5. Hoffart kommt zu Falle

[50] 1.

Die Dellmane krigt einen Stoß/

die Dellmane/ die sich in Seiden

in Gold und Perlen liesse kleiden/

geht iezt entehret/ nakt und bloß.

Nu kan ich meinen Schimpff verschmerzen

es trifft dich mein gewünschter Fluch/

iezt nagestu am Hunger-tuch'

ich gönn' es deinem stolzen Herzen.


2.

Wie offt hab' ich dich tieff gegrüsst/

wie offt mich gegen dir geneiget/

und solche Demuht dir erzeiget/

der du nicht wehrt gewesen bist.

Du hast mich schielend angesehen/

mich armen Buhler ganz veracht

nu wirstu wiederum verlacht

und must in Spott und Schanden stehen.


3.

Ich war nicht hoch genug/ nicht reich/

nicht höfflich satt dich zubedienen[50]

du aber dürffest dich erkühnen

zu schäzzen einer Fürstinn gleich.

Nu wird dein Hochmuht recht belohnet.

Der Donner läst die Hütten stehn/

Palläste müssen untergehn.

Wohl dehm/ der wie ich tieffer wohnet.


4.

Ich werde doch wol Brod und Hauß/

und einsten gute Nahrung finden/

du/ Dellmane/ du bleibst dahinden/

und fegst die öden Winkel auß.

Geh und bestell dir einen Besen/

der Anfang ist bereit gemacht/

worauff du iederman veracht

wirstu auff- auß der Asche -lesen.


Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 50-51.
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