Nachruf an August Mayer[74] 1

Antwort auf dessen »Abschied« im »Deutschen Dichterwald für 1813.«


Ach! nicht so gut ist dir's geworden,

Du edles liebemut'ges Herz,

Zu schweben in dem heil'gen Orden

Gefallner Kämpfer himmelwärts.

Hast keine heißen Todeswunden,

Und selbst kein grünes Grab gefunden.


Dich labte nicht auf blüh'nden Matten

Der Sonne letztes, theures Licht;

Dir breitete kein Baum den Schatten

Mild um dein sterbend Angesicht;

In keiner Sommerlüfte Weben

Verhauchtest du dein warmes Leben.


Der Winter Gottes ist gekommen

Auch über dein unschuldig Blut,

Hat dich in kalten Arm genommen

Und dir zerdrückt den deutschen Mut,

Und zog zu viel erstarrten Toten

Dich nieder auf den eis'gen Boden;


Hat dir von jenem Abschiedsliede

Wohl noch ein sel'ges Wort geträumt,

O hat dich noch gestärkt der Friede,

Der Mut, von dem es überschäumt?

Hat dich ein Traum begleitet linde

Von deinem süßen blonden Kinde?
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O nun, so bist du doch gerettet,

Entschlummert sanft in Traumes Arm,

Und war dir auch auf Eis gebettet,

In deinem Herzen blieb es warm;

Dein Mädchen schaut nach ihrem Treuen,

Du bist, wo sich die Engel freuen.

Fußnoten

1 Ein Freund- und Studiengenosse von Schwab, jüngerer Bruder des Dichters Karl Mayer, und nicht minder poetisch begabt. Er war 1812 (im Frühjahr) mit der »Division de Wurtemberg« nach Rußland marschirt, von wo er nicht wiederkehrte. Dem »Dichterwald« ist eine »Nachlese« angehängt: Uhlands Theelied und obiger Nachruf, der, wie auch das nachfolgende Gedicht von Schwab, in allen Ausgaben seiner Gedichte bisher gefehlt hat.


Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 74-76.
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