De Gaus'handel

[94] »Je«, seggt oll Bur Madaus tau sine Fru,

»Je, Mutter, segg, wat meinst denn du?

Will'n wi dat Kalw uns noch ansetten?

Süs will ick't nah de Stadt rin ledden.«

»Ih, ledd't man hen. 't is einerlei,

Wi heww'n jo noch de annern drei,

Wat säl'n wi ok mit all dat Veih.«

Madaus nimmt nu sin Kalw in'n Strang

Un ledd't de Strat nah Rostock lang.


Bi'n Steindur stunn en Hümpel von Studenten,

Un de sünd, as jug dat bekannt,

In ehren Kopp vull allerhand

Verfluchte Faxen un vull Fis'matenten.

»Hürt!« seggt von ehr denn nu de ein –

Hei hadd 'ne krumme Näs' un lange Bein,

Mit Vadernamen heit hei Rein .... –,

As hei den Buren ranne kamen süht,

»Nu stellt jug all en beten wid

Hir utenein un makt genau,

So as ick jug dat heiten dauh.«

Hei seggt dat Volk denn nu Bescheid,

Un jeder Hasenfaut, de deiht

Nu richtig ok, wat em is heiten word'n.

Un mit sin Kalw ledd't ranne nu Madaus!


»Na, Olling, na, wo geih't?« seggt uns' Student, »gu'n Morr'n!

Wat will Hei heww'n för Sin Gaus?«

»Wo so? 'ne Gaus? – Kann Hei nich seihn?

Dat is en Kalw, so as ick mein.«

De Bur, de ledd't nu sine Strat herun.

Kum was hei in dat Dur, dor stunn

Denn ok all grad so'n Slüngel wedder,

De dwäterte dor up un nedder.[95]

»Na, Olling, will Hei nich Sin Gaus verköpen?«

»Wat? Ok 'ne Gaus? – Kann Hei nich seihn?

Sall ick de Ogen Em upknöpen?

Dat is en Kalw, hett sin vier Bein,

Un achter hett't en langen Start,

Un wenn't dat Mul updeiht, denn blart't.«

De Oll, de ledd't nu förfötsch in de Stadt,

Doch hett hei sin Bedenken hatt;

Hei kek sick af un an eins äw're Schuller

Nah sin oll Kalw üm, grad as wull'e

Sick äwertügen, ob't en Kalw ok wir.

Ja, 't was en Kalw. Wat wull de Kirl denn mihr?


As hei nu ledd't de Steinstrat sacht hendalen,

Dunn müßt de Düwel einen drüdden halen,

De ward sick vör den Buren stellen

Un fröggt: »Wat sall de Gaus denn gellen?«

»Gott's Dunnerwetter!« seggt de Bur,

»Hir in de Strat un ok all vör den Dur

Dauhn sei dat Kalw för Gaus mi schellen.

Kannst du nich kiken, grote Dalf?

Dat is kein Gaus, dat is en Kalw.«

Hei ward nu doch sihr ungewiß,

Ob't würklich ok en Kalw woll is

Un ob hei sick ok irren kann.

Hei dreiht sick üm un kickt't sick an.

»Ne!« seggt hei, un kratzt sick in't Hor,

»Dat is en richtig Kalw förwahr!

'ne Gaus hett Federn un twei Bein,

De Kirls, de känen blot nich seihn

Un sünd nich recht up ehren Schick.

Wer leddt denn Gäus' ok an en Strick?

Dat Stück, dat wir denn doch tau stark.«


Na, hei kümmt nah den nigen Mark,

Un as hei dor nu will heruppe bögen,[96]

Dunn warden noch en por dor rümmerströpen,

De kemen nah em ran un frögen:

»Na, Olling, willst din Gaus verköpen?

Wi will'n di sößteihn Gröschen gewen.«

»Na, dit is doch!« röppt Bur Madaus,

»So wat is mi noch nie passiert in minen Leben!

Irst was't en Kalw, nu is't 'ne Gaus!

Nu is't 'ne Gaus, irst was't en Kalw!

Heww ick denn minen Klauk man halw?

Dat was en richtig Kalw hüt morg'n. –

Her mit de sößteihn Gröschen! Da! Ji heww't!

Un is dat denn 'ne Gaus nu word'n,

Denn ward't as Gaus nu ok verköfft!«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 94-97.
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