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[75] 1.
Ich newlich früh zu morgen/
Zur edlen sommer zeit/
Hett abgespannt all sorgen/
Vnd war geschefften queit.
Alß nun spatzirt im garten/
Stund auff ein blümlein zart/
Da wolt ich je noch warten/
Biß es vollkommen ward.
[75]
2.
Die morgenröth verschwunde/
Weil jhren purpurschein
Der helle tag vmbwunde
Mit klarheit noch so rein.
Die Sonn mit sanfften stralen
Daß blümlein vbergoß/
All blättlein thet sie mahlen/
Sampt blüets in jhrem schoß.
3.
Da gund es lieblich blicken/
Gab auch so süssen ruch/
Ein krancken möchts erquicken
So läg im letzten zug.
Ein lüfftlein lind von Athem
Rührt an daß Blümelein.
Da schwebts/ alß an ein Fadem
Gebundnes vögelein.
4.
Auff seinem stiel so mütig
Sich wand es hin/ vnd her/
So säfftig/ vnd so blütig/
Alß wär der Todt noch sehr.
O blümlein schön ohn massen/
Weil bist in deiner zier/
Von dir wil nu nit lassen
Biß zu dem abend schier.
[76]
5.
Ey wer mag auß- dan- sprechen
Dein schön- und lieblichkeit?
An dir weiß kein Gebrechen/
Bist voller zierlichkeit.
Ja Salomon der mächtig/
War nie so schön bekleid/
Wan schon er leuchtet prächtig
In pomp/ vnd herrligkeit.
6.
Vmb dich die Bienlein brummen/
Vnd hönig samblen ein/
Zu saugen sie da kommen
Die weiche wänglein dein.
Die menschenkind im gleichen
Mit lust dich schawen an/
All schönheit muß dir weichen/
Spricht warlich jederman.
7.
Wolan/ magst nun stoltziren
Du garten Sternelein/
Must endlich doch verlieren
All dein gefärbten schein.
Dich bald nur wirft entferben/
Gestalt wirst reisen ab/
Noch heut wjrst müssen sterben
Denck zeitlich nur zum Grab.
[77]
8.
Ich zwar will dich nit brechen/
Will dich wol bleiben lan:
Die sonn dich wird erstechen/
Wirst nicht so lang mehr stahn.
Halt/ halt/ wird schon bald werden/
Schon dopplets jhre pfeil/
Vnd richts gerad zur erden/
Wie lauter fewrig keil.
9.
Starck hats gespannt den bogen
Schießt ab den besten schein/
Groß hitz da kompt geflogen/
Vnd dringt mit machten ein.
Ey waß will nun beginnen
So zartes garten-blut?
Die blätlein gar erbrinnen/
Von heisser sonnen-glut.
10.
Da neigt es sich zur stunde
Verwelckt/ vnd sincket hin/
Daß jetzt noch auffrecht stunde
Mit also stoltzem sinn/
Daß blümlein/ jung von tagen
Sein hälßlein nidersenckt;
Ach/ ach/ nun muß ich klagen
Schon gar es ist erkrenckt.
[78]
11.
Die seel hats auff der zungen
Alweil wirds blasen auß:
Nun muß es sein gerungen
Mit todt/ vnd letztem strauß.
O wee der kurtzen stunden!
O wee! da schläfft es ein;
Jetzt/ jetzt ist schon verschwunden
Mein zartes blümelein.
12.
O mensch hab dir gemahlet
So gar ob augen dein/
Recht wie der todt vns holet/
Wan wir in wolstand seyn.
O nie/ nit traw der schöne
Dem fleisch vnd blut nicht traw/
Dich nur mit Gott versöhne/
Auff jhn alleinig baw.
13.
Wan schon all man dich preisen/
Vnd stehst in voller blut/
Die blätlein doch bald reisen/
Noch eh mans träumen thut.
Ein fieberlein kompt stechen
Mit seinen stralen spitz/
Da muß all krafft zerbrechen/
O wee der gschwinden hitz?[79]
14.
Ey waß dan will brauiren
Ein schwaches pfläntzelein?
Der Todt wird bald citiren/
Fort/ fort/ dan muß es seyn.
Wan schon bist jung von jahren/
Wan schon bist hüpsch/ vnd fein/
Doch must von hinnen fahren/
Fort/ fort/ muß dennoch seyn.
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