Von vereinigung Göttlicher vnd Menschlicher Natur in Christo von seiner gnadenreicher Geburt vnd Empfengnuß

[247] [1.]

Der Menschen heyl/ ein kleines Kind/

Jn einem Stall jhr ligen find/

Daß Kindelein ist Gottes Sohn/

Vns führen wil zu seinem Thron/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.
[248]

[2.]

Sein Můtter ist ein Jungfraw zart/

Daß Kindelein von wunder art/

Ein kleines Kind das alle Welt

Auff seinem kleinen Finger helt/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[3.]

Daß Kind ist Gott vnd Mensch zugleich/

O Menscheit/ O wie gnadenreich/

Die Gottheit auß der Menscheit blitzt/

Gleich wie die Sonn durch Wolckē glitzt/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[4.]

O schöne Roß im Rosen quast/

O Agnus Dei in gold gefast/

Die Gottheit in der Menscheit ist/

Wie Heilthumb in der Heilthumbskist/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[5.]

Kein Rosenbaum im Paradeiß/

Auff einem stock trägt roth vnd weiß:

Jn diesem Kind seynd zwo Natur/

Der Schöpffer vnd die Creatur/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.
[249]

[6.]

Ein Wurtzel ist/ der zweyglein zwey/

Vnd tragen Rosen zweyerley:

Also auch in Mariæ Sohn/

Sein zwo Natur vnd ein Person/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[7.]

Die Wurtzel ist so voller safft/

Gibt beyden zweyglein jhre krafft:

Auch die Person hat solche sterck/

Macht Göttlich/ Christi Menschlich werck/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[8.]

Daß Göttlich Kind/ ohn Mann/ sein Leib/

Empfangen hat von keuschem Weib:

Gleich wie vom stock ein schöne Roß/

Ohn menschen hand wächst selber groß/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[9.]

Der heiliger Geist mit seinem taw/

Daß Kind erschuff auß diser Jungfraw/

Gleich wie die Sonn mit jhrem schein/

Die Rosen schafft vom stock allein/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.
[250]

[10.]

Ey wunder ding: in einer Nacht/

Aronis Růth frisch Blůmen bracht:

Jm augenblick diß Göttlich Kind/

Sein Gottheit in der Menscheit find/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[11.]

Sein Můtter alles gleich empfieng

Gott/ Leib vnd Seel/ drey köstlich ding:

Jm augenblick das höchste gůt/

Verborgen wurd in vnser blůt/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[12.]

Jn Spangen zu derselben zeit/

Drey Sonn am Himmel glantzten weit:

Auß drey wurd bald ein Sonn allein/

Auß Gott/ Leib/ Seel/ diß Kindelein/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[13.]

Die Sonn bracht nie kein Nacht ins Land/

Noch finsternuß vom Himmel sand/

Diß Göttlich Kind läst frisch vnd gantz/

Der Můtter jhren Jungfraw Krantz/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.
[251]

[14.]

Die Sonn gibt liecht/ vnd raucht doch nicht/

Das keinem liecht noch fewr geschicht/

Maria Jungfraw blieben ist/

Vnd hat geboren Jesum Christ/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


[15.]

Ey frewet euch all Land/ all Leut/

Weil vns das Kind geboren heut/

O gülden Tag/ O gülden Jar/

Kein Tag/ kein Jar nie besser war/

Quapropter cuncti mortales,

Hilariter, hilariter, hilariter, hilariter,

Coniubilemus.


Quelle:
Friedrich Spee: Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623, Berlin 1979, S. 247-252.
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