Vierte Szene

[19] Lykon. Arratos.


LYKON für sich.

Geschehn ist, was ich vermochte.

Von Säumnissen weiß ich mir keine.

Schuldlos versink' ich in Schmach.


Auffahrend.


Willst du des Vorwurfs Stachel an mir wetzen,

Nur zu! – Hier bin ich – wehrlos – jedem Hohn,[19]

Der aus Verzweiflung seine Kräfte saugt,

Willkommen .... Warum stehest du so stumm

Und kehrst das Aug' nach innen? ... Töte mich! ...

Hier faß mein Schwert und töte mich! ... Doch nein.

Das wär' ein leichter Loskauf ... Arratos –

Daß ein Verräter war in Syrakus,

Das ist das Gift, das in der Wunde wütet,

– Das ist der Tod, an dem wir sterben – heut'

Und immerdar, so lange Griechensöhne

Ausspeien werden über unsern Gräbern.

Ach – Arratos! ...


Wild.


So sprich doch! Wehe tut

Dies Schweigen, weil es Haß und Flüche birgt.

ARRATOS.

Erwäge, Herr, wie ich dich lieben muß,

Wenn ich in dieser Schreckensstunde dich

An die gemahne, die dein eigen sind,

Und die du opfergleich –

LYKON.

O still doch! Still doch!

ARRATOS.

Dies ist nicht Bürgschaft mehr, wie du gewollt,

Für selbstgewähltes Handeln – dies ist Mord.

Darum, so lang' es Zeit, errette sie

Und gib mir Vollmacht, daß ich alsogleich

Durch unsre Nachhut schützend sie geleite.

Vom Felsentore weiter mag mein Sohn –

Denn mir ist bang um ihn – ja, auch um ihn –[20]

Sie heimwärts führen. Lang und glücklich sei

Ihr Leben!

LYKON.

Wäre dies Verrat? – doch nein!

Wer uns nicht helfen kann in diesem Notkampf –

– Und auch dein Knabe hilft nicht viel – der zieh'

In Frieden.

STIMME PHILARETES.

Lykon! Ich will zu dir, Lykon!

LYKON.

Wer weckte mir mein Weib? ...


Quelle:
Hermann Sudermann: Der Bettler von Syrakus. Stuttgart und Berlin 2-51911, S. 19-21.
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