen. Nehmen Sie also schon morgen den Riß auf.« – »Hätte ich nicht nötig, ich hätte schon zwei Rissen davon, einen von mir selbst und einen, den hätte die Mamsell Hawermann mit ihre Schürzenbän'n un Fitzelbän'n aufgenommen.« – »Gut«, säd Franz, un en rechtes fröhliches Lachen flog äwer sin Gesicht, »den letzten, den nehmen Sie.« – »Er wäre aber nicht richtig.« – »Schad't nich! Nach diesem Riß sollen Sie doch bauen. Schaffen Sie morgen das nötige Holz an, nehmen Sie hier in Rahnstädt Fuhrleute und einen tüchtigen Maurermeister an; aber vor allen Dingen halten Sie reinen Mund gegen jedermann. Brauchen Sie Geld, so wenden Sie sich an Moses.« – Dormit gung hei, un de oll Zimmerling Schulz stunn in de Dör un kek em nah: »Eddellüd'! Eddellüd'! – Verrückte Anstalten! Fitzelbän'n! – Schörtenbän'n! – Äwer Pomuchelskopp: Rut! rut! – Wo uns dies woll kleid't?«

Franz reiste af nah Hogen-Selchow; Hawermann un de Entspekter Bremer, de för Axeln anworben was, führten mit em. – Axel dröp ok mit Sack un Pack in, un nah em kamm[699] de Burmeister ut Rahnstädt, de de Äwergaw tau besorgen hadd, un mit em Bräsig as Akzesser. Doräwer un för de Instandsettung von dat Pümpelhäger Infentor vergungen drei Wochen; dunn was allens tau Taufredenheit tau Schick.

Un bi de Fru Pastern was ok allens tau de Hochtid tau Schick. Von dese Hochtid will ick grad' so schriwen, as sei was; sei würd in'n Stillen afmakt, un ick mak't ok in'n Stillen af.

Den Dag nah de Hochtid satt Lowise un Franz un Fru Pastern un Hawermann in 'ne grote Kutsch, un Bräsig satt vörn up den Buck, un sei führten nah Pümpelhagen. – As sei dörch Gürlitz kemen, was dor en grot Wirken mit dannene Balken un Sparren un eikene Salen, un ein verzahnter Dräger lagg all fix un farig bi Sid, un de Zimmerling Schulz stunn in Hemdsmaugen dorbi un sweit'te, indem dat hei tapfer taukek, wo sine Lüd' Holt beslogen. – Franz let hollen un rep den ollen flitigen Mann: »Alles in Ordnung, Herr Schulz?« – »Allens in Ordnung!« – »Nun können Sie frei reden, Herr Schulz.« – »Na, denn man zu!« säd Schulz. – »Aber, Mamsell Haw ..., wollt ich sagen: gnedige Frau, was haben Sie mich in Unverlegenheiten gebracht! Wenn ich meinte, ich hätte es, denn hätte ich es noch lange nicht. Ich muß dorwegen einen verzahnten Träger mehr anbringen.« – »Was?« frog Lowise un kek Franzen an. – »Nichts weiter, liebes Kind«, säd Franz un fot sei üm, »als daß ich Gürlitz gekauft habe und lasse hier ein Prediger-Witwenhaus bauen, gradeso wie das Pfarrhaus.« – »Für mich?« rep de oll lütte Fru Pastern, un de Tranen, de all lang' in ehre Ogen swemmt hadden, as sei den Kirchhoff sach, wo ehr Paster slep, stört'ten nu hell herut, un sei fot sine Hand und weinte Freudentranen dorup, denn de Tranen, de ut Weihmaud weint warden, warden männigmal bi den Minschen tau Freudentranen. – »Und da hab' ich mir gedacht«, säd Franz still fründlich, »mein Schwiegervater un Bräsig sollen, wie bisher, bei Ihnen wohnen. – Und ich dachte mir, Vater, du sollst hier die Wirtschaftsführung übernehmen, und du und Bräsig solltet auch[700] einmal das Auge nach Pümpelhagen hinschlagen, ob's da auch vernünftig zuginge.« – »Alle Mal!« rep Bräsig von den Buck, denn hei hadd allens hürt, wil de Slag dalslagen was, »Korl, was hab' ich dich gesagt? Der wird!« – Un Hawermann sine Ogen, de blänkerten vör Freud': noch mal wirtschaften! noch mal in Dädigkeit! noch mal wirken un schaffen! – Un Lowise smet sick an Franzen sine Bost: »Franz, du bist ein lieber, lieber Mensch!« – Un de Wagen führte wider un führte in Pümpelhagen herin. Keine Ihrenpurten! Äwer in jeden Harten stunn 'ne Ihrenpurt, de was upricht't för unsern Herrgott in den Himmel!

Ick heww de Geschicht nu rein utvertellt un künn nu dormit en En'n maken; äwer ick weit all, wo dat geiht: Vele willen weiten, wat nu ut de Lüd' in de föfteihn Johr sörre 1848 worden is, un dorüm also schriw ick nu noch dat:

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 5, Rostock 1967, S. 685-701.
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