[124] 1.
So bildstu darum dir was ein/
Oenindchen/
leichtes Kindchen/
daß ich dich allein
zu der Schönheit Preiß und Pracht
vor dehm gemacht?
O nein. Die Worte sind nicht theur.
des Amors Feur
blendte mich/
daß ich
dich so ungleublich schön
angesehn/
da dir viel doch übergehn.
[124]
2.
Wie offt verglich' ich deinen Mund
Korallen/
die gefallen
auß Ozeans Grund/
da er doch kaum noch so roht
sah/ als der Tod:
Die Augen musten Sonnen-schein
und Sternen sein/
dennoch war
es gar
offt um dich lauter Nacht.
Nu Betracht/
hab' ich dich nicht außgelacht?
3.
Die Worte bließ mir Amor zu/
der Lekker/
Jungfern-Gekker/
und du Närrin/ du
meinst/ daß diese Gekkerey
die Wahrheit sey.
Ey nim doch nur den Spiegel für
du heßlichs Tiehr!
die Gestalt
wird bald
verrahten deinen Wehrt.
Auff der Erd'
ist kein Mensch/ der dich begehrt.
4.
Sey immer stolz/ die Welt ist weit/
Oeninden
kan man finden
auch bey Abends-zeit.[125]
Nunmehr seh' ich allzu klar
auff falsche Wahr'
hin immer hin! die Schuld ist dein/
schlaff nun allein.
Mit der Zeit/
wird Leid
und Weh dich bald beziehn.
Fahr nur hin!
Gott Lob/ daß ich ledig bin!
Buchempfehlung
Die beiden betuchten Wiener Studenten Theodor und Fritz hegen klare Absichten, als sie mit Mizi und Christine einen Abend bei Kerzenlicht und Klaviermusik inszenieren. »Der Augenblich ist die einzige Ewigkeit, die wir verstehen können, die einzige, die uns gehört.« Das 1895 uraufgeführte Schauspiel ist Schnitzlers erster und größter Bühnenerfolg.
50 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro