An Wilhelm von Scharnhorsts Geburtstage

[51] Koblenz, den 16. Januar 1816.


Wie wir uns hier gefunden

In diesem holden Thal,

So bleiben wir verbunden

In einem heil'gen Strahl.[51]

Wir freuen uns der Flammen,

Die unsre Brust genährt,

Die Flammen alle stammen

Von einem großen Herd.


Wir grüßen dich in Treue,

Du treues Heldenkind,

Und bleiben ohne Reue

Dir immer wohlgesinnt.

Wolauf, mit frischem Herzen

Zeuch fröhlich durch die Welt;

Die Wehmuth und die Schmerzen

Beschleichen doch dein Zelt.


Nun hat ein Jahr begonnen,

Es fließe selig hin,

Die Leiden wie die Wonnen

Bereiten dir Gewinn.

Was alte Lieder singen,

Und manches liebe Bild,

Und was die Becher klingen,

Wird Alles noch erfüllt.


Laß uns die Blicke lenken

Hinauf zum Himmelsschloß,

Des Vaters laß uns denken,

Der gern sein Blut vergoß;

Denn weil in deinen Säften

Das Blut des Helden quillt,

Bist du so stark in Kräften

Und bist so fromm und mild.


O heil'ger, heil'ger Boden,

O theures Vaterland,

Wie selig ruhn die Todten

In deinem kühlen Sand;

Wie schallen helle Lieder

Durch deine Felder weit,

Wie sind die wackern Brüder

Zu kühner That bereit!
[52]

Den heute wir beschließen,

Der Bund soll stets gedeihn,

So lang die Mosel fließen

Wird in den grünen Rhein,

So lang noch Traubenhügel

Ein Hauptquartier erfreun,

Und unserm Geiste Flügel

Verleiht der edle Wein!


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 51-53.
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