Des Prinzen Not und Sieg

[221] Durch Crecys Felder da schritt der Tod,

Da hielt er blutige Mahd,

Da neigte welkend die Lilie sich

Ins purpurne Wellenbad.


Wie rang im Schaume der starke Leu

Im markigen Kampfeszorn,

Wie schwang die Sense der schwarze Prinz

Durchs fränkische Ritterkorn.


Wie wogt so golden die Locke hell

Aus mächtigen Helmessaum,

Wie zieht am Bogen die Sense schnell

Im triefenden Todesschaum.


Da ward zum Purpur das Panzerhemd

In schäumender Farben Glut,

Da dampfte kochend der Helmbusch rot

Vom träufelnden Frankenblut.


Wie tobst Du so mächtig! Du junger Leu!

Halt an Dein stöhnendes Roß,

Willst erfechten Du Dir das Spornes Gold

Als des Todes Waffengenoß?


Sieh hin! wie sie sinken, die Ritter Dein

Um Dich in blutigem Kreis,

Schau hin! wie dampfet von Englands Blut

Die fränkische Erde heiß!


Schau hin, wie den Boden der Bannerherr

Mit stöhnender Lippe preßt!

Ha, wahre Dich, Leu, in des Stromes Macht,

Daß die Kraft Dich nimmer verläßt.


Da stürzte getroffen des Prinzen Tier

In mächtigen Todeswucht,[222]

Da schoß im Bogen der Heldenstrom

Aus klaffender Helmesbucht.


Und über ihn hin des Franken Tier

Mit stampfendem Hufesrand,

Da lag in grimmiger Todesnot

Die Blume von Engelland!


Da ringt er gewaltig, da hebt er sich hoch,

Zum Banner die Linke greift,

Da läßt er sausen die Klinge gut,

Wie prasselnder Hagel streift.


Da tritt er stolz auf des Rosses Leib,

Des blutigen Helmes bar,

Da schüttelt er wild in des Löwen Zorn

Sein rollendes Löwenhaar.


»Und soll denn brechen mein Königsherz,

So werd' es dem Franken zum Gift!

So will ich zeichnen den Todestag

In purpurner Riesenschrift.«


Und mächtiger tobt er und mäht und würgt

Auf zuckender Blutessaat,

Und mächtig zieht er mit grimmer Wucht

Das flammende Schwertesrad.


Und als die Sonne zur Neige ging,

Da brach die fränkische Macht,

Da hatte geschlagen der schwarze Prinz

Die mutige Siegesschlacht.


Da hatt' er gebrochen den Lilienzweig

Auf blutigem Blumenrevier,

Da trat die Klaue des Britenleu'n

Auf Frankreichs Kriegspanier.

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 221-223.
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