229.

[426] Unter den einzelnen Mitteln gegen die Hexen stehen alle durch die christliche Religion geweihten Dinge und Handlungen oben an. Schon der Name Gottes ist den Hexen unerträglich, sollte er auch nur aus Zufall ausgesprochen sein. Ferner ist das Kreuzeszeichen besonders kräftig. Im Münsterlande malt man mit weißer oder roter Farbe ein oder auch drei Kreuze an oder neben die Haustür, und auch in Butjadingen sieht man einzelne Kreuze an Gebäuden, namentlich an Schweinekofen. Die eigene Person schützt man, indem man mit Kreide ein Kreuz unter die Schuhsohle macht oder indem man mit der Zunge ein Kreuzzeichen in der Mundhöhle macht, und strickende Frauen sind vor Hexen sicher, weil sie mit den Nadeln fortwährend Kreuze machen. Den bestellten Acker bewahrt man, indem man nach der Bestellung alsbald ein unschuldiges Kind darüber laufen läßt oder indem man nach dem Säen an den Enden des Ackers drei Kreuze in die Erde zieht, und zwar muß nach einer Nachricht aus Neuenkirchen hierzu der Balken, nicht der Siel, einer Harke, also annähernd wieder ein Kreuz, benutzt werden. Wenn man früh morgens mit einem Wagen, einem Pfluge oder sonst mit Pferden das Haus verläßt, zeichnet man mit einem Fuße oder mit einem Stocke ungesehn und stillschweigend vor den Pferden ein Kreuz auf den Weg; es kann dann keine Hexe hinüber. (Marsch.) Wenn Kühe keine Milch geben, zeichnet man mit Kreide ein Kreuz unter den Milchkübel; gibt die Milch keine Butter, so zeichnet man das Kreuz unter die Butterkarne, oder legt ein Stück Garn oder ein paar Strohhalme kreuzweise unter dieselbe,[426] oder treibt die Karnscheibe mit einem Keile von Kreuzdornholz fest, oder befestigt ein Stück solchen Holzes unten an den Karnstock (Marsch) oder man wirft ein Geldstück in die Karne (wohl aus dem Grunde, um die Hexe abzukaufen, Münsterland). Für diesen letzteren Fall – daß die Milch keine Butter geben will – läßt man ferner die Milch zunächst sauer werden, gießt sie in eine Butterkarne, verschließt sorgfältig Türen und Fenster des Hauses und legt dann die Mistforke so lange ins Feuer, bis sie glühend ist; darauf legt man dieselbe auf die Erde und träufelt mit dem Rahm aus der Karne ein liegendes Kreuz über die glühenden Zinken, stellt hierauf die Forke in die Karne, nimmt sie, wenn sie abgekühlt ist, wieder heraus und fängt nun an zu karnen; wenn dies ganze Geschäft unter dem strengsten Schweigen durchgeführt ist, wird die Hexe kommen und Einlaß begehren; daran darf man sich aber nicht kehren, sondern muß stillschweigend die Sache zu Ende bringen; erst dann ist der Zauber gebrochen, und zugleich weiß man, wer die Hexe ist. (Schweiburg.) Oder man macht drei Kreuze unter die Karne, nimmt eine Teetasse voll Rahm, geht damit nach dem Hause der Hexe, malt an jeden Hausständer mit Rahm ein Kreuz (drei Kreuze) in Form eines Kleeblattes und spricht: »In Jesus Gottes Namen, du hast mir meine Butter genommen; nun bringe sie mir auch wieder.« Wenn man nach Hause kommt, haben die Hausgenossen inzwischen ein schwarzes Kreuz von Ruß an die Tür gemacht, über das man weggehen muß. Dies alles muß vor Sonne und schweigend geschehen. Wenn man alsdann buttert, kommt alle Butter, die anfangs weggeblieben ist. (Wangerooge: nach Ehrentraut, Fries. Archiv II, S. 13, 14.) Wenn eine Hexe auf einem Stuhle sitzt und man legt unter den Stuhl zwei Strohhalme ins Kreuz und streut auf dieses ein wenig Salz, so kann die Hexe nicht fort. (Neuenkirchen.) Auch das zufällig entstandene und nicht direkt gegen die Hexen bestimmte Kreuz hat eine hexenfeindliche Kraft, so das Kreuz der Stricknadeln, der Kreuzweg, die Kreuze, die sich in der Egge (218) oder in einem Netze (220bb) finden; vielleicht mit Bezug auf letzteres sagt man in Jeverland von einem Dammspieler, den man festgesetzt hat: »Ick heww em int Hexengaarn.«

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXXVI426-CDXXVII427.
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