Lied.


Der Segen

[241] 1808.


Wie nach frischem Wasser ächzet

Ach, das heißgejagte Reh,

Meine Seele schmachtend lechzet

So nach Labsal aus der Höh';

Unsrer Wüste hier ergießet

Sich kein Born, kein Bächlein fließet,

Dort nur aus dem Urquell quillt

Trost, der meine Sehnsucht stillt;


Aus dem Urquell, der Erbarmen

Allen Schöpfenden vertheilt,

Der des bangbeklommnen, armen

Herzens Reue-Wunden heilt!

Tropfen seines Segens wolle

Thaun auf mich der Segenvolle;

Ström' er Wonne, ström' er Schmerz,

Nur um Segen fleht mein Herz.
[242]

Segne mich mit Vatergnade,

Leuchten laß Dein Angesicht

Ueber mir, Herr, meinem Pfade

Sei Du Hüter, sei Du Licht;

Wollst auf mich Dein Antlitz heben,

Den die Welt nicht giebt, ihn geben,

Flehend lieg' im Staub' ich hier,

Geben Deinen Frieden mir!

Quelle:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Band 2, Hamburg 1820, S. 241-243.
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