Der süsseste Lohn

[72] Meinem verehrten Vetter, Berend Friedrich Reincke zu Stralsund, geweiht


Sonett


Der Lenz beginnt! welch reges süsses Leben

Umschliesst mit Mutterarmen die Natur!

In zarten Locken wallt die junge Flur,

Der Veilchen, einen bunten Teppich weben.


Er eilt dahin, und Sommervögel schweben,

Um Blumenleichen wallet ihre Spur,

Wir fühlen oft die Glut der Hitze nur,

Schon naht der Herbst, es beugen sich die Reben.


Der Zeiten Wechsel gleichen uns're Jahre,

Der Winter naht, wir wandern zu der Bahre,

Er winkt uns ernst zur stillen Einsamkeit;


Heil Dir, der sich nur edler Lust geweiht!

Dem Winter schafft die Frucht des Lenzes Blüthe,

Der höchste Lohn entkeimt des Herzens Güte!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 72-73.
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