An Pomerania

[24] Dem Andenken meines Vaters geweiht


Wie wird mir seyn, o Pomerania!

Wenn ich in deinen stillen Gründen

Mich werde selig wiederfinden?

Wie wird im fröhlichen Gefühl

Der höchsten Wonne Thräne fliessen!

Wie wird mein goldnes Saitenspiel

Die väterlichen Fluren jauchzend grüssen!


Schon seh' ich mich in ihren Hallen ruhn:

Schon wall' ich an der blauen Hylde

Durch reiche, liebliche Gefilde;

Ich liege dort im Abendstral

Mit meinen Freunden froh im Grünen,

Und pflücke mir in Jasmunds Thal

Vergissmeinnicht an grauen Burgruinen.


Ich werde da, vom Glanz der Abendglut

Geröthet, bunte Flaggen sehen

Im Hauch der Abendlüfte wehen;

Erweitert wird die Brust; es schlägt

Mein Herz mit jedem Pulse höher,

Des offnen Meeres Anblick trägt

Mich hoch empor, bringt mich der Gottheit näher.
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Mich treibt mein Herz nach Rügens Eiland hin,

Dann eil' ich auf der Ostsee Spiegel

Auf meines Vaters Aschenhügel,

Und pflanze Rosen auf sein Grab, – –

Da will ich Veilchen, Hyazinthen,

Und was der Lenz mir Schönes gab,

Mit feuchtem Blick um seine Urne winden!


Auch find' ich sie, die edlen Söhne dort,

Die meines Lebens Nacht zertheilten –

Und ach! so tiefe Wunden heilten: –

– Die Nacht tritt vor dem Tag zurück! –

Ich finde mich in denen wieder,

Die mich versöhnten mit dem Glück –

Und Freudenthränen thauen dankbar nieder!


O Heil dann mir! seh' ich der Väter Land

Nach so viel Trauerjahren wieder!

Dann sing' ich höh're Freudenlieder,

Und weihe dem mein Erstgefühl,

Der mich nach solchen Labyrinthen,

Noch liess an meiner Tage Ziel,

Ein stilles Grab bei meinen Vätern finden!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 24-26.
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