[136] 1.
Telesill' hör' auff zu weinen!
worzu soll der Trähnen See?
weinstu doch als Niobe
eh bevor sie ward zusteinen/
wie die arme Briseis tahte/
da sie auß der Freyheit trate.
2.
Zwar mein Stern rufft mich von hinnen/
iezt zieht man die Segel auff/
iezt geh ich den Schmerzen-Lauff
denn die Parzen kläglich spinnen:[136]
weil sie Leiden und Verdriessen
dieser Reise drehen müssen.
3.
Dennoch sind wir nicht getrennet.
Filidor ist allzeit dein/
solt' er auch in Zimmern sein
wo man keine Sonne kennet/
deine Fakkel macht ihn lichte
bey dem schwarzen Nacht-gesichte.
4.
Bey dem günstigem Süd-westen
schweer' ichs/ Telesille/ dir:
dein verbleib' ich für und für.
Gib mein Schiff den Felsen-ästen/
Zefyrs Bruder/ wo ich liege
und mein liebstes Kind betriege!
5.
Was mich zwinget abzuscheiden/
weistu Seelchen/ mehr als wol.
Der gestrenge Norden-Pol
wil mich dieser Zeit nicht leiden:
Ist sein Wüten denn verbrennet:
haben wir auch außgetrennet.
6.
Ich wil durch geheuffte Zähren
machen einen neuen Fluß/
der soll diesen Balter-Guß/
meiner Qwaal zum Zeugnüß/ mehren.
Nacht und Tag wil ich beweinen/
biß ich wieder werd' erscheinen.
[137]
7.
Hab' indeß auff meine Treue/
Trautstes/ keinen bösen Wahn/
weil mich sieht der Himmel an/
weil ich mich der Sternen freue/
weil mich wärmt mein schwaches Leben:
werd' ich dir nur sein ergeben.
8.
Hiemit steig' ich in den Nachen.
Schöne/ halt bey alter Gunst/
laß dich keines Neides Dunst
von der Lieb abspenstig machen.
Nu es nehmen mich die Winde/
bleib geneiget deinem Kinde!
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